GBW-Mieter wollen Geld – und sind sauer auf Söder

Thema beim sechsten Mieterstammtisch: Sozialwohnungen als Mogelpackung – die Mieter erwarten Entschädigung von Freistaat und Stadt.
von  Eva von Steinburg
Vermieter Wolfgang Donhärl.
Vermieter Wolfgang Donhärl. © Eva von Steinburg

München - Vor elf Jahren zogen sie in Sozialwohnungen (nach dem alten EOF-Modell). Inzwischen werden ihre Wohnungen am Ackermannbogen in Schwabing-West wie frei finanzierte behandelt. "15 Prozent Mieterhöhung alle drei Jahre will Eigentümer Patrizia aus uns herausholen, ohne Gnade", sagt eine wütende Mieterin beim sechsten Mieterstammtisch im Restaurant Rigoletto.

"Es ist kein Naturgesetz, dass man die Maximalforderung nehmen muss", empört sich die Moderatorin des Abends. Ihren Namen will sie nicht öffentlich machen. Die "Urkatastrophe der GBW" war Hauptthema beim Mieterstammtisch am Montag. Ruth Waldmann, Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Landtag, findet, dass der Freistaat Bayern GBW-Wohnungen an "einen privaten Immobilienhai verscherbelt hat".

Mieter fordern politische Lösungen

2013 war Markus Söder Finanzminister. GBW-Mieter sind gegen eine höhere Miete auch vor Gericht gezogen. Dabei standen ihnen "Die Linke"-Politiker zur Seite. Sie "waren bei jeder Verhandlung dabei, viel Freizeit ist geflossen. Sie haben Mieter zuhause besucht und zugehört", lobt Sandra Hanke, Vorsitzende der Mieterinitiative Adams-Lehmann-Straße.

Den Musterprozess haben die Mieter zwar verloren (die Stadt hatte in die Mietverträge keine Begrenzung notiert). Moralisch fühlen sie sich jedoch im Recht – außerdem bleibt wenig im Geldbeutel. Deswegen fordern sie eine "politische Lösung", wie schon bei der großen Diskussion im September.

Münchner Stadträte, Grüne, Die Linke und SPD, wollen helfen. Die grüne OB-Kandidatin in spe Katrin Habenschaden argumentiert: "Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Sanierung darf kein Geschäftsmodell sein." Linken-Stadtrat Cetin Oraner setzt noch eins drauf: "Wohnen ist ein Menschenrecht.

Söder soll Verantwortung übernehmen

Ministerpräsident Söder muss die Verantwortung für die Vertreibungspolitik hier übernehmen". Betroffene sollten Geld vom Freistaat und von der Stadt einen Mietzuschuss bekommen. 104 Wohnungen sind in der Adams-Lehmannstraße wieder von Teuerung betroffen.

Finanzschwache Bewohner fühlen sich verraten. Sandra Hanke von der Mieterinitiative fordert einen Entschädigungsfonds für 1.060 frühere GBW-Sozialmieter der Stadt: "Sozialmiete ist nie höher als 9 Euro kalt und ich zahle 12,67 Euro pro Quadratmeter. Für die 89-qm-Familienwohnung sind es jetzt 1.374 warm", sagt die Erzieherin. Sie fühle sich "gestraft".

Wenn das Finanzamt die hohe Miete fördert

Vermieter Wolfgang Donhärl.
Vermieter Wolfgang Donhärl. © Eva von Steinburg

Als "netten Vermieter" hatten die Organisatoren des Münchner Mieterstammtischs Wolfgang Donhärl eingeladen. Denn: In seinem Mietshaus der Aurbacherstraße in der Au, wo er auch selbst wohnt, gehen seine Mieten bei nur sechs Euro Miete pro Quadratmeter los.

Doch dieser nette Münchner Vermieter hat aktuell ein ernsthaftes Problem mit dem Finanzamt. Wolfgang Donhärl kritisiert: "Ich werde vom Finanzamt gentrifiziert. Das Haus mit 13 Wohneinheiten haben meine Schwester und ich von meiner Mutter geerbt.

