Flüchtlinge: „Jetzt sind wir in Sicherheit“

Nach teils monatelanger Flucht kommen diese Menschen in München an. Hier erzählen sie, was sie erlebt haben.
von  Texte & Fotos: N. Kettinger
Flüchtlinge am Hauptbahnhof in München
Flüchtlinge am Hauptbahnhof in München © Natalie Kettinger

München - Am Münchner Hauptbahnhof herrscht am Dienstag Ausnahmezustand: Allein hier kamen nach Angaben der Bundespolizei bis zum Nachmittag rund 1900 Flüchtlinge an. Die AZ war vor Ort und hat mit den Flüchtlingen gesprochen.

„Endlich Hilfe für Großmutter“

Susan (20) ist in der afghanischen Hauptstadt Kabul aufgewachsen – und jetzt mit 25 Familienangehörigen in München gestrandet. Sogar die Oma der jungen Frau ist hier. Alle zusammen sind sie über die Türkei nach Deutschland geflohen: „Zu Fuß, mit dem Bus und mit dem Zug. Die letzten drei Tage haben wir in Budapest auf dem Bahnhof zugebracht. Jetzt sind wir froh in Deutschland zu sein. Die Beine meiner Großmutter schmerzen sehr. Endlich kann ihr geholfen werden.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lesen Sie hier: Ein Danke für die Helfer vom Hauptbahnhof

„Danke für alles, danke!“

Aqiqullah-Sultani (24) und Zarballa-Wakilzada (18) sind Afghanen, ihr Freund Yousif (26) irakischer Kurde. Schon Sonntagnacht haben sie in Budapest Plätze im Zug nach München ergattert. „Das war echt schwer – und in Rosenheim hat uns die Polizei schon wieder rausgeholt. Zum Registrieren. Wir konnten eine Nacht dort schlafen, essen und trinken. Heute früh ging es weiter nach München. Budapest war schrecklich. Aber die Menschen in Deutschland sind toll. Danke für alles, danke!“

 

 

 

 

 

Lesen Sie hier: Flüchtlinge am Hauptbahnhof: Neuer Zug aus Ungarn angekommen

„Unser Kind kam auf der Flucht“

Raul (23), seine Ehefrau Ela (23) und Töchterchen Avesta (40 Tage) sind aus Syrien geflohen – zehn Tage vor der Geburt des kleinen Mädchens. „Unser Kind kam in der Türkei zur Welt“, sagt der junge Vater, dessen Schwester mit den Peschmerga gegen den IS gekämpft hat. „Sie, meine Mutter und zwei Brüder sind bereits in Bad Hersfeld. Da wollen wir jetzt auch hin. Zuhause in Kobane ist kein Leben mehr möglich. Alle Häuser sind zerstört. Wir haben nichts mehr. Alles ist kaputt.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Ich wollte nicht töten“

Ziad (50), seine Schwester Sara (42), Cousin Isam (31) sowie seine Neffen Ali (16) und Oman (13) haben sich vor zwei Monaten im syrischen Homs auf den Weg nach Deutschland gemacht. „Ich war früher Manager und beim Militär“, erzählt Ziad. „Aber ich wollte nicht für Baschars Regierung arbeiten. Das sind Verbrecher. Ich wollte sie nicht unterstützen, nicht töten. Da hat man mich ins Gefängnis geworfen. Ich habe es geschafft zu fliehen. Ich will frei sein und mich endlich wieder wie ein Mensch fühlen.“ Ziads Frau lebt bereits in einer Unterkunft in Starnberg. „Da wollen wir jetzt auch hin. Ganz schnell.“

 

 

 

 

 

„Wir haben nichts mehr"

Nadim (30), Iqrar (28), Qasim (24) und Sahir (24) haben ihre Heimat Pakistan vor drei Monaten verlassen und eine Woche in Budapest auf dem Bahnhof ausgeharrt. „Wir haben in dieser Zeit kaum gegessen oder getrunken und immer nur ein paar Minuten auf dem blanken Boden geschlafen. Zuletzt war auch das kaum noch möglich, weil die Menschen ständig gerufen haben: Deutschland hilf uns! Bitte hilf uns! Wir haben nichts mehr. Kein Geld, keine Kleidung. Aber jetzt sind wir endlich in Sicherheit.“

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