Giesinger Bräu: München begrüßt die ersten Tragerl aus dem Norden

Nach anderthalb Jahren Bauzeit ist die neue Bieranlage von Giesinger Bräu voll in Betrieb. Am Mittwoch wurden die ersten Flaschen im "Werk 2" abgefüllt.
von  Hüseyin Ince
Hoher Besuch: Stefan Marx und Stefan Wiegand am Mittwoch mit Oberbürgermeister Dieter Reiter.
Hoher Besuch: Stefan Marx und Stefan Wiegand am Mittwoch mit Oberbürgermeister Dieter Reiter. © Bernd Wackerbauer

München - Die Zahlen von der Detmoldstraße 40 beeindrucken einen auch dann, wenn man sich mit dem Brauwesen nicht unbedingt auskennt. Hier in Milbertshofen braut Giesinger Bräu ab sofort das siebte Münchner Bier. Brauerei-Chef Steffen Marx trägt zur Eröffnung die Fakten von "Werk 2" mit sichtlichem Stolz vor. Als er am Mittwoch gegen Mittag das Mikrofon vor zehn riesigen Bierkesseln in die Hand nimmt, ist auch der Ehrengast da, Oberbürgermeister (OB) Dieter Reiter (SPD).

Hoher Besuch: Stefan Marx und Stefan Wiegand am Mittwoch mit Oberbürgermeister Dieter Reiter.
Hoher Besuch: Stefan Marx und Stefan Wiegand am Mittwoch mit Oberbürgermeister Dieter Reiter. © Bernd Wackerbauer

"151 Meter", sagt Marx neben vielen Dankeshymnen auf seine fleißigen Kollegen. So tief ist der Brunnen, den der Giesinger-Bräu-Chef extra bohren hat lassen, um sein Bier endlich mit Münchner Grundwasser anzumischen. Das ist eine wichtige Grundvoraussetzung, um als Münchner Bier bezeichnet werden zu dürfen – und nicht lediglich "Bier nach Münchner Brauart" etwa.

Münchner Brauerei: Aufbau von Werk 2 kostete 20 Millionen Euro

Laut Giesinger Bräu ist dieses Tiefenwasser 7000 Jahre alt. Schon die allerersten Biere in Werk 2 wurden mit diesem Urwasser hergestellt. Drei Liter pro Sekunde werden hier hochgepumpt. Pro Jahr sind das in etwa 30.000 Kubikmeter Münchner Grundwasser.

150 bis 170 Meter tiefer Brunnen: Giesinger Bräu mischt sein Bier mit 7000 Jahre altem Wasser an.
150 bis 170 Meter tiefer Brunnen: Giesinger Bräu mischt sein Bier mit 7000 Jahre altem Wasser an. © Bernd Wackerbauer

"20 Millionen Euro kostete der Aufbau von Werk 2", sagt Marx dann noch. Zehn Millionen aus eigenen Mitteln und Fremdkapital, darunter eine millionenschwere Crowdfunding-Kampagne aus dem Jahr 2019 mit 2600 Investoren. Weitere zehn Millionen Euro legte der Vermieter des Grundstücks an. Das Unternehmen Aurelis ließ auf dem 4.700 Quadratmeter großen Areal die Hallen der Brauanlage bauen.

20.000 Hektoliter Giesinger Bier kann Marx nun jährlich im Werk 2 abfüllen lassen. Im Werk 1 an der Martin-Luther-Straße betrug die jährliche Produktion etwa 12.000 Hektoliter – das war deutlich zu wenig, wie sich in einigen Sommern der letzten Jahre herausstellte. Häufig war das Giesinger schlicht ausverkauft. So langsam nähert sich also Giesinger Bräu der Produktionsmenge von 40.000 Hektolitern pro Jahr. Sie braucht man in etwa, um der Nachfrage auf der Wiesn gerecht zu werden. Doch spricht man Marx auf das Thema an, hält er sich bedeckt, obwohl er in der Vergangenheit mehrmals das Ziel ausgesprochen hatte, irgendwann auf dem Oktoberfest Giesinger Bier zu verkaufen: "Schritt für Schritt", sagt er, "erst müssen wir die Anlage hier zuverlässig betreiben. Dann sehen wir weiter."

Reiter erfreut über Expansion: "Produktionsziel sind fünf Millionen Maß"

Auch Dieter Reiter spricht das Thema Oktoberfest indirekt an, als er eine kurze Rede zur Eröffnung der Anlage hält. Heuer spielt das alles ja ohnehin keine Rolle, erstens, weil es für Giesinger Bräu wahrscheinlich viel zu kurzfristig wäre, um sich zu bewerben, zweitens, weil das größte Volksfest der Welt bekanntlich ausfällt.

Kunst am Tank: Brauerei-Chef Steffen Marx engagierte bekannte Graffiti-Künstler für schönere Bierkessel.
Kunst am Tank: Brauerei-Chef Steffen Marx engagierte bekannte Graffiti-Künstler für schönere Bierkessel. © Bernd Wackerbauer

"Die siebte Münchner Biermarke!", beginnt Reiter seine Rede zunächst, in der er sich recht ungefiltert über die Expansion der Brauerei freut, "jetzt ist ja das Produktionsziel 40.000 Hektoliter, also vier Millionen Liter – oder anders gesagt: Fünf Millionen Maß", scherzt Reiter. Er findet Giesinger Bräu recht einzigartig – auch optisch: "Ich glaube, es gibt keine Brauerei, die Graffitis auf den Biertanks hat." Marx engagierte nämlich einige bekannte Graffiti-Künstler. Sie haben sich an den Bierkesseln verewigt.

Das Thema Corona beschäftigt Brauerei-Chef Marx zwar auch, macht ihm aber keine allzu großen Sorgen. Er fürchtet keine heftigen Einbußen. "Gastronomie macht bei uns zehn Prozent vom Umsatz aus, 90 Prozent beträgt der Umsatz aus dem Verkauf im Handel", sagt Marx, "die Leute trinken wie verrückt zu Hause." Außerdem habe er bereits ein Programm angestoßen, um Wirten zu helfen, die sein Giesinger Bräu ausschenken. "Wir nehmen ganz unkompliziert unser Bier zurück, auch abgelaufene Ware, die die Wirte nicht verkaufen konnten. Wir erstatten natürlich den Preis." Und für Wirte, die sich nach und während der Krise dazu entscheiden, Giesinger Bräu zu verkaufen, hat er sich auch schon etwas überlegt: "Die Erstbestellung ist umsonst", sagt Marx.

2006 gründete Marx mit Freunden seine Brauerei in einer Garage in Untergiesing. In München hat das Bier derzeit einen Marktanteil von etwa 1,5 Prozent.

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