Gorilla Bar: Ahmet ist für alle da
Neuhausen - Wer in den Nullerjahren gerne im X-Cess war, kann hier sein Deja-Vu erleben. Wenn er oder sie reinkommt am späten Samstagabend, sich durch den Vorhang schlängelt und hineinquetscht in die dicht stehenden, wippenden, ratschenden, feiernden Menschen. "Eigentlich sind wir am Wochenende ein Club", sagt Ahmet Özkan (45), der Wirt der Gorilla Bar, "ein Bar-Club".
Montags, dienstags, mittwochs hingegen: Kontrastprogramm in der alten Boazn mit den Bartischen am Rand, den vielen Stehplätzen – und dem "Kriminelle Bayern abschieben"-Sticker neben dem Tresen. Unter der Woche", sagt Özkan, "ist das hier Dienst am Nachbarn".
Gorilla Bar: Einer der herzlichsten Wirte der Stadt
Özkan dürfte, das ist keine Übertreibung, einer der herzlichsten Wirte der ganzen Stadt sein. Dabei ist der Mann, der donnerstags, freitags, samstags selbst die Bier-Tragerl durch die Menge steuert, Drinks mischt, fast jeden Gast begrüßt, eher zufällig zu seiner Profession gekommen. "Ich stand mit dem Rücken zur Wand", sagt er über das Jahr 2014. "Das hier ist aus der Not geboren." Özkan erzählt, wie er vor 20 Jahren aus NRW nach München kam, erst als Gepäckträger am Bahnhof arbeitete, bei BMW am Band, obdachlos wurde, im Callcenter arbeitete und M-Net-Betriebsrat wurde. Und am Ende: Wirt.
Ein Freund hatte ihm erzählt, dass die kleine Kneipe in der unscheinbaren Neuhauser Hirschbergstraße leerstand. "Wir waren nicht Low-Budget", sagt Ahmet Özkan, damals 40 Jahre alt und grinst. "Wir waren No Budget". Naiv sei man an die Sache rangegangen, habe vieles probiert. Doch es zeigte sich, dass es im ruhigen Neuhausen den Bedarf gibt für eine Bar, bodenständig und ein bisserl subkulturell. Inzwischen kann Özkan langfristig planen. Er hat eine bunt gemischte Stammgästeschaft ("der älteste ist 75!") aus Nachbarn, Studenten, Linken, freundlichen Trinkern. Jeder willkommen? Nicht ganz. "Rassisten und Sexisten schmeiße ich raus."
Plakate, Fotos und Aufkleber erzählen Geschichten
Die Plakate, Fotos, Aufkleber an den Wänden sind keine Zufalls-Flohmarktfunde, sie erzählen Geschichten – oft von Özkan. Der war beim Michael-Jackson-Konzert 1988 am Hockenheimring (Plakat) und kommt aus Siegen (Ortsschild).
Und immer noch verändert sich die Einrichtung ständig. "Man sieht hier das Nervöse", sagt er. Den Zapfhahn hat der Chef dieser Tage abbauen lassen, beim Flaschenbier müssen die Gorillas wenigstens keine Biergläser von Hand spülen.
Geburtstag feiern in der Gorilla Bar: So einfach wie möglich
Renovieren, Deko, Getränke holen: Der Chef macht alles selbst. Und organisiert es mit dem Lastenrad – kein Auto, kein Führerschein. Am Wochenende sind fast immer Geburtstagsfeste an einem langen Stehtisch. "Wir machen es den Leuten so einfach wie möglich", sagt Özkan. So gibt es keinen Mindestumsatz, man kann sein Essen selbst mitbringen. Übrigens auch, wenn man keinen Geburtstag feiert, sondern als normaler Gast.
Wobei: Der normale Gorilla-Gast setzt eh eher auf fröhliche Trinkerei. Die Biere von Hacker (Helles 3,60, Kellerbier 3,80) und Paulaner (Weißbier 3,80, Zwickl 3,60) sind das Standard-Getränk. Özkan legt aber auch viel Wert auf gute Drinks. Ein Pisco Sour kostet 10,50 Euro, ein Whiskey Sour 8,50 Euro, ein Old Fashioned 10,50 Euro.
Auf die Wand projiziert laufen oft Musikvideos aus den 80ern. Überhaupt ist Özkan Popkultur wichtig. Er bastelt lange an den Playlisten für Gorilla-Abende. Und bald auch für Abende in einer zweiten Bar? "Ich will beweisen, dass ich kein One-Hit-Wonder war", sagt Özkan, den alle nur Ahmet rufen. Mit einem Mitarbeiter suche er einen zweiten Standort. Özkan, der spätberufene Wirt, hat noch lange nicht genug. Für Freunde dunkel-gemütlicher Stehbars ist das eine ziemlich gute Nachricht.
Hirschbergstraße 23, Mo bis Do 19 bis 1 Uhr, Fr/Sa 19 bis 2 Uhr
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