Münchner Gourmet-Gärtner: An ihm kommt mittlerweile kein Sternekoch mehr vorbei

Jeder Sternekoch kennt Johannes Schwarz. Die AZ hat den Gärtner in Johanneskirchen besucht und erfahren, dass fast alles schmeckt, was aus der Erde kommt.
Ruth Frömmer
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Johannes Schwarz vor ein paar Wochen in seinem Gewächshaus in Johanneskirchen. Inzwischen sind die Tomatenpflanzen schon ein ganzes Stück die Schnur hinauf geklettert.
Sigi Müller 7 Johannes Schwarz vor ein paar Wochen in seinem Gewächshaus in Johanneskirchen. Inzwischen sind die Tomatenpflanzen schon ein ganzes Stück die Schnur hinauf geklettert.
So ein wildes Stiefmütterchen macht sich auch prächtig auf einem Salat oder einem Dessert.
Sigi Müller 7 So ein wildes Stiefmütterchen macht sich auch prächtig auf einem Salat oder einem Dessert.
Für 3,90 Euro kann man sich im Onlineshop von Kinara so ein Tütchen mit wertvollem Saatgut kaufen.
Sigi Müller 7 Für 3,90 Euro kann man sich im Onlineshop von Kinara so ein Tütchen mit wertvollem Saatgut kaufen.
Auch Bronzefenchel lässt sich für verschiedene Gerichte in der Sterneküche einsetzen.
Sigi Müller 7 Auch Bronzefenchel lässt sich für verschiedene Gerichte in der Sterneküche einsetzen.
Aus diesen Goldforellen-Köpfen gewinnt Schwarz Saatgut.
Sigi Müller 7 Aus diesen Goldforellen-Köpfen gewinnt Schwarz Saatgut.
Oxalis, auch Sauerklee genannt, sieht nicht nur hübsch aus, sondern enthält auch viel Vitamin C und schmeckt leicht scharf nach Zitrone.
Sigi Müller 7 Oxalis, auch Sauerklee genannt, sieht nicht nur hübsch aus, sondern enthält auch viel Vitamin C und schmeckt leicht scharf nach Zitrone.
Der gewöhnliche Reiherschnabel erinnert im Geschmack an Petersilie.
Sigi Müller 7 Der gewöhnliche Reiherschnabel erinnert im Geschmack an Petersilie.

Johanneskirchen - Tomate mit Basilikum ist eine schöne Sache. "Aber es gibt noch so viel mehr", sagt Johannes Schwarz. Und er muss es wissen, denn seine Spezialität sind besondere Kräuter, essbare Blumen, verschiedenste Kresse, seltene Tomatensorten und ausgefallene Chilis.

Statt Basilikum empfiehlt er Tagetes, auch Studentenblume genannt, zur Tomate. Ihre Blätter schmecken zitrus-artig und sogar die orangefarbenen Blüten sind essbar. An dem Gärtner kommt seit ein paar Jahren kein Sternekoch der Stadt mehr vorbei. Das Tantris, die Schreiberei und viele mehr, auch ganz normale Landgasthäuser, arbeiten mit den Produkten seiner Gärtnerei Kinara.

Hans Haas vom Tantris wurde der erste Kunde von Schwarz

Schon als Kind hat Schwarz im Garten seiner Eltern im oberpfälzischen Schwandorf gerne in der Erde gewühlt, Radieserl gesät, Kohlrabi und Blumenkohl angebaut. Nach dem Abitur schrieb er sich dann für ein Studium der physikalischen Technik ein. Das gab er aber nach zwei Semestern wieder auf und sattelte auf Gartenbau um. Eine Weile arbeitete er dann am Hopfenforschungsinstitut in Weihenstephan.

Dort begann er, auf einem Feld Artischocken anzubauen. Da ihn damals keiner kannte, rief er einfach mal im Tantris an. Der damalige Koch Hans Haas wurde neugierig und schließlich sein erster Kunde. Martin Fauster vom Königshof und Tohru Nakamura, damals noch im Werneckhof, und viele weitere zogen bald nach.

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Schwarz und seine Mitarbeiter beliefern Münchens Spitzengastronomie ganzjährig mit Kräuterschalen

Heute baut Schwarz die Artischocken nur noch für den Eigenbedarf an. Dafür ist die Fläche seiner jetzigen Gärtnerei Kinara in Johanneskirchen nicht groß genug. Anrufen muss er niemanden mehr. Die Gastronomen kennen ihn alle.

Das ganze Jahr über beliefern Schwarz und seine fünf Mitarbeiter die Spitzengastronomie mit Kräuterschalen, die er in seinen Gewächshäusern anbaut. Dabei fällt keinerlei Abfall an. Wenn die Köche die Kressen und Kräuter aufgebraucht haben, geben sie ihm die leeren Schalen wieder zurück.

Was man mit Erbsenkresse, Blutampfer, Koriander, Shiso, japanischer Steinpetersilie und den vielen anderen wohlschmeckenden Kräutern in der Küche anstellen kann, weiß Schwarz genau. "Ich bekomme viel Input von den Köchen. Aber auch ich mache ihnen Vorschläge." Es ist ein stetes Geben und Nehmen. Und das ein oder andere Gericht bleibt dem Gärtner ganz besonders im Gedächtnis. "Jan Hartwig hat zum Beispiel einmal eine Taube mit Amaranth gekocht", erinnert sich Schwarz.

