Geldstrafen für Münchner Klimakleber: "Ich opfere hier meine Freiheit"

Kaum aus dem Gefängnis freigekommen standen drei Klimaaktivisten in München vor Gericht - wegen Nötigung nach zwei Straßenblockaden am gleichen Tag. Statt Schuldeingeständnissen gibt es zunächst Rechtfertigungen - und dann Geldstrafen.
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Richter Alexander Fichtl (hinten) eröffnet den Prozess gegen drei Klimaaktivisten (erste Reihe).
Richter Alexander Fichtl (hinten) eröffnet den Prozess gegen drei Klimaaktivisten (erste Reihe). © Lennart Preiss/dpa

München - In einem Eilverfahren vor dem Amtsgericht München haben sich am Mittwoch drei Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation wegen Verkehrsblockaden in der Innenstadt verantworten müssen.

Klimaaktivist: "Wir sind im Kampf unseres Lebens"

Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Männern und einer Frau Nötigung in zwei Fällen vor. Sie hatten sich an Blockaden beteiligt. Nach Verkehrsblockaden in der Münchner Innenstadt hat das drei Klimaaktivisten der Protestgruppe "Letzte Generation" am Mittwoch zu Geldstrafen verurteilt.

Richter Alexander Fichtl.
Richter Alexander Fichtl. © Lennart Preiss/dpa

Die Angeklagten meldeten sich in der Verhandlung zunächst selbst zu Wort. Anstatt auf rechtliche Fragen des Protestes einzugehen, wolle er über die Frage nach dem "Warum" sprechen, sagte einer der Angeklagten. "Wir sind im Kampf unseres Lebens, und wir sind dabei zu verlieren."

Protestgruppe "Letzte Generation" blockierte zweimal den Stachus

Ein weiterer Angeklagter (23) sagte, er lebe anders als viele andere Menschen in einem demokratischen Rechtsstaat, "wo mir selbst im Gefängnis gewisse Rechte zustehen".

Die Staatsanwaltschaft wirft den Klimaaktivisten Nötigung in zwei Fällen vor.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Klimaaktivisten Nötigung in zwei Fällen vor. © Lennart Preiss/dpa

375 beziehungsweise 625 Euro Strafe

In dieser "vergleichsweise privilegierten Position" sei es für ihn "das Mindeste, zivilen Widerstand zu leisten". Der Vorsitzende Richter verurteilt schließlich zwei von ihnen zu 25 Tagessätzen in Höhe von 15 Euro. Bei dem dritten sind es 25 Euro. Der Staatsanwalt hatte das Doppelte gefordert.

Die Aktivisten hatten bei einer Protestaktion am 3. November mit weiteren Mitgliedern der Gruppe "Letzte Generation" den Stachus zweimal blockiert. Einige klebten sich vormittags auf der Fahrbahn fest. Die Polizei nahm sie fest, nach ihrer Freilassung blockierten sie am Nachmittag erneut die Sonnenstraße.

Die Rechtsanwältinnen Maja Beisenherz, Francesca Rossiello-Bianco und Cristina Bianco (von links) unterhalten sich zu Beginn des Prozesses gegen drei Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" wegen Verkehrsblockaden in der Münchner Innenstadt.
Die Rechtsanwältinnen Maja Beisenherz, Francesca Rossiello-Bianco und Cristina Bianco (von links) unterhalten sich zu Beginn des Prozesses gegen drei Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" wegen Verkehrsblockaden in der Münchner Innenstadt. © Lennart Preiss/dpa

Da sie damals zudem weitere Aktionen ankündigten, kamen sie für in polizeilichen Präventivgewahrsam in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim. Im Gefängnis habe sie sich bewusst entschieden, ihrer Freiheit nicht nachzutrauern, sagte die 25-jährige Angeklagte  vor Gericht. "Ich opfere hier meine Freiheit für eine Zukunft mit mehr Freiheit, mit weniger Leid."

Auch in Berlin stehen zwei Klimaaktivisten vor Gericht  

In Berlin standen am Mittwoch zwei weitere Klimaaktivisten der Gruppierung vor dem Amtsgericht Tiergarten. Ein Student (24) wurde wegen seiner Teilnahme an neun Blockaden, Widerstand und Hausfriedensbruch zur Zahlung von 1.350 Euro verurteilt. Sein Anwalt, der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi (Linke) kündigte Rechtsmittel an. Ein weiterer 24-Jähriger wurde wegen Nötigung in einem Fall zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"Letzte Generation": Vorerst keine Aktionen geplant

Weitere Protestaktionen der Gruppe "Letzte Generation" sind unterdessen unwahrscheinlich - zumindest vorerst. Nach einer scharf kritisierten Aktion auf dem Berliner Flughafen hatte die Gruppe am Freitag angekündigt, zunächst auf weitere Aktionen in Berlin und München verzichten zu wollen. Man hoffe in der letzten Sitzungswoche des Bundestags im laufenden Jahr auf Taten - warnte aber zugleich vor einem Neustart der Proteste mit mehr Schlagkraft.

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Die Klimaprotestgruppe fordert von der Regierung nach eigenen Angaben "einfache, überlebenswichtige" Maßnahmen wie ein Tempolimit auf Autobahnen oder ein 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr.

 

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75 Kommentare
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  • Besserwisser111 am 03.12.2022 03:01 Uhr / Bewertung:

    Lächerliche Strafen

  • leafina am 01.12.2022 12:11 Uhr / Bewertung:

    Es ist schon eine verrückte Welt geworden! Da opfern junge Menschen ihre Freizeit, nicht etwa, um sinnloserweise auf youtube oa ihren täglichen Miste zu posten, sondern um auf ein Thema aufmerksam zu machen, das uns alle betrifft. Diese jungen Menschen erinnern die Regierung an ihre Verpsrechen, die nicht eingehalten wurden und werden werden - und da man sie nie erhöhrt hat und die Regierung einfach so weitermacht, wie wenn kein Klimawandel wäre und "was interessiert mich mein Geschmwätz von gestern" denkt, greifen diese jungen Menschen zu Maßnahmen, die Beachtung finden und damit auch vielleicht das Thema. Und was macht die Gesellschaft, die es betrifft? Sie veruteilen diese Menschen und lassen kein gutes Haar an ihnen. Und das am meisten Traurige bei diesen Aktionen ist, dass selbst dann sich seitens der Regierung nichts ändert! Armes reiches Deutschland!!!

  • Dr. Schönfärber am 01.12.2022 13:46 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von leafina

    Sie verwechseln vieles. Wenn die Klima-"aktivisten" die Politik aufrütteln wollen dann sollen sie dort protestieren wo Politik stattfindet, nämlich vor dem Bundestag, Landtag, bzw. Parteibüros.
    Aber nicht den Bürger der Kohle verdienen muss (für viele im Lande mit) dauernd behindern und gängeln. Zudem gilt das Demonstrationsgesetz für alle, auch für ihr Gefolge.
    Aber Gesetze und Anstand sind ja nicht so euer Ding

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