Gasteig: Das sind die Pläne

Kernstück des am Mittwoch vom Stadtrat verabschiedeten Projekts von Henn Architekten für den Gasteig-Umbau ist eine neue Glashalle, die alle Teile des Baus miteinander verbindet
von  Robert Braunmüller
Die Philharmonie mit dem neuen gläsernen Foyer, das alle Teile des Gebäudes miteinander verbindet – gesehen vom Motorama auf der gegenüberliegenden Seite der Rosenheimer Straße.
Die Philharmonie mit dem neuen gläsernen Foyer, das alle Teile des Gebäudes miteinander verbindet – gesehen vom Motorama auf der gegenüberliegenden Seite der Rosenheimer Straße. © Büro Henn/Visualizations MIR

München - Mit dem Urheberrecht der ursprünglichen Architekten habe die Entscheidung für das Büro Henn nichts zu tun. Auf diese Feststellung legt Gasteig-Chef Max Wagner großen Wert. Die gewöhnlich gut unterrichteten Kreise bestätigen diese Darstellung: Schon im August, bei einer Beratung der Gasteig-Nutzer, habe sich abgezeichnet, dass Henns Projekt die angestrebte Vernetzung von Philharmonie, Stadtbibliothek und Volkshochschule am besten ermöglichen werde.

Das war Monate vor der Denkschrift, die kurz vor der Schlussrunde des Wettbewerbs am vergangenen Freitag für einige Unruhe sorgte. Eike Rollenhagen, einer der vier Architekten des Baus, möchte den blockhaften Charakter der Philharmonie gewahrt sehen. Den wollten die beiden mit Henn konkurrierenden Büros Auer Weber und Wulf Architekten ziemlich radikal öffnen und aufbrechen.

In der Schlussrunde hatten diese Projekte keine Chance. Nicht, weil die Jury den Gasteig so schön findet. Und auch nicht, so Insider, weil urheberrechtlicher Ärger mit Rollenhagen und Kollegen befürchtet wird. Eher schon, weil bei einer Umkrempelung des Baus der Kostenrahmen von fast einer halben Milliarde Euro gesprengt werden könnte. Der zentrale Grund für das Ausscheiden sei gewesen, dass Auer Weber und Wulf Architekten den Wünschen der drei Gasteig-Hauptnutzer auch bei der Nachbesserung zu wenig entgegenkamen.

Vernetzung durch eine gläserne Bühne

Der Kern von Henns Konzept wurde aus den am Mittwoch nach der Entscheidung des Stadtrats verbreiteten Visualisierungen nicht wirklich deutlich. Er besteht in einer Verlängerung der Glashalle, die nach dem Umbau den Bibliothekstrakt mit der Philharmonie verbinden soll. Diese "gläserne Bühne" sorgt auf drei Etagen für Kontaktflächen zwischen den im Gasteig beheimateten Institutionen und ermöglicht stärker als bisher gemeinsame Aktivitäten. Der bisher tagsüber geschlossene Foyerbereich der Philharmonie soll belebt werden – unter anderem durch eine Bühne, auf der sich Schüler und Laien präsentieren können.

Bisher betreten die meisten Besucher den Gasteig durch den Hintern, wie böse Zungen sagen. Rollenhagen und seine Partner verkannten die Bedeutung des S-Bahnhofs Rosenheimer Platz für die Besucher. Und die anfänglich vorhandene Drehtür zur Glashalle wurde schon vor Jahren demontiert. Henn plant hier eine völlig neue Eingangshalle, die im Unterschied zum gegenwärtigen Zustand mit den martialischen Kassenhäuschen als Einladung an die Besucher der Volkshochschule und der Stadtbibliothek gedacht ist. Um den bisherigen Hintereingang optisch aufzuwerten, wird die Glashalle mit einem Vortragssaal für die VHS abgeschlossen, der abends in den Platz zwischen Gasteig, Gema und Hilton hineinleuchten soll.

Die Entwürfe von Auer Weber und Wulf Architekten wollten das bisherige Konzept der "Vier Häuser in einem Haus" bewahren. Sie zielten weniger auf die von Max Wagner angestrebte Vernetzung durch die drei Etagen der neuen Glashalle, mit der Philharmonie, Stadtbibliothek, die Hochschule für Musik und Theater und die Volkshochschule zur stärkeren Zusammenarbeit angeregt werden sollen. Als vierte Etage plant Henn einen durchgehenden "Lerngarten", wie ihn Wagner ähnlich bei Frank Gehrys Walt Disney Concert Hall in Los Angeles kennengelernt hat.

Die Philharmonie kommt erst noch

Für Ärger mit den Anwohnern sorgt derzeit der nächtliche Abtransport von Instrumenten nach Orchester-Gastspielen. Dieses Problem löst Henns Entwurf durch eine Untertunnelung im Bereich zwischen Philharmonie und dem neuen Carl-Orff-Saal, der zu einer flexiblen Bühne umgebaut werden soll.

Die große Frage nach der Veränderung der Philharmonie kann erst nach dem Abschluss des derzeit laufenden Akustik-Wettbewerbs entschieden werden. Es ist aber offenkundig, dass der Bau im Inneren nicht nur akustisch, sondern auch optisch so verändert werden wird, dass er mit dem neuen Konzertsaal im Werksviertel konkurrieren kann.

Die Stadtbibliothek erhofft sich vom Umbau mehr Fläche und eine deutlichere Erkennbarkeit der Funktion ihres Gebäudetrakts. Über das neue Innere entscheidet ähnlich wie bei der Philharmonie ein eigener Wettbewerb. Bis Ende 2019 sollen beide Planungen stehen. Dann entscheidet wiederum der Stadtrat, ehe 2021 die Sanierung beginnt – wenn alles nach dem Plan läuft, der eine Wiedereröffnung Mitte 2025 vorsieht.

Ein Widerspruch von Eike Rollenhagen und seinen Kollegen gegen die Veränderung des Baus wirkt wenig wahrscheinlich. Ob die unterlegenen Architekten ihre Drohung wahrmachen und durch eine Beschwerde bei der Vergabekammer das Verfahren verlängern, ist derzeit unklar. Und was die Kosten angeht: 450 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Der Architektenwettbewerb sei von einem strengen Controlling begleitet worden, um Steigerungen zu vermeiden. Aber einen Bau ohne Kostensteigerung hat es seit der Cheopspyramide eigentlich nicht mehr gegeben

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