"Großer Kahlschlag" bei der Postbank in Bayern: Noch sind aber viele Fragen offen
München - Fast die Hälfte aller Postbank-Filialen soll bis 2026 dicht machen, kündigte der Mutterkonzern Deutsche Bank unlängst an. "Durch die fortschreitende Digitalisierung beobachten wir schon länger eine deutliche Veränderung im Verhalten der Kundinnen und Kunden", sagt ein Sprecher der Postbank der AZ. Gemeint ist die zunehmende Nutzung von Mobile- und Online-Angeboten. "Diese Veränderungen führen dazu, dass Kundinnen und Kunden die stationären Angebote in den Filialen weniger stark nachfragen."
Verdi verärgert: "Wir halten einen derart aggressiven Filial-Rückbau für falsch"
In Zahlen bedeutet das nun eine Reduzierung der bisherigen Standorte von bisher knapp 550 auf 300 Filialen bundesweit. "Alle Maßnahmen werden in Kürze mit den zuständigen Arbeitnehmervertretungen verhandelt", sagt der Sprecher. Erst dann werde festgelegt, welche Filialen in welchen Städten geschlossen werden.
Jan Duscheck, Bundesfachgruppenleiter für das Bankgewerbe bei Verdi, ist über die angekündigten Schließungen verärgert. Sie seien ein "Schlag ins Gesicht" der Beschäftigten. "Wir halten einen derart aggressiven Filial-Rückbau für falsch", sagt der Gewerkschaftler. Denn die Postbank müsste erst einmal beweisen, dass man auch wirklich ein gutes digitales Angebot bereitstelle. Nils Schmidbauer von Verdi Bayern spricht von einem "großen Kahlschlag". Wie genau der in Bayern aussehen soll, habe die Postbank aber noch gar nicht definiert.
Die Mitarbeiter sitzen also auf heißen Kohlen. Deren Nerven waren ohnehin schon stark strapaziert. Hintergrund war eine problematische IT-Umstellung, bei der zwölf Millionen Kundendaten ins System der Deutschen Bank übertragen wurden. In dieser Zeit war es teilweise nicht möglich, Zahlungen zu senden oder zu empfangen. Die Angestellten mussten das den Kunden beibringen. Zum "Dank" für ihren Einsatz bekämen diese jetzt massenhafte Filialschließungen, so Duscheck.
Einige Angestellte würden bereits mit dem Gedanken spielen, die Postbank zu verlassen. Um das abzuwenden, fordern Gewerkschaft wie Mitarbeiter die Deutsche Bank auf, den Kündigungsschutz zeitnah bis Ende 2024 zu verlängern.
2.000 Beschäftigte streikten diese Woche
Doch an Stellenstreichungen führe kein Weg vorbei, wie Claudio de Sanctis, Private-Banking-Chef der Deutschen Bank, zur "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte. "Auch, wenn es unser Ziel ist, Mitarbeiter nach Möglichkeit in anderen Funktionen einzusetzen." Das verunsichert die Angestellten. Rund 2.000 Beschäftigte haben deshalb im Laufe der Woche in Hamburg, Stuttgart und München ihre Arbeit niedergelegt und gestreikt.
Nicht nur für die Angestellten, sondern auch für die Kunden haben die Filialschließungen Konsequenzen. Schließlich dürfte der Kundenkontakt drastisch reduziert werden. Außerdem sind viele Postbankfilialen gleichzeitig auch Postannahmestellen. 100 Standorte sollen jedoch auf ein "neues, ausschließlich auf Bankdienstleistungen fokussierten Filialformat" umgestellt werden. Das heißt: Briefe und Pakete können dort nicht mehr abgegeben werden.
Auf Anfrage der AZ teilt die Deutsche Post mit, man sehe die Filialschließungen als Chance zum Ausbau der Annahmestellen im Einzelhandel. Zudem sei man laut einer Sprecherin davon überzeugt, damit zum Erhalt des Einzelhandels in Städten und Gemeinden beizutragen.
- Themen:
- Bayern
- Deutsche Bank
- München