Weil meine Mutter eine umsichtige Frau war, fiel auch Schenkungssteuer an. Das Finanzamt meint, wir hätten eine zu niedrige Miete. Und nimmt zunächst für die Schenkungssteuer pauschal eine Miete von 12,50 Euro pro Quadratmeter an. Doch wir haben dagegen Einspruch eingelegt. Das ist ein laufendes Verfahren.

Die Erbschaftssteuer, die ich zu zahlen haben werde, wird aufgrund des Werts der Verkäufe der letzten Jahre in der Gegend berechnet, dem Bodenrichtwert. Grundlage ist also der Wert, der auf dem Spekulationsmarkt erzielt wird. Dadurch wird die Steuer für mein Haus so hoch, dass ich die Mieten erhöhen oder das Haus verkaufen muss.

Wenn ich die Steuer auf Spekulation aufbaue, bestrafe ich die Leute, die normal wirtschaften wollen. Mein Vorschlag ist: Es sollte einen Nachlass geben, wenn ein Vermieter die Auflagen erfüllt, dass er unter einem bestimmten Mietpreis bleibt. Nur so ermächtige ich auch Leute, normal zu vermieten. Sonst rechnet es sich betriebswirtschaftlich nicht.

In meinem Fall kann es sein, dass ich eine Million Euro Erbschaftssteuer zahle, und 125.000 Euro im Jahr an dem Mietshaus in der Au verdiene."

Luxemburger Investor kauft frühere Wohnungen der Bundeswehr in Schwabing

Jens van Rooij arbeitet als freiberuflicher Autor. Er wohnt in einer früheren Bundeswehrwohnung an der Schleißheimer Straße Ecke Gernotstraße in Schwabing: "Im Frühjahr hat ein schicker Luxemburger Investor bei uns 90 frühere Bundeswehrwohnungen vom Ende der 50er Jahre gekauft. Die Herrschaften von Jargonnants Partners (JP) agieren diskret. Aber sie wollen ein Penthouse errichten und den grünen und liebevoll mit Blumen bepflanzten Innenhof aufreißen, um eine Tiefgarage zu bauen.

Freiberufler: Mieter Jens van Rooij.
Freiberufler: Mieter Jens van Rooij. © Eva von Steinburg

Für die Mieter gibt es sehr viele Fragezeichen. Viele haben schlaflose Nächte. Bis jetzt waren wir eine bunte, schöne Gemeinschaft mit Mieten von rund zehn Euro pro Quadratmeter. Wir alle schwitzen jetzt. Es geht mir essenziell um die Menschen, die hier Heimat gefunden haben. Denen nutzt es auch nichts, wenn sie vielleicht umziehen. Das sind alte Bäume, die man nicht verpflanzen kann. Die Wohnungsanzeigen kannst du vergessen. Die Mieten sind überall teuer, auch außerhalb im Speckgürtel rund um die Stadt."

Dürfen Vermieter bald elf Prozent zulegen?

Eine Mieterin aus der Schönfeldstraße 14 in der Maxvorstadt macht sich sehr große Sorgen. Vorsichtshalber will sie anonym bleiben: "Ich wohne in einer kleinen GBW-Wohnung. Es wurde bei uns nur noch befristet vermietet. Im Haus stehen einige Wohnungen deshalb schon länger leer. Nun habe ich zu meinem Schreck erfahren, dass noch vor Weihnachten eine Modernisierungsankündigung zugestellt wird.

Der Gesetzgeber senkt die Modernisierungsumlage, die auf den Mieter abgewälzt werden kann, ab 1. Januar 2019 von elf auf acht Prozent. Wird das Modernisierungsverlangen aber im Jahr 2018 schriftlich erklärt, darf die GBW elf Prozent umlegen. Es ist enttäuschend, dass die GBW sich so etwas leistet und finanziell alles herausholen will – obwohl das politisch nicht erwünscht ist und Pro-Mieter entschieden wurde." Ob das Modernisierungsschreiben kommt, wollte die GBW weder bestätigen noch dementieren.

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