Fahrgast kritisiert MVG-Vorgehen bei U6-Zwischenfall in München: "Frechheit"
München – Nach dem Champions-League-Spiel des FC Bayern gegen Dinamo Zagreb ist es zu einem größeren Zwischenfall gekommen: Eine U-Bahn der Linie 6, auf dem Weg von der Allianz Arena in Richtung Innenstadt, kam in der Nacht auf Mittwoch plötzlich zum Stehen. Da einige Fahrgäste den Zug verließen und sich auf die Gleise begaben, war der U-Bahn-Verkehr eineinhalb Stunden lahmgelegt.
MVG meldet sich nach Zwischenfall: "Das ist lebensgefährlich"
Grund für das plötzliche Stehenbleiben der U-Bahn sei eine Türstörung an einem Zug Richtung Innenstadt, der am Bahnhof in Freimann stand, teilte die MVG am Mittwochvormittag mit. "Wie bei dichtem Takt im Veranstaltungsverkehr üblich, befand sich bereits ein weiterer Zug in Anfahrt zum Bahnhof Freimann und kam auf freier Strecke zum Stehen", heißt es.
Während der Störungsbehebung sollen Fahrgäste nach einigen Minuten begonnen haben, im stehengebliebenen Zug zu rauchen und sich auf das Gleis begeben haben. "Daraufhin musste die MVG-Leitstelle den U-Bahnbetrieb aus Sicherheitsgründen einstellen und den Strom in diesem Bereich so lange abschalten, bis nach ca. 1,5 Stunden sichergestellt war, dass sich keine Personen mehr in dem Bereich befanden", so die MVG. Der Zug auf freier Strecke sei evakuiert worden und die Fahrgäste wurden "sicher außerhalb des Gleisbereichs gebracht".
In der Pressemeldung bittet die MVG die betroffenen Gäste um Entschuldigung und appelliert an alle, "sich niemals im laufenden Betrieb in den Gleisbereich zu begeben". Dies sei lebensgefährlich.
Zeuge meldet sich nach MVG-Statement: "Eine Frechheit"
Thorsten Klein saß während des U-Bahn-Zwischenfalls in dem Zug, der stehen blieb, und erzählt der AZ: "Ich finde es eine Frechheit, was die MVG da sagt." Etwa 100 Meter vor Freimann sei der Zug auf freier Strecke stehen geblieben. Daraufhin habe es eine Durchsage auf Deutsch gegeben – "die Sprache spielt gleich noch eine Rolle", sagt Klein am Telefon.
In der Durchsage sei mitgeteilt worden, dass es sich um einen außerplanmäßigen Halt handle und die Fahrt in Kürze weitergehe. Die U-Bahn habe 20 Minuten gestanden, ehe eine zweite Durchsage kam, diesmal auf Kroatisch. Fünf Minuten später eine zweite kroatische Durchsage, "mit energischerer Aussprache", wie es Klein beschreibt. Diese zweite Durchsage habe große Unsicherheit unter den Mitreisenden ausgelöst, die mit jeder Minute größer geworden sei, ebenso der Unmut. Die MVG erklärte gegenüber der AZ, dass Durchsagen in Fremdsprachen durchaus sinnvoll sein können, wenn der Großteil der Fahrgäste fremdsprachig und der Fahrer der Sprache mächtig ist. Zu den konkreten Durchsagen konnte die MVG zuletzt noch keine Erkenntnisse teilen.
"Der Zug war proppenvoll", sagt Klein. Das Fußballspiel des FC Bayern sei schließlich ausverkauft gewesen. "Plötzlich gingen das Licht und die Klimaanlage aus, innerhalb einer Minute waren die Scheiben beschlagen und es wurde stickig", beschreibt Klein die Geschehnisse im Zug. Klein setzte um kurz vor halb eins einen Notruf bei der Polizei ab, mit der Befürchtung, es würde gleich Panik ausbrechen.
Etwa 40 Minuten, nachdem der Zug zum Stehen gekommen war, entriegelte jemand eine Tür, um frische Luft in den Zug zu lassen, teilte die Polizei mit. Thorsten Klein selbst stieg mit einigen weiteren aus. Er habe die Polizei gebeten, die MVG dazu aufzufordern, die Fahrgäste zu informieren, da die MVG-Hotline nicht erreichbar war. Kurz darauf wurden weitere Türen von den Fahrgästen entriegelt.

Die fehlenden Informationen seitens der MVG seien für die Blockade der Strecke verantwortlich gewesen, so Klein. Niemand habe gewusst, was los war oder wie sie sich zu verhalten haben. "Hätte die Durchsage auf Deutsch gesagt, warum der Strom abgeschaltet wurde, wäre es nicht so weit gekommen", so Klein zur AZ. Die Luft in dem Waggon sei "zum Schneiden" gewesen. "Ich halte das für hochgradig gefährlich", sagt Klein, der selbst im Bereich der Krisenkommunikation tätig ist. Doch die MVG gibt Entwarnung: Die U-Bahn sei nicht hermetisch abgeriegelt bzw. luftdicht abgeschlossen. Daher sei die Sauerstoffzufuhr immer gewährleistet – auch, wenn die Lüftung außer Betrieb ist.
Klein und mehrere Hundert Mitreisende seien "durch die Büsche" ins Freie auf die Straße geklettert. Zwar sei "irgendwann die Polizei da gewesen", jedoch habe es keine Informationen über SEV-Busse oder ähnliches gegeben. Auch Uber oder Taxis seien ausgelastet gewesen, sodass die Fußballfans zu Fuß zurück Richtung Stadt gelaufen sind.
Erstmeldung:
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist der Bahnverkehr auf der U-Bahnlinie 6 für eineinhalb Stunden unterbrochen worden. Wie die Polizei am Mittwochmorgen mitteilte, blieb gegen 00.20 Uhr ein Zug zwischen den Haltestellen Freimann und Kieferngarten verkehrsbedingt stehen. Einige Fahrgäste begannen in der stehenden Bahn zu rauchen und schließlich öffneten bislang unbekannte Personen durch die Deaktivierung der Notverriegelung die Zugtüren.
Mehrere Fahrgäste verließen daraufhin den Zug und liefen über die Gleise. Die U-Bahn konnte nicht weiterfahren, da der Fahrer nicht ausschließen konnte, dass sich die Menschen auf den Schienen befinden. Der Fahrstrom wurde im gesamten Bereich abgeschaltet.
Polizei ermittelt wegen "Missbrauch von Nothilfeeinrichtungen"
Mehrere Streifen der Polizei sowie die Feuerwehr waren im Einsatz. Vor Ort konnten mehrere Personen auf den Gleisen angetroffen werden. Sie wurden sicher zur nächstgelegenen Haltestelle Studentenstadt begleitet, ebenso die Fahrgäste, die noch in der U-Bahn waren. Der Bahnverkehr musste für etwa 1,5 Stunden gesperrt werden.
Die Münchner Polizei ermittelt wegen des Missbrauchs von Nothilfeeinrichtungen.