Geisterfahrer wendet auf Autobahn: Zwei Tote
München - Er sieht ein bisschen aus wie eine junge Version von Tennis-Held Boris Becker: graue Augen, Sommersprossen, rotblondes Haar. Freunde nennen Stefan S. (Name geändert) spöttelnd Rotschopf.
Am Montagabend rast der junge Münchner in seinem BMW als Geisterfahrer über die A99 in zwei entgegenkommende Autos: Zwei Menschen sterben bei dem Horror-Crash, einer wird schwer verletzt.
Stefan S. kommt von der Arbeit. Er ist Schlosser bei einem Automobilzulieferer. Der 22-Jährige – er hat erst vor wenigen Wochen Geburtstag gefeiert – ist auf dem Heimweg. Kurz vor 21 Uhr fährt er laut einem Zeugen in seinem silberfarbenen 5er-BMW an der Auffahrt Ludwigsfeld auf die A99. „Am Ende des Beschleunigungsstreifens wendete er plötzlich“, berichtet Polizeisprecher Hans-Peter-Kammerer. Das Motiv für das lebensgefährliche Fahrmanöver ist völlig unklar.
Stefan S. rast als Geisterfahrer auf der Mittelspur in Richtung Stuttgart. Eine schwarze A-Klasse kommt ihm noch auf Höhe der Anschlussstelle Ludwigsfeld entgegen. Der Fahrer, ein 42-jähriger Münchner, entgeht nur um Haaresbreite dem Tod. Der BMW streift seinen Mercedes, reißt die linke Seite komplett auf. Der Mercedes schleudert, kracht in die Leitplanke. Der Fahrer erleidet Knochenbrüche und schwere innere Verletzungen. Der 42-Jährige liegt im Krankenhaus und ist bis heute nicht vernehmungsfähig.
Stefan S. rast weiter über die A99. Sekunden später taucht vor ihm ein weißer 1er- BMW auf. Am Steuer sitzt ein 32-jähriger Angestellter. Er arbeitet bei BMW in München, im Kofferraum hat er seinen Rottweiler angeleint. Der 32-Jährige hat keine Chance, dem Geisterfahrer auszuweichen. Frontal krachen die BMW ineinander. Ein mörderischer Aufprall, bei dem das linke Vorderrad des 1er komplett abgerissen wird. Bis zu den Fahrersitzen bohren sich die Autos ineinander. Der Fahrer stirbt, sein Hund überlebt.
Minuten nach dem Horror-Crash sind Rettungskräfte vor Ort. Überall liegen Trümmer. Die BMW sind nur mehr zwei zerfetzte Blechhaufen. Die Fahrer kann die Feuerwehr nur mit Hilfe von Spezialwerkzeug bergen.
Die Wahnsinnsfahrt von Stefan S. währt gerade mal 500 Meter. Der 22-Jährige hat den Sicherheitsgurt nicht angelegt. Um das Warnsignal zu umgehen, hat er sich auf den Gurt gesetzt.
Warum Stefan S. auf der Autobahn wendete, ist unklar. Die Polizei prüft, ob ein Suizid vorliegt. Laut Familie litt der 22-Jährige nicht an psychischen Problemen. „Er war ein freundlicher und intelligenter Junge“, erzählt ein Schulfreund der AZ.
Stefan S. sehnte sich nach der großen Liebe: Ein Mädchen zwischen 18 und 21 Jahren, intelligent, gebildet – das wäre seine Traumfrau. Um sie zu finden, meldete er sich im Sommer bei einer Partnerbörse an. Sich selbst beschrieb S. dort als flotten Typen, der gerne ins Kino und zum Asiaten essengehen. Er sei Nichtraucher, trinke kaum und interessiere sich für Musik, Computer und Technik.
Im Internet schrieb einer seiner Freunde zuletzt: „Rotschopf, du wirst dich nie ändern.“ Darauf S.: „Ich glaube, das ist gut so, warum sollte ich?“ Stefan S. klang wie ein ganz normaler junger Mann und nicht wie ein irrer Geisterfahrer, der Menschen ins Verderben reißt.
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