Serie

Halbzeit für Grün-Rot: So streng ist die Sicherheitspolitik in München

München sollte eine liberalere Großstadt mit weniger Verboten werden – auch dieses Ziel haben sich Grüne und SPD gesetzt. Was hat sich konkret verändert?
Autorenprofilbild Christina Hertel
Christina Hertel
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
10  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Kommunale Außendienst soll reformiert werden. Wie, das soll sich heuer entscheiden.
Der Kommunale Außendienst soll reformiert werden. Wie, das soll sich heuer entscheiden. © Peter Kneffel/dpa

München - München ist die sicherste deutsche Großstadt - und zwar seit 47 Jahren. Diese Bilanz zog die Polizei vor Kurzem. Die Ziele, die sich Grüne und SPD in diesem Bereich in ihrem Koalitionsvertrag steckten, zielten also nicht darauf ab, noch mehr Polizisten, Kameras, und Kontrolleure einzusetzen. Sondern im Gegenteil. "Für uns kommen Angebote und Prävention vor Verboten" heißt es da. Was ist draus geworden?

Ehrenamtliche Sicherheitswacht von Polizei aufgestockt

Hilfssheriffs werden die Sicherheitswachtler gerne genannt. Sie dürfen Platzverweise erteilen, Identitäten überprüfen und Daten an die Polizei übermitteln. Seit Jahren ist der Dienst in Schwabing, Sendling, Perlach, Neuhausen, Milbertshofen und im Olympiapark unterwegs. Die Stadt lehnt den Einsatz jedoch ab. Allerdings nutzt das nicht viel. Die Polizei entschied im Herbst trotzdem, die Sicherheitswacht in München um 50 auf 150 Ehrenamtliche aufzustocken. In Einzelfällen hat der Widerstand aber Erfolg: Das Westend wehrte sich erfolgreich und bekam keine Wacht.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

"KAD" steht für "Kommunaler Außendienst". Die Dienstkräfte sind im Auftrag der Stadt in marineblauen Uniformen, aber unbewaffnet rund um den Hauptbahnhof unterwegs. Sie sollen Menschen auf Regeln hinweisen und dürfen Platzverweise ausstellen. Mit der Arbeit an dem Reformkonzept hat das KVR begonnen. Im Laufe des Jahres will es den Stadtrat informieren.

München verlängert Bettelverbot 

Nicht geschafft. Bis April 2024 hat der Stadtrat das Verbot noch einmal verlängert. Bis dahin soll eine Studie mehr Klarheit bringen. Weil es "wegen Bettelns massive Beschwerden" von Bürgern gegeben habe, hat die Stadt 2014 Regeln aufgestellt. Seitdem ist "aggressives Betteln" innerhalb des Altstadtrings und des Hauptbahnhofviertels verboten. In der Fußgängerzone und auf dem Viktualienmarkt ist Betteln generell nicht erlaubt. Die Polizei kontrolliert das, verteilt Platzverweise und Bußgelder. Wer sie weder befolgt noch Strafen zahlt, dem drohen bis zu vier Wochen Gefängnis.

Bisher hat der Stadtrat keinen Beschluss zum Betteln getroffen. Das KVR teilt mit, dass es stilles Betteln als "Gemeingebrauch der Straße" definiere. Das heißt: Der öffentliche Raum ist für alle da, niemand darf grundlos ausgeschlossen werden. Gespräche mit der Polizei laufen laut KVR bereits. Sie sollen intensiviert werden.

Keine weitere Video-Überwachung im öffentlichen Raum geplant

Die Stadt führt keine eigene Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen durch, sondern die Polizei - und zwar dauerhaft am Hauptbahnhof, Stachus und am Sendlinger-Tor-Platz. Zeitlich begrenzt überwacht die Polizei mit Video auf dem Oktoberfest, dem Christkindlmarkt am Marienplatz und am Rosenmontag und Faschingsdienstag, sowie Silvester auf dem Marienplatz. Eine Ausweitung ist laut KVR nicht geplant. Ein Gutachten hat das Rathaus bisher nicht erstellt - allerdings müsste dies laut KVR auch die Polizei tun. Das KVR will das bei einer der nächsten Sitzungen ansprechen.

