"Am besten gleich auflegen": Frau aus München von neuartiger betrügerischer Telefonfalle überrascht
München - Zu Beginn des Jahres trudeln immer viele Rechnungen ein. Versicherungen wollen ihre Jahresbeiträge, die Nachzahlungen für Strom und Heizung werden fällig. Zudem steigen 2024 bei den meisten Krankenkassen die Zusatzbeiträge. Windige Geschäftemacher versuchen bei Versicherten abzukassieren mit angeblich bevorstehenden Rückzahlungen.
Die Sache hat jedoch einen Haken. Als das Telefon bei Franziska B. (56) klingelt, stutzt sie zuerst über die mechanische Stimme des Anrufers, offensichtlich ein Roboter. Was die Maschine zu erzählen hat, klingt für die Bürokauffrau aus München aber durchaus interessant. Sie soll angeblich Geld bekommen, eine Rückerstattung für zu viel bezahlte Beiträge. "Das hört man in diesen Tagen nicht mehr all zu oft", sagt die 56-Jährige.
Frau aus München soll Geld zurück bekommen - doch sie traut der Roboterstimme nicht
Es geht um ihre Krankenversicherung. Franziska B. ist in der Gesetzlichen. Und die wolle, so behauptet es jedenfalls der mechanische Anrufer, der Münchnerin Geld erstatten. "Ein bisschen gewundert hab' ich mich schon", sagt Franziska B., "ich bin seit vielen Jahren bei derselben Kasse, die haben alle meine Daten." Die hätten ihr das Geld also auch so gleich direkt und ohne Umwege problemlos auf ihr Konto überweisen können. Franziska B. denkt sich zunächst aber nichts dabei. "Immerhin", so sagt sie, "kommt es ja relativ häufig vor, dass man bei einer Firma anruft und sich dann erst an gewissen standardisierten Abfragen vom Band vorbei durchwursteln muss."
Die Roboterstimme am Telefon verhält sich nicht anders: "Sind Sie interessiert?", fragt der Kommunikationsautomat, "dann drücken Sie die 1". Franziska B. tut, worum sie gebeten wird. Augenblicklich wird sie weiterverbunden. Aber nicht zu ihrer Krankenkasse, sondern in ein Callcenter, eine Frauenstimme meldet sich.
Roboter rief Bürokauffrau aus München an: Bei dem Gespräch geht es gar nicht um eine Rückerstattung
Der automatisierte Anruf ist ein Trick, denn damit umgehen dubiose Firmen elegant das Verbot solcher unerwünschter Werbung. Anrufe, in die Sie als Verbraucherin oder Verbraucher im Vorfeld nicht explizit eingewilligt haben, sind nämlich verboten. "Unerlaubte Werbeanrufe sind nicht zulässig", betont Simone Bueb von der Verbraucherzentrale Bayern. "Natürlich machen das gerade unseriöse Unternehmen leider trotzdem." Franziska B. hört der Dame im Callcenter geduldig zu. Dabei wird ihr schnell klar, dass es bei dem Gespräch gar nicht um eine Rückerstattung von Beträgen geht, sondern um etwas ganz anderes. "Die wollte mich überreden, die Krankenkasse zu wechseln", sagt die 56-Jährige.
Die Dame am anderen Ende der Leitung lockt mit besonderen Leistungen der neuen Kasse. Doch die sind zumindest bei den Gesetzlichen nahezu überall gleich. Franziska B. beschleicht ein ungutes Gefühl: "Als ich nachfragte, wie viel ich im Jahr sparen kann, wurde meine Gesprächspartnerin plötzlich sehr vage." Offenbar geht es der angeblichen Versicherungsexpertin um einen Vertragsabschluss und die damit für sie verbundene Provision. Franziska B. beendet schließlich das Gespräch und betont dabei ausdrücklich, dass sie nicht mehr angerufen werden will.

Verbraucherzentrale Bayern rät: Bei dubiosen Anrufen am besten gleich auflegen
Die Verbraucherzentrale rät: "Am besten legt man gleich auf und wenn man sich nicht sicher ist, fragt man bei seiner Versicherung nach." Wichtig ist vor allem, so Simone Bueb: "Keine Daten und keine Bankverbindung herausgeben, auf welche die angebliche Gutschrift gezahlt werden soll." Experten der Bundesnetzagentur gegen unerlaubte Werbeanrufe warnen besonders vor einem Fehler während so eines Telefonats: Vermeiden Sie es, Fragen mit "Ja" zu beantworten. Es ist schon vorgekommen, dass so ein "Ja" aus dem Zusammenhang gerissen und als Zustimmung zu einen Vertrag verwendet wurde.
Sollte nach so einem dubiosen Telefongespräch am Ende doch per Post oder Mail ein Vertrag beim Versicherten eintrudeln, kein Grund zur Panik. "Die Widerrufsfrist beträgt bei einer ordnungsgemäßen Belehrung 14 Tage nach Vertragsschluss, wurde der Verbraucher nicht darüber belehrt, dann sogar ein Jahr und 14 Tage", so die Verbraucherzentrale.
Betrug am Telefon? Frau aus München skeptisch
"Grundsätzlich muss immer ein Vertragsschluss nachgewiesen werden", erklärt Simone Bueb, "notfalls mit der Aufnahme des Gesprächs, wenn beide Seiten zugestimmt haben. Ein aus dem Zusammenhang gerissenes ,Ja' reicht daher nicht aus. Und Verträge, die am Telefon geschlossen wurden, können immer innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden." Die Masche mit automatisierten Anrufen bewegt sich juristisch in einer Grauzone. Die Polizei ist machtlos. "Es handelt sich nicht um Betrug, und damit auch nicht um eine Straftat", sagt Polizeisprecher Tobias Schenk. Grund: Es wird vom Callcenter eine Leistung erbracht, wenn auch nicht die, die man als Kunde ursprünglich im Blick hatte.
Franziska B. hat nach ein paar Tagen versucht, die Firma erneut zu erreichen. Doch als die Münchnerin die Rückruftaste drückt, kommt nach wenigen Sekunden eine automatische Ansage, die Nummer sei derzeit nicht erreichbar. Franziska B. hat die fragliche Nummer auf ihrem Telefon gesperrt. Eine Nachfrage bei ihrer Krankenversicherung ergibt, eine Rückerstattung von Beiträgen sei dieses Jahr nicht vorgesehen. Wer so einen Werbeanruf ohne seine vorherige Werbeeinwilligung erhalten hat, kann sich wehren und den Fall der Bundesnetzagentur melden. Bei nachgewiesenen Verstößen gegen das Verbot unerlaubter Telefonwerbung kann die Bundesnetzagentur Bußgelder in Höhe von bis zu 300.000 Euro verhängen. Und für Werbeanrufe mit einer unterdrückten oder fiktiven Rufnummer kann die Bundesnetzagentur ein zusätzliches Bußgeld von ebenfalls bis zu 300.000 Euro verhängen.
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