Erneut Prozess