Münchner KVR wird immer digitaler

Verwaltung und Polizei wollen eine "neue und noch effizientere Verfahrenspraxis" entwickeln, schreibt das KVR. Das Abschleppen kann aber nur die Polizei München anordnen. Um die Kommunikation zwischen Polizei und Verkehrsüberwachung zu verbessern, sei bereits ein neues Konzept entwickelt worden. Außerdem sollen zur Geschwindigkeitsüberwachung zwei mobile Geräte angeschafft werden, die rund um die Uhr und auch über mehrere Tage hinweg an Schwerpunktorten aufgestellt werden.

Hier ist das KVR ambitioniert: Aktuell sind 102 Angebote im KVR digital nutzbar. Dieses Jahr werden im Bereich der Aufenthaltserlaubnisse, der Fahrerlaubnisse, des Waffenwesens und im Büro neue Dienstleistungen dazu kommen. "Unser Ziel ist es, dass alle Dienstleistungen in Zukunft digital genutzt werden können", so das KVR.

Warten im KVR? Zum Glück nicht mehr!

Für internationale Fachkräfte hat das KVR in der Ausländerbehörde ein Servicecenter eingerichtet. Für ausländische Studierende gibt es zudem seit Juni und für den Rest seit September extra Notfalltermine.

Die Warteschlangen "gehören seitdem der Vergangenheit an", schreibt das KVR. Außerdem hat das KVR seine Kapazitäten erhöht und bietet bis zu 1.200 zusätzliche Termine wöchentlich an. Das Servicetelefon hat 12,5 neue Stellen bekommen. Momentan erarbeitet das KVR ein Konzept, um Dolmetscher einzusetzen - und zwar nicht nur vor Ort, sondern auch über Videotelefonie oder über eine professionelle Übersetzungsapp.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Ja - der Stadtrat ist das Thema angegangen. Aber, ob die Reform gelungen ist? Darüber lässt sich streiten. Der Migrationsbeirat wird seit Neuestem nicht mehr ausschließlich direkt gewählt. Es kommen zehn Mitglieder dazu, die der Stadtrat benennt. Die SPD und der Beirat waren dagegen. Die Grünen setzten die Reform mit der CSU durch. Die Wahlbeteiligung lag bei der Wahl vor gut einer Woche trotzdem bloß bei 3,1 Prozent. Künftig will das KVR dafür sorgen, dass die Wahl des Beirats zusammen mit der Kommunalwahl stattfindet.

Umgesetzt, aber unter einem anderen Namen: Der ehemalige Stadtrat Marian Offman (SPD), der der seit Jahrzehnten in der Israelitischen Kultusgemeinde aktiv ist, wurde "Beauftragter für den interreligiösen Dialog". Er soll die verschiedenen Religionsgemeinschaften zusammenbringen.

Lesen Sie auch

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
10 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Rudi B. am 29.03.2023 10:48 Uhr / Bewertung:

    Weniger Verbote, keine Sicherheitswacht? Im 2022 ist die Kriminalität in München wieder gestiegen. 91.532 Delikte, davon 19.435 Fälle Straßenkriminalität, 16.148 Rohheitsdelikte, 4.510 Gewaltdelikte, ... (Sicherheitsreport 2022). Also keine guten Ideen von Grün-Rot.

  • SL am 29.03.2023 14:10 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Rudi B.

    Auch wenn die Kriminalitätsraten wieder gestiegen sind sollten wir doch stolz sein auf die hervorragende Polizeiarbeit. Und diese können auch nicht noch mehr Sicherheitswächter ersetzen. Wenn nur nicht immer bei der Polizei so viele "Ausreisser" wären.

  • Wendeltreppe am 29.03.2023 17:03 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von SL

    Immer wieder derselbe Schmarrn

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.