Tilmans Biere: 160 Euro wöchentlich für einen Radl-Parkplatz

Der Brauer und Kneipen-Betreiber Tilman Ludwig hat sein Radl an einen Laternenpfahl gestellt. Kostet 160 Euro pro Woche, sagt die Stadt.
Emily Engels
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Ein Radl, das auffällt. Und für das der Brauer und Gastronom Tilman Ludwig 160 Euro Bußgeld pro Woche zahlen
sollte. Jetzt hat er deshalb sein Werbeschild, das am Radl angebracht war, abmontiert.
privat Ein Radl, das auffällt. Und für das der Brauer und Gastronom Tilman Ludwig 160 Euro Bußgeld pro Woche zahlen sollte. Jetzt hat er deshalb sein Werbeschild, das am Radl angebracht war, abmontiert.

München - "Liebes München, danke für dein Angebot, mein schönes Ausgeh-Fahrrad für 160 Euro Wochenmiete (warm) an deinem Schilderpfosten abzustellen. Leider ist das Geld aber komischerweise grad etwas knapp und ich muss dankend ablehnen." Diese Worte schreibt der Brauer und Betreiber der Kneipe "Frisches Bier" Tilman Ludwig auf Facebook.

160 Euro Bußgeld für Fahrrad

Dahinter steckt für ihn ein riesiges Ärgernis. Gegenüber seiner Kneipe im Schlachthofviertel stand sein "Tall-Bike". Ein deutlich erhöhtes Radl, das ins Auge sticht. Im Rahmen angebracht: ein kleines Werbeschild mit der Aufschrift: "Tilmans Biere". Ein Auto mit Werbung darf kostenlos parken. Ein Radl aber nicht. Jetzt ist bei Tilman Ludwig ein Brief vom Kreisverwaltungsreferat (KVR) ins Haus geflattert. Darin steht, dass der Gastronom die Werbung vom Radl entfernen muss – wenn er das nicht tut, soll er 160 Euro Bußgeld zahlen. Pro angefangener Woche!

Ein Radl, das auffällt. Und für das der Brauer und Gastronom Tilman Ludwig 160 Euro Bußgeld pro Woche zahlen
sollte. Jetzt hat er deshalb sein Werbeschild, das am Radl angebracht war, abmontiert.
Ein Radl, das auffällt. Und für das der Brauer und Gastronom Tilman Ludwig 160 Euro Bußgeld pro Woche zahlen sollte. Jetzt hat er deshalb sein Werbeschild, das am Radl angebracht war, abmontiert. © privat

Tilman Ludwig sagt zur AZ: "Generell habe ich ja Verständnis dafür. Aber gerade in Zeiten, in denen man nach mehreren Wochen Schließung wieder öffnen darf, frage ich mich schon: Hat das KVR nichts besseres zu tun?"

Auf die Anfrage der AZ erklärt KVR-Sprecher Johannes Mayer: "Der öffentliche Straßengrund ist für die Benutzung durch den Verkehr gewidmet." Eine Benutzung darüber hinaus sei eine Sondernutzung, die einer Erlaubnis nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz bedürfe.

Fahrrad mehr Werbeständer als Verkehrsmittel

So dürfe beispielsweise ein Auto oder ein gewöhnliches Radl mit Werbeaufschrift ohne Sondergenehmigung im öffentlichen Raum parken. Für ein besonderes Radl wie das von Tilman Ludwig jedoch müsse man rein theoretisch eine Sondernutzung beantragen. Genehmigt würde diese in der Praxis allerdings nicht. Eben, weil das Radl mehr Werbeständer als Verkehrsmittel sei. Mayer erklärt der AZ, dass im Fall von Tilman Ludwig explizit noch keine Sanktion ausgesprochen wurde. "Es wurde lediglich für den Fall, dass die Werbung nicht bis zum 29. Mai entfernt wird, angedroht, weitere Schritte einzuleiten."

Diese Schritte wären die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens, die kostenpflichtige Anordnung zur Entfernung des Schilds und die Erhebung einer Sondernutzungsgebühr. Mayer: "Wir gehen davon aus, dass das Werbeschild entfernt wird und das Verfahren somit abgeschlossen werden kann."

Brauer ist von der Stadt enttäuscht

Ludwig selbst hat die Zeit des Lockdown überbrückt, indem er Bier zu seinen Gästen nach Hause fuhr – per Lastenrad. Er hat das Problem mit seinem anderen Radl nun beseitigt – indem er das Werbeschild abmontiert hat. Enttäuscht von der Stadt ist er weiterhin.

Anstatt die Zeit mit Bußgeldbescheiden zu "verplempern", solle die Stadt ihm lieber dabei helfen, einen passenden Ort für seine Brauerei zu finden. Denn aktuell ist Tilman Ludwig noch Wanderbrauer, produziert sein Bier in zwei Betrieben im Münchner Umland. Er suche Räumlichkeiten in der Stadt.

Könnte das KVR keine Ausnahme für Tilman Ludwig machen? Gerade mit Blick auf die für Gastronomen so harten Corona-Zeiten? Das wollte die AZ vom KVR wissen. Doch das blieb hart. Mayer erklärt, warum: "Trotz der Bemühungen der Stadt, die Gewerbetreibenden in München in dieser Krise zu unterstützen, kann aufgrund der zahlreichen Konflikte bei der Nutzung des öffentlichen Raums nicht jede gewünschte Sondernutzung ermöglicht werden." Zum einen, um den Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren und zum anderen, um Bezugsfälle zu vermeiden, könne deshalb "von den rechtlichen Vorgaben in diesem Fall keine Ausnahme gemacht werden".

Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Thema: Zweierlei Maß

Lesen Sie auch: Getränke vergiftet! Polizei warnt vor Bedrohungslage

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