Oxalis, auch Sauerklee genannt, sieht nicht nur hübsch aus, sondern enthält auch viel Vitamin C und schmeckt leicht scharf nach Zitrone.
Oxalis, auch Sauerklee genannt, sieht nicht nur hübsch aus, sondern enthält auch viel Vitamin C und schmeckt leicht scharf nach Zitrone. © Sigi Müller

Schwarz gibt auch Kochtipps auf Youtube

Und weil der Gärtner selbst gerne kocht und sein Wissen weitergibt, betreibt er einen Youtube-Kanal mit Kochtipps aus dem Garten. Unter "Kinara. The Garden Table" zeigt er zusammen mit dem Koch Tim Meier, wie man Tomaten mit Tagetes unterstreicht, grüne Gazpacho kocht oder griechischen Salat auf bayerische Art zubereitet.

Allein der Rundgang durch die Gewächshäuser mit Johannes Schwarz macht Lust aufs Kochen. Während uns ein paar Frösche in der Umgebung ein Konzert quaken, probieren wir die Vogelmiere; eigentlich ein Unkraut, das aber sehr fein nach jungem Mais schmeckt. Von der Süßdolde kann man Blüten und Blatt essen. Vom Amaranth kennen viele nur die Samen aus dem Müsli. Dabei blüht er wunderschön rot und auch die Blätter sind essbar. Oxalis ist auch bekannt als Sauerklee und schmeckt leicht scharf nach Zitrone.

Im Freien steht Bronzefenchel, ein paar Meter weiter violetter Shiso. Die Blätter schmecken ganz besonders aromatisch, irgendwo zwischen Koriander, Zimt und Anis.

Auch Bronzefenchel lässt sich für verschiedene Gerichte in der Sterneküche einsetzen.
Auch Bronzefenchel lässt sich für verschiedene Gerichte in der Sterneküche einsetzen. © Sigi Müller

"Ich habe in meinem Leben bestimmt schon 800 Sorten Tomaten probiert"

Für Nicht-Gastronomen ist die Gärtnerei nur einmal im Jahr geöffnet. Im Frühling konnten sich Hobby-Gärtner bei Kinara mit Jungpflanzen eindecken. Auch hier liegt der Fokus auf seltenen oder alten Sorten Tomaten, Chilis, Salat und mehr. Jetzt ist es an der Zeit, die Tomaten und Chilis für die Gastronomie groß, klein, rund oder länglich zu ziehen.

Beim AZ-Besuch konnten wir uns leider nur erzählen lassen, was für tolle Sorten dem Gewächshaus ab Ende Juli ein paar dicke, duftende Farbtupfer verpassen. "Ich habe in meinem Leben bestimmt schon 800 Sorten Tomaten probiert", erzählt Schwarz. Die 45 Bestschmeckenden baut er an. Die Sorten haben Namen wie sibirisches Birnchen, Goldita oder Ruthje und unterscheiden sich in Aussehen und Geschmack. Heuer kommen 15 neue Sorten dazu.

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Schwarz baut eine Salatsorte an, die kurz vorm Aussterben ist

Über seinen Online-Shop verschickt er das Saatgut an Tomatenfans in ganz Deutschland. Ebenso das für Chilis. In seinem Gewächshaus wachsen 13 verschiedene Sorten aus Peru, Bolivien oder Brasilien, darunter Bolivian Rainbow, Pimientos de Padron, rotes Teufele und die besonders scharfen Habaneros.

In einer Ecke im Gewächshaus stehen ein paar besonders schöne, rot gesprenkelte Salatköpfe. "Diese Sorte heißt Goldforelle. Sie ist kurz vor dem Aussterben", erzählt Schwarz. Er baut sie an, um ihr Saatgut weiter zu vermehren. Ebenfalls im Shop: seltene Karotten wie Ochsenherz, aber auch Physalis, Rote Beten und mexikanische Minigurken.

Aus diesen Goldforellen-Köpfen gewinnt Schwarz Saatgut.
Aus diesen Goldforellen-Köpfen gewinnt Schwarz Saatgut. © Sigi Müller

Wer sich so ein Tütchen Samen für 3,90 Euro kauft, bringt nicht nur frischen Wind in seine Küche, sondern leistet auch einen Beitrag zur Erhaltung der Vielfalt. Denn mit dem Gemüse-Einerlei aus deutschen Supermärkten haben die aromatischen Tomaten, die buttrigen Salate und die vielen bunten Kräuter von Johannes Schwarz wirklich gar nichts zu tun.


www.kinara-gemuese.de

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  • Sarah-Muc am 22.06.2023 12:47 Uhr / Bewertung:

    Das stimmt, wenn ich mir vorstelle, welche recht geschmacklosen Tomaten man so angeboten bekommt und einen Vergleich anstelle , was es alles an Tomaten gibt. Da schmeckt jede Sorte komplett anders. Was anderes kommt mir nicht mehr auf den Tisch.

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