Ex-Bürgermeister Manuel Pretzl plötzlich wieder Museumsdirektor
München - Die Umzugskisten aus dem Bürgermeisterbüro im Rathaus stehen noch unausgepackt dort. Im neuen alten Büro, das bis auf ein paar Figuren und Gemälde an der Wand, die von der Jagd erzählen, noch recht kahl wirkt.
Am Schreibtisch sitzt Manuel Pretzl wieder in seiner alten Funktion: als Museumsdirektor des Jagd- und Fischereimuseums. Zu dem Zeitpunkt, als die Grünen und die SPD bekanntgegeben haben, dass sie ein Rathaus-Bündnis bilden würden, war Manuel Pretzl gleichzeitig klar, dass seine CSU nicht nur die Position in der Stadtregierung aufgeben muss. Sondern auch, dass Pretzls Amt als Zweiter Bürgermeister vorbei sein würde.
Corona-Krise: Pretzl hat als Museumsdirektor viel zu tun
Spricht man ihn darauf an, gibt Pretzl sich professionell gefasst, spricht davon, dass es eben zum politischen Leben dazugehöre. "Trotzdem geht uns jetzt natürlich die politische Mitwirkung ab, die wir in der Stadtregierung hatten", sagt Pretzl. Und dann erzählt er mit etwas wehmütigerem Blick, dass ihm der Abschied vom Team im Bürgermeisterbüro am schwersten gefallen sei.
Das bestätigen auch Stimmen aus der Partei. Er wäre schon noch sehr gerne Zweiter Bürgermeister geblieben, heißt es da zum Beispiel von einem, der mit Pretzl sehr vertraut ist.

Pretzl ist jetzt wieder in der Rolle, in der er vor November 2018 noch war, bevor er zum neuen Zweiten Bürgermeister und somit zum Nachfolger von Josef Schmid gewählt wurde. Er ist jetzt wieder CSU-Fraktionschef und Museumsdirektor. Letztere Rolle hat ihn schon vom ersten Tag an, seit dem 4. Mai, voll gefordert. Schließlich gibt es im Jagd- und Fischereimuseum zu Corona-Zeiten aktuell viel zu tun. Pretzl bereitet gerade mit seinen Kollegen die Wiedereröffnung des Museums in ein paar Wochen vor.
"Die finanziellen Auswirkungen für das Museum in Folge von Corona sind enorm", sagt Pretzl. Schließlich bedeuten keine Besucher auch keine Einnahmen. Denn das Eintrittsgeld sei ein essenzieller Bestandteil der Einnahmen des Museums. Erschwerend kommt hinzu, dass das Museum als Stiftung keinen Defizitausgleich bekommt.
Momentan führe Pretzl "intensive Gespräche", die bald finanzielle Hilfe verschaffen sollen. Ins Detail möchte er öffentlich nicht gehen. Immerhin: Von den zwei Vollzeitkräften musste niemand in Kurzarbeit gehen.
Kommunalreferentin Frank: "Fischerei ist seine persönliche Passion"
Dass er seinen alten Museumsdirektor-Job mit genauso großem Einsatz, "voller Elan und Leidenschaft" ausüben würde wie den des Zweiten Bürgermeisters, daran zweifelt seine CSU-Rathauskollegin Kristina Frank kein bisschen.
"Die Jagd und die Fischerei sind schließlich auch seine persönliche Passion", sagt Frank, die nach der verlorenen OB-Stichwahl gegen Dieter Reiter Kommunalreferentin bleibt.

Vor allem mit der Fischerei beschäftigt sich Manuel Pretzl schon seit seiner Kindheit. "Schon im Kindergarten habe ich einmal bei einem Ausflug an die Isar einen Fisch mit einer zur Angelschnur umfunktionierten Drachenschnur gefangen – zur großen Überraschung der Kindergärtnerin", erzählt Pretzl. Den Jagdschein hat er seit 2001. Seine Hobbys könne er aktuell wegen der Corona-Einschränkungen so ausgiebig ausführen, "wie seit Studienzeiten nicht mehr", sagt Pretzl. Die Abende verbringt er aktuell mehr als sonst, statt im Anzug auf offiziellen Empfängen, ganz entspannt mit seinem achtjährigen Sohn an der Amper oder der Isar beim Fischen.
Was gefangen wurde, kommt bei dem CSUler dann frisch von der Angel in die Pfanne. Denn auch für eine weitere Leidenschaft hat Manuel Pretzl jetzt wieder mehr Zeit: für das Kochen.
Im Fraktionschef-Büro arbeitet Pretzl an Oppositionsplänen
Während er im Museum schon Ideen für die nächste große Sonderausstellung zum Thema Fischerei entwickelt – dafür ist Pretzl aktuell mit einem Forscher aus Rostock in Gespräch – feilt er, sobald er in seinem Fraktionschef-Büro im Rathaus sitzt, an Plänen für die anstehende Oppositionsarbeit.
Dass Pretzl darauf Lust hat, habe der CSUler schon am Mittwoch in der ersten inhaltlichen Sitzung des neuen Stadtrats mit seinen Redebeiträgen gezeigt, findet Kristina Frank. Ihr Kollege Pretzl, das sei einer, der sich auf Inhalte für seine Stadt konzentriere. Einer, der persönliche Eitelkeiten schnell hinter sich lasse.
Dass er jetzt die Oppositionsarbeit intensiv anpacken möchte, davon erzählt Pretzl auch im Gespräch mit der AZ. "Die Lust dazu ist auf jeden Fall vorhanden", sagt er. Sobald die Situation es wieder erlaube, werde er sich mit den CSU-Fraktionskollegen, von denen immerhin etwa die Hälfte neu ist, zu einer Klausurtagung zusammensetzen. "Ich will keine Opposition um der Oppositions Willen", sagt Pretzl. Es gehe ihm darum, Dinge weiter kritisch zu begleiten und alles Mögliche dafür zu tun, diese umzusetzen. Er denkt da etwa an das U-Bahn- und Schulausbauprogramm.
CSU in Opposition: "Da werden wir auch eine gewichtige Rolle spielen"
Aus der Partei erzählt man, dass es freilich wehtut, welch einen völlig neuen Kurs Grün-Rot einlege. "Da wurden demonstrativ Entscheidungen zurückgenommen, die die SPD mit der CSU noch getroffen hat", sagt einer von der CSU.

Und auch bei Pretzl schwingt noch ein großes Stück Kritik – und sicherlich auch Enttäuschung – mit. Darüber etwa, dass die Sondierungsgespräche mit den Grünen schon nach einer Runde vorbei waren. "Eine zweite Runde hätte ich schon für seriös gehalten", sagt Pretzl. Immerhin, sagt er weiter, sei seine CSU jetzt mit Abstand die größte Fraktion in der Opposition. Er kündigt an: "Da werden wir auch eine gewichtige Rolle spielen."
Er führt auf den Balkon des Jagd- und Fischereimuseums, von dem aus man wunderbar das Treiben auf der Kaufingerstraße beobachten kann. Das Rathaus ist nur ein paar Gehminuten von hier entfernt. "Auch ein Vorteil", sagt Pretzl. Der Ex-Bürgermeister, der in diesen Wochen so viel Zuversicht ausstrahlen will. Aber offenbar auch ganz schön wehmütig ist.
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