Flüchtlinge in der Funkkaserne - "Alles hochprofessionell"
München - Ein Algerier liegt gefesselt am Boden. Ein Wachmann kniet grinsend daneben. Sein Kollege hat dem wehrlosen Flüchtling triumphierend den Fuß in den Nacken gestellt. Nach den menschenverachtenden Bildern aus einem Asylbewerberheim in Nordrhein-Westfalen ist Kritik daran laut geworden, dass immer mehr Notunterkünfte von privaten Unternehmen geführt werden.
Im Freistaat gibt es diese Konstellation genau ein Mal, und das auch erst seit kurzem: Ende August vergab die Regierung von Oberbayern die Betreuung der 350 Flüchtlinge in der neu in Betrieb genommenen Funkkaserne (Freimann) an eine Tochterfirma der Schweizer ORS Service AG, die ORS Deutschland GmbH. „Bisher läuft dort alles hochprofessionell“, sagt Regierungssprecher Florian Schlämmer. „So etwas wie in NRW“ habe es in Bayern überhaupt noch nicht gegeben.
In der Bayernkaserne werden schon seit längerem private Dienstleister eingesetzt, allerdings nur in einzelnen Bereichen: etwa beim Catering, dem Wach- und Putzdienst. „In der Funkkaserne arbeiten wir erstmals mit einem Anbieter zusammen, der uns diese Dienstleistungen gebündelt zur Verfügung stellt, wobei er auf andere Unternehmen zurückgreift“, erklärt Schlämmer.
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Die ORS ist seit 1991 im „Flüchtlings-Business“. In der Schweiz ist sie nach eigenen Angaben für 35 Einrichtungen und 450 Wohnungen zuständig. In Österreich sind es acht. Ein lukratives Geschäft: Laut Schweizer Medien hat die AG zuletzt einen Jahresumsatz von 70 Millionen Franken erwirtschaftet.
Man habe sich bei der Auswahl des Anbieters von „Qualität, Gesamtkonzept, Qualifikation und Wirtschaftlichkeit“ überzeugen lassen, sagt Florian Schlämmer. Zudem habe der Zeitfaktor eine Rolle gespielt: Nach dem Masernausbruch in der Bayernkaserne brauchte man rasch neue Kapazitäten für ankommende Flüchtlinge. „ORS hat 20 Jahre Erfahrung und konnte schnell mit bewährtem Personal starten.“
Die ORS hat in der Funkkaserne das Unternehmen „Kötter Services" für den Wachdienst engagiert. In der Bayernkaserne ist ein anderer Security-Dienst tätig. Die Regierung habe ein Auge auf sämtliche Security-Mitarbeiter, sagt Florian Schlämmer: „Wir haben für alle Wachdienste einen Kriterienkatalog aufgestellt, lassen uns von jedem Wachdienstleistenden das Führungszeugnis vorlegen und sind in einem engen Austausch mit dem bayerischen Verfassungsschutz – speziell, was den Wachdienst in der Bayernkaserne angeht.“
Ein rechtsradikaler Bewerber sei noch nicht enttarnt worden. Vergangenes Jahr habe man aber einen Sicherheitsmann aus der Bayernkaserne abgezogen, der Flüchtlinge beleidigt hatte. „Unsere Leute sind vor Ort, der Sozialdienst ist vor Ort und wir sind in einem ständigen Austausch mit den Dienstleistern. Wir bekommen schon was mit“, sagt Schlämmer.
Verzichten könne man auf die Security-Leute nicht. „Der Wachdienst ist nicht dazu da, die Asylbewerber einzusperren. Er soll bei Auseinandersetzungen deeskalierend wirken und die Flüchtlinge schützen – zum Beispiel gegen das rechte Milieu.“