Fragwürdiges Passwort: "Querdenker"-Posse am Münchner KVR

Ein Münchner beantragt einen neuen Ausweis und bekommt das Kennwort "Querdenker" zugewiesen. Doppelt absurd ist: Er wird es nicht los.
Eva von Steinburg
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Wer einen Personalausweis beantragt, bekommt ein Sperr-Kennwort. (Symbolbild)
Wer einen Personalausweis beantragt, bekommt ein Sperr-Kennwort. (Symbolbild) © dpa

Der Münchner hatte seinen Personalausweis verloren. Beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) beantragte er einen Neuen. "Doch was dann passierte, ist skandalös", sagt der Mann, der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Für seinen Perso-Antrag hat das KVR Jan F. am 17. April das Passwort "Querdenker" übermittelt. Der Mann aus dem Münchner Westen kann es nicht fassen. "Behörden haben die Pflicht, sich politisch neutral zu verhalten - oder würden Sie Passwörter wie Sozialdemokrat, Grüne oder Reichsbürger erteilen?", so der Münchner.

"Querdenker"-Passwort "durch die Bundesdruckerei vergeben"

Verärgert beschwert er sich beim KVR - schriftlich und telefonisch. Eine Mitarbeiterin erklärt, dass solche Sperrkennworte "zufällig" hergestellt würden. Über die Mailadresse feedback.kvr erbittet F. eine Entschuldigung - und ein Gespräch mit einem Verantwortlichen im KVR.
Die Reaktion vom Amt: "Wir bedauern, dass die Vergabe des Sperrkennworts zu Irritationen geführt hat. Das Kennwort wird durch die Bundesdruckerei vergeben."

Die Bundesdruckerei in der Hauptstadt erklärt, das Innenministerium für Bau und Heimat (BMI) in Berlin sei verantwortlich für die Passwörter. Die Kennwörter für die Dokumente würden von einem Wörterbuchverlag erstellt. Nach dem Zufallsprinzip werden sie automatisiert an die Bürger vergeben. Das BMI in Berlin gibt regelmäßig eine aktualisierte Liste frei.

Der Bedeutungswandel sei ihnen bewusst, so die Behörde

"Dem BMI sind die aktuellen politischen Hintergründe und der gesellschaftliche Bedeutungswandel des Wortes Querdenker bewusst", schreibt ein BMI-Sprecher auf AZ-Nachfrage. Das Sperrkennwort Querdenker und andere als problematisch eingestufte Wörter wären dieses Jahr von der Liste entfernt worden. "Die Änderung wurde aber erst zum 1. Mai 2021 wirksam."

"Das klingt für mich nach einer Ausrede", sagt Jan F.: "Offenbar hat das Bundesinnenministerium seine Arbeit nicht im Griff!" Doppelt absurd ist: Facebook hat gerade die Konten der Querdenker-Bewegung gelöscht.

Für seine Ausweis-Online-Angelegenheiten bleibt Jan F. jedoch das Passwort "Querdenker" - obwohl er das belastete persönliche Passwort endlich loswerden möchte.

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Änderung des Passworts unmöglich

"Im aktuellen System ist eine nachträgliche individuelle Änderung des Sperrkennworts technisch nicht möglich", schreibt das Bundesinnenministerium, dessen Chef Horst Seehofer (CSU) ist.

Der Bürger Jan F. ist schwer enttäuscht: "Diese Sache ist abscheulich. Keine Behörde hat sich bei mir entschuldigt. Niemand hat hier Verantwortung übernommen."

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29 Kommentare
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  • muc6 am 23.10.2021 12:41 Uhr / Bewertung:

    Kein Wunder, dass Deutschland und Digitalisierung zwei unüberwindbare Gegensätze sind.
    Beim Online-Banking und bei Kreditkarten werden EU Richtlinien mit 2 Faktor Autorisierungen durchgedrückt und jeder Web-Shop sichert seine Kunden (und deren Daten) mit frei wählbaren Passwörtern ab. Jeder Internet-Browser erzeugt auf Wunsch ebenfalls "sichere" Kombinationen.
    Nur beim "elektronischen" PA wird (unter Einbeziehung einer Fremdfirma?) gegen viel Geld ein Wort aus einer Liste vergeben!!! Welcher Honk hat dieses Procedere jemals zertifiziert oder eingeführt?

  • Wendeltreppe am 23.10.2021 14:59 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von muc6

    Es kommt mir bei diesem Thema schon fast vor wie eine gekünstelte "Panikmache", ich habe noch nie von einem Problem mit dem Passwort bei der Vergabe vom PA gelesen/gehört. Man kann z.B. auch anstatt "Mücke" das Wort "Elefant" nehmen oder aus dem einen das andere machen...

  • Die offizielle Wahrheit am 23.10.2021 09:49 Uhr / Bewertung:

    Den Elefanten im Raum wird natürlich keine Erwähnung geschenkt. Warum werden einzelne Wörter als völlig unzureichende Passwörter für eine hochsensible Anwendung wie einen elektronischen Personalausweis gewählt? Warum ist das Ändern des Passwortes "technisch nicht möglich"? Wie um alles in der Welt kann ein solches System überhaupt sicherheitstechnisch abgesegnet werden? Warum werden die Passwörter von einer, laut Artikel, vermutlich privaten Drittorganisation gewählt und verteilt? Und wie viel zahlt die Bundesdruckerei für ein solches Passwort? Warum werden diese nicht von der BDr nach gängigen Verfahren selbst erzeugt?

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