Angst vor der eigenen Courage

Der Gasteig wird nach den Plänen des Büros Henn Architekten saniert. Mehr Veränderung ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht drin
Robert Braunmüller |
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Der sanierte Gasteig nach der Vorstellung von Henn Architekten: Die Visualisierung gibt allerdings den Stand vom Mai wieder. Für die Schlussrunde des Wettbewerbs wurde der Entwurf modifiziert.
Visualisierung: Henn/Gasteig Der sanierte Gasteig nach der Vorstellung von Henn Architekten: Die Visualisierung gibt allerdings den Stand vom Mai wieder. Für die Schlussrunde des Wettbewerbs wurde der Entwurf modifiziert.

Eigentlich haben alle Beteiligten ein Stillschweigen bis zur Sitzung des Stadtrats am 24. Oktober vereinbart. Aber wie immer ist das Ergebnis der Schlussrunde des Architekturwettbewerbs um den Umbau des Gasteig durchgesickert. Die Bewertungskommission des Architekturwettbewerbs und der Aufsichtsrat des Kulturzentrums hätten sich für den Entwurf des Projekts von Henn Architekten entschieden.

Das riecht ein wenig nach faulem Kompromiss und wirft diverse Fragen auf. Der Entwurf – dessen Visualisierungen allerdings nur den Stand vom Frühsommer wiedergeben – geht vergleichsweise rücksichtsvoll mit dem 1985 eröffneten Bau um. Henns Konkurrenten hingegen wollten die Philharmonie stärker verändern und zur Stadt hin öffnen. Den Sonderpreis bekam sogar ein Projekt, das Philharmonie und Stadtbibliothek vertauschen wollte. Da wurde einem Manches schmackhaft gemacht, was wegen des Urheberrechts der ursprünglichen Architekten nun gar nicht durchsetzbar wäre. Eike Rollenhagen, einer von ihnen, will dem Vernehmen nach unbedingt den Trutzburg-Charakter der Philharmonie erhalten. Der gefällt außer ihm allerdings kaum jemandem und widerspricht dem heutigen Verständnis eines für die Stadtgesellschaft offenen Kulturzentrums.

Nicht der Herr im Haus

Das Urheberrecht gibt Rollenhagen und seinen damaligen Mit-Architekten dazu aber die Möglichkeit, zu starke Änderungen zu verhindern. Es bleibt absurd, dass die Nutzer auf diese Weise nicht der Herr im eigenen Hause sind, sondern von der Gnade eines Architekten abhängig bleiben. Nur bei einem Abriss würde das Urheberrecht erlöschen. Eine mögliche Klage Rollenhagens würde den Zeitplan für die Sanierung umwerfen.

Leute, die es wissen müssen, behaupten allerdings hartnäckig, dass die Angst vor drohendem Ärger bei den jetzt abgeschlossenen Beratungen der Bewertungskommission und des Aufsichtsrats keine große Rolle gespielt hätte. Das kann man glauben.

Aber Misstrauen schadet nicht, solange der Gasteig die jetzt favorisierten Pläne Henns nicht näher erläutert. Es ist durchaus ein Alarmzeichen, wenn einem Kulturreferent Hans-Georg Küppers freundlich erklärt, er finde den Gasteig mittlerweile gar nicht mehr so hässlich. Entscheidend ist letztlich, welches Nutzungs- und Raumkonzept für den sanierten Gasteig vorgelegt wird. Möglicherweise verwandeln Henns Pläne die Trutzburg Rollenhagens in ein wirkliches Kulturzentrum, in dem nicht Philharmonie, Musikhochschule, Volkshochschule und Stadtbibliothek nur nebeneinander existieren, sondern wirklich zusammenarbeiten.

Was in dieser Hinsicht von den Beteiligten zu hören ist, stimmt optimistisch. Aber eine halbe Milliarde Euro in den Gasteig zu stecken, der aus urheberrechtlichen Gründen hinterher nur frisch gestrichene Wände und ein Restaurant mehr enthält, wäre Verschwendung. Dann lieber Teilabriss. Oder: ganz weg damit. 

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