Fort Knox an der Brienner Straße: AZ-Besuch bei Trisor

Wohin mit den Wertsachen? Mit einer rund um die Uhr erreichbaren Anlage von Schließfächern will ein neuer Anbieter punkten.
von  Martina Scheffler
Kundenkabinen am Münchner Trisor-Standort: Hier geht's nur mit ID-Karte rein, denn drinnen werden die Wertsachen überreicht.
Kundenkabinen am Münchner Trisor-Standort: Hier geht's nur mit ID-Karte rein, denn drinnen werden die Wertsachen überreicht. © Trisor GmbH

München - Man kann es nicht anders sagen: Ein bisschen fühlt man sich wie Dagobert Duck, wenn man vor den golden glänzenden Wänden im Trisor steht. Das "Bankschließfach weitergedacht", so nennt sich die Anlage in der Brienner Straße. Der Münchner Standort besteht seit diesem Jahr, ist der zweite der 2019 gegründeten Trisor GmbH und eine Art Vorzeigefiliale.

Nachfrage nach Wertgegenständen, Bargeld und Gold steigt

Warum eine bankenunabhängige Schließfachanlage? "Banken schließen Filialen", sagt Geschäftsführer Justus Westerburg der AZ. "Standorte fallen weg, und gleichzeitig steigt die Nachfrage nach physischen Wertgegenständen, Bargeld, Gold."

Die Beratungsgesellschaft PwC sagte 2021 einen Rückgang des Bankfilialnetzes in Europa bis 2023 um bis zu 40 Prozent voraus. Zuletzt machte in München die Stadtsparkasse mit Schließungen etwa der Niederlassung am Pariser Platz und am Stiglmaierplatz von sich reden (AZ berichtete). Laut Bankenverband sank die Zahl der Privatbank-Filialen in Deutschland von 14.989 im Jahr 2004 auf 6.844 in 2020.

Gold werde gerade auch von jungen Menschen als Anlagemöglichkeit entdeckt, ergab 2021 eine Goldstudie von Reisebank und dem Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule Berlin. Demnach besitzen die Deutschen gut 9.000 Tonnen Gold, ein Anteil von 6,2 Prozent an weltweiten Goldvorräten. 41,7 Prozent der volljährigen Deutschen besitzen Gold in physischer Form.

ID-Karte, PIN, Fingerabdruck: So gut gesichert sind die Tresore in der Brienner Straße

Trisor bietet seinen Kunden einen Zugang zum Schließfach rund um die Uhr sowie einen Concierge-Service von 9 bis 18 Uhr "für das Onboarding der Kunden", also die Einweisung, wie man reinkommt in den Dagobert-Duck-Tresor.

Drei Stationen gibt es, an denen der Kunde sich per ID-Karte identifizieren muss: gleich am Eingang, dann für den Zugang zur Kundenkabine und hier zusätzlich mit PIN, danach noch einmal für die Aushändigung der Kassette, in der sich die eigenen Wertgegenstände befinden – geliefert mittels Roboter, der die Metallregale mit insgesamt 7.200 Kassetten abläuft. Bei der letzten Station wird zusätzlich der Fingerabdruck benötigt.

Justus Westerburg in der Kundenkabine beim Einlesen der ID-Karte.
Justus Westerburg in der Kundenkabine beim Einlesen der ID-Karte. © Martina Scheffler

Ein Wachmann ist immer da, schließlich seien die Kunden "in einer verwundbaren Situation, da ist es immer gut, wenn noch ein Mensch dabei ist" und nicht nur die Technik.

Neben diesem persönlichen Service und der ständigen Erreichbarkeit sei es auch die sichere Kabine, die viele Kunden anspreche, sagt der Geschäftsführer. Hier habe man keinen Zeitdruck und könne alles selbst bedienen, ohne dass einem jemand über die Schulter schaut. Nach 20 Minuten allerdings ertönt ein Alarm – zur Sicherheit der Kunden.

Trisor in München: Ein Jahr wurde gebaut

Der Einbau der Anlage war keine Kleinigkeit. Der Tresorraum besteht aus Stahlbeton mit Fiberglaselementen und ist mit Stahlstäben verstärkt, um Bohrversuche zu stoppen. 120 Tonnen wiegt der Tresor. Ein Jahr wurde in München gebaut, allerdings auch verzögert durch Lockdowns. Architekt Hadi Teherani zeichnete sich für das Design verantwortlich, das "Sicherheit und Leichtigkeit" vermitteln soll.

Die Wertkassetten gibt es in drei Größen: klein, mittel, groß. Für drei, zehn und 20 Kilogramm. Das kleinste Fach ist für eine monatliche Miete von 25 Euro zu haben, das große für 54,90 Euro. Generell seien Bankschließfächer günstiger als Privatanbieter, gibt die Stiftung Warentest an. Ein Vergleich im Test sei aber schwierig, kontert Trisor, schließlich müsse das Fach auch am Wohnort des Kunden verfügbar sein. Die Redaktion von Finanztip rät zudem, bei Schließfächern auf den Versicherungsschutz zu achten, der eventuell erweitert müsse. Bei Trisor ist eine Grundsicherung von 5.000 Euro im Mietpreis inbegriffen – mehr kostet mehr.

Für die eigene Trisor-Software wurden fünf internationale IT-Fachleute eingestellt, die eine Art Schutzwall rund um die Software entwickelt haben, erläutert Westerburg. Mögliche Cyberangriffe, deren Gefahr seit dem russischen Angriff auf die Ukraine gestiegen ist, seien zwar für die Kunden weniger ein Thema, dennoch: "Es trifft jeden", sagt der Geschäftsführer.

Man müsse sicherstellen, dass kein Zugriff auf die Schließfächer möglich werde, auch nicht bei einem Hackerangriff. "Die Anlage läuft ohne Internetzugang."

"Kryptojünger" und Schauspieler unter den Kunden

Wer sind nun die Kunden für das Fort Knox an der Brienner Straße? Viele "Anfänger" seien darunter, sagt Westerburg, etwa Autohändler, die Schlüssel hinterlegen, "Kryptojünger mit Cold Wallets, Schauspieler, Rapstars", aber auch der ältere Herr aus dem noblen Vorort. Geänderte Wohnformen wie Wohngemeinschaften oder kurzfristige Vermietungen der eigenen Immobilie an Touristen trügen zur Nachfrage nach den Schließfächern bei.

Was dann in den Kassetten gelagert wird, erfährt niemand außer dem Kunden. Manche plauderten aber, sagt Justus Westerburg und tut es auch: Wertvolle Sneakers etwa seien wohl in einem der Schließfächer gelandet.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.