Fall Böhringer: Hier schreibt der Verurteilte

In einem Internet-Tagebuch schildert jetzt Benedikt „Bence“ Toth, der als Mörder seiner Tante in der Justizvollzugsanstalt Straubing inhaftiert ist, seine Sicht der Dinge.
Natalie Kettinger |
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Benedikt Toth, aufgenommen in der JVA Straubing. 2009 wurde er von München dorthin verlegt. Hier verbüßen Bayerns schlimmste Schwerverbrecher ihre Strafen.
dpa/ho Benedikt Toth, aufgenommen in der JVA Straubing. 2009 wurde er von München dorthin verlegt. Hier verbüßen Bayerns schlimmste Schwerverbrecher ihre Strafen.

München – Seit neuneinhalb Jahren sitzt Benedikt Toth (40) als Mörder seiner Tante Charlotte Böhringer († 59) im Gefängnis – und beteuert seine Unschuld. Alle juristischen Möglichkeiten, die zu einem anderen Urteil führen könnten, sind ausgeschöpft.

Trotzdem kämpft die Familie des Verurteilten weiter für seine Freilassung, seit kurzem mit Unterstützung des PR-Experten Terry Swartzberg (62). Der US-Amerikaner hilft Benedikt Toth nun dabei, seine Sicht der Dinge in eigenen Worten darzustellen: über einen Blog im Internet. Der Titel: „Ich habe nur noch meine Seele“. 

Am Montag erschien der erste Beitrag im Netz. Benedikt Toth werde „über seinen Alltag im Gefängnis, über seinen verzweifelten Kampf um ein gerechtes Verfahren, über seine Erinnerungen an sein schönes Leben vor der ungerechten Verurteilung, über die Freuden und Ärgernisse in der Justizvollzugsanstalt Straubing berichten“, kündigt Terry Swartzberg im Vorwort an – und tatsächlich beginnt das Online-Tagebuch mit einem unschönen Erlebnis.

 

Gankörperkontrolle im Knast

 

Toth beschreibt, wie er nach einem Besuch seines Bruders Mate und des PR-Experten bei der Rückkehr in den Zellentrakt nach Drogen durchsucht wurde.

„Es war ein wunderschöner, sonniger Freitagvormittag“, schreibt er. Allerdings hätten die Häftlinge unter der milchglasbeschlagenen Dachluke das milde Herbstwetter nur erahnen können. Auch der Name des Drogenhundes, der auf sie wartete, blieb den Gefangenen verborgen – „Datenschutz“, mutmaßt Toth. „Mir geschah diese Drogenrazzia zum ersten Mal, und sicher könnte man an Zufall glauben“, fährt er fort. Allerdings sei er vom Hundeführer „zum Strippen aufgefordert“ worden, „ohne dass der Hund anders als bei den übrigen reagiert hätte“.

Lesen Sie hier: Parkhaus-Mord: Benedikt T. fordert Entschädigung!

Benedikt Toth vermutet, dass die Leibesvisitation mit der Visite seines umtriebigen PR-Beraters zusammengehangen hat: „Immerhin war Terry gerade zu Besuch“, schreibt er „und ein Besuchererlaubnisauschließender Grund wäre für die Anstalt ein Zuckerl. Selbstständig denkende Menschen, die auch noch hoheitliche Versionen hinterfragen, sind hier mehr als ungern gesehen.“

Freien Zugang zum Internet haben die Insassen bayerischer Gefängnisse nicht. Benedikt Toths Texte gelangen deshalb auf beinahe herkömmlichem Weg ins Internet: Er schreibt Briefe an Terry Swartzberg, der seit 30 Jahren in München lebt und die Initiative „Stolpersteine für München“ leitet. Swartzberg stellt die Tagebuch-Einträge dann ins Internet.

 

Ist er wirklich der Mörder?

 

Die Millionärswitwe Charlotte Böhringer war am 15. Mai 2006 im Luxus-Penthouse über ihrem Parkhaus in der Baaderstraße mit 24 Schlägen auf den Kopf getötet worden.

Nur drei Tage später präsentierte die Mordkommission einen Tatverdächtigen: den Lieblingsneffen der Toten, Benedikt, genannt „Bence“ Toth.

Lesen Sie hier: Benedikt Toth: "Ich bin kein Mörder"

Nach einem umstrittenen Indizienprozess, der 93 Tage gedauert hatte, verurteilte das Landgericht München I den Angeklagten am 12. August 2008 wegen Mordes zu lebenslanger Haft und stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Die durchschnittliche Haftdauer unter diesen Voraussetzungen liegt in Deutschland bei 23 bis 25 Jahren – und in Bayern noch höher.

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