Gaddafi-Sohn: Münchner Oberstaatsanwalt im Visier

Nürnberg/München – Der Umgang von Münchner Polizei und Staatsanwaltschaft mit dem nach libyschen Angaben inzwischen getöteten Gaddafi-Sohn Saif al-Arab beschäftigt jetzt auch die Nürnberger Justiz. Nach einer Anzeige der Initiative bayerischer Strafverteidiger ermittle die Nürnberger Anklagebehörde gegen einen Münchner Oberstaatsanwalt wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt, teilte die Sprecherin der Nürnberger Staatsanwalt, Antje Gabriels-Gorsolke, am Mittwoch mit und bestätigte einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“.
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Den Namen des Münchner Staatsanwalts wollte die Sprecherin nicht nennen. Die Strafverteidiger werfen dem Münchner Ermittler vor, die libyschen Botschaft in Berlin im Sommer 2007 über eine bevorstehende Durchsuchung der Münchner Villa des Gaddafi-Sohns vorab informiert zu haben.
Nach Ansicht der Anwälte bestehe der Verdacht, dass Saif al-Arab al Gaddafi damit in die Lage versetzt worden sei, belastendes Material rechtzeitig außer Haus zu schaffen. Die polizeiliche Durchsuchung seiner Hotelsuite und seiner Villa in Waldperlach war seinerzeit ergebnislos geblieben.
Der Gaddafi-Sohn war damals unter anderem wegen Waffenschmuggels ins Visier der Justiz geraten. Die Nürnberger Justizsprecherin berichtete, die Nürnberger Staatsanwaltschaft habe die entsprechenden Akten von der Münchner Justiz angefordert. „Wir prüfen derzeit die Sach- und Rechtslage. Der Ausgang des Verfahrens ist unklar“, sagte Gabriels-Gorsolke. Dass bei Ermittlungen gegen Mitarbeiter einer Justizbehörde eine andere Staatsanwaltschaft ermittle, sei in solchen Fällen üblich. „Es wäre unglücklich, wenn eine Behörde gegen den eigenen Mitarbeiter ermittelt“, sagte sie.
Der Gaddafi-Sohn hatte zeitweise in München studiert. Zwischen den Jahren 2006 und 2010 hatte Saif al-Arab nach Angaben des bayerischen Justizministeriums elfmal die Polizei beschäftigt – unter anderem wegen einer Disco-Schlägerei, Fahrens ohne Führerschein, Beleidigung von Polizisten. Dennoch kam der Sohn des früheren libyschen Diktators fast immer glimpflich davon.
Auch Ermittlungen gegen ihn wegen Waffenschmuggels wurden eingestellt. Die Grünen warfen daraufhin Polizei und Münchner Justiz vor, im Fall des Gaddafi-Sohns mit zweierlei Maß gemessen zu haben. Ein Sprecher des Gaddafi-Regimes hatte im Frühjahr den Tod Saif al-Arabs mitgeteilt. Demnach war er bei seinem Tod bei einem Nato-Bombardement in der Nacht zum 1. Mai 2011 etwa 29 Jahre alt. Eine unabhängige Bestätigung des Todes gab es nicht.