Ex-Knast Am Neudeck: Leerstand seit Jahren!
München - Vor einigen Monaten hat sich ein Mann in den ehemaligen Frauenknast Am Neudeck eingesperrt. Der 42-Jährige hatte beim Spazierengehen eine offene Seitentür bemerkt und neugierig das leerstehende Gefängnis betreten. Dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Und innen hatte sie keinen Griff. Weil die Rettungskräfte nicht an einen Schlüssel kamen, musste der Mann über einen Lüftungsschacht befreit werden.
Eine kuriose Geschichte. Und so ziemlich das Einzige, was in den vergangenen Jahren in der ehemaligen Justizvollzugsanstalt Am Neudeck passiert ist. Denn der aktuelle Eigentümer der alten JVA hat bisher nichts aus dem Ex-Knast gemacht. Das Gebäude steht leer. Das ärgert viele, vor allem aber die Macher von „Biss“. Der Verein Bürger in sozialen Schwierigkeiten wollte die Immobilie vor Jahren kaufen, hatte bereits ein Konzept dafür und Geld gesammelt. Dann platzte der Deal. Jetzt kann man dem Gebäude beim Altern zuschauen. Bereits zehn Jahre ist es her, dass „Biss“ Interesse an dem alten Gefängnis in der Au zeigte. Im Jahr 2009 verließen die letzten Insassen die JVA. Und bei „Biss“ hatte man einen Plan für die künftige Nutzung des Gebäudes entworfen: Ein Hotel, in dem 40 junge Menschen in sozialen Schwierigkeiten eine Ausbildung machen können und so fit für den Arbeitsmarkt werden.
Planerisch sei das Hotel fertig entwickelt gewesen, heißt es in einem Artikel der Zeitschrift „Biss“. Auch das Geld habe man schon beisammen gehabt: Die Bayerische Landesstiftung und der Münchner Stadtrat haben Fördermittel zugesagt, Privatleute gaben Millionen an Spenden und Darlehenszusagen und eine Bank trug die Gesamtfinanzierung. 1,6 Millionen bot „Biss“ für die Immobilie, insgesamt 18 Millionen waren für das Projekt vorgesehen. Sogar einen genehmigten Bauvorbescheid habe es schon gegeben. Und nicht nur Lokalpolitiker, sondern auch der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein seien von dem Projekt.
Doch im Haushaltsausschuss des Landtags entschied sich eine Mehrheit von CSU und FDP gegen das Gebot von „Biss“. Mitte 2011 wurde das Gebäude stattdessen an einen Investor verkauft: die Neudeck GmbH, einem Zusammenschluss der Unternehmensgruppe Engelhardt und der Firma FirstSingleApartments.
Exklusive Appartements für Studenten – aber wann?
Deren Plan: In dem früheren Frauen- und Jugendgefängnis sollen „230 denkmalgeschützte, exklusive, hochwertig möblierte Sutdentenappartements mit Tiefgarage“ entstehen, inklusive Concierge und Fitnessbereich. Die Immobilie dafür hat sich der Investor Berichten zufolge 16 Millionen Euro kosten lassen. Ob das stimmt, will beim Investor niemand sagen. Es gebe eine Verschwiegenheitserklärung mit der Staatsregierung.
Heute wohnt noch kein Student in dem Ex-Knast – der Umbau hat noch nicht mal begonnen. Knapp viereinhalb Jahre nach dem Kauf hat der Investor noch nichts mit seiner außergewöhnlichen Immobilie in Top-Lage angestellt. Deshalb hat „Biss“ nun nachgefragt. Eine Sprecherin des Investors verweist auf Schwierigkeiten mit dem Denkmalschutz und darauf, dass die Vermarktung noch nicht abgeschlossen sein. Man rechne mit einem Baubeginn nicht vor Mitte 2015.
Ein weiteres Problem für den Investor ist der Nachbar des Gefängnisses, das Landratsamt. Dort klagt man nämlich gegen den positiven Bauvorbescheid. Angeblich geht es darum, dass der Neubau zu wuchtig werden und zu viel Schatten auf einige Büros im Amt werfen könnte. Offiziell ist von Abstandsflächen die Rede. Die Verhandlung am Verwaltungsgericht ist für den 5. Dezember angesetzt. Derweil wächst der Ärger bei über den Leerstand. „Die arroganten Ignoranten“ von der CSU habe nicht interessiert, was das „Hotel Biss“ für ein „Jahrhundertprojekt gewesen wäre“. Jetzt rede man sich raus, sage, es sei Sache des Käufers, wie er sein Grundstück nutzt. Man habe bei den Landesbehörden immer wieder nachgefragt und um Informationen gebeten, die aus Gründen des Käuferschutzes verwehrt worden seien.
Jetzt gibt es sogar schon das Gerücht, das Gefängnis sei nochmals weiterverkauft worden. Der Investor widerspricht. Außerdem heißt es von der Neudeck GmbH: Die Verzögerungen seien in der Planung einkalkuliert gewesen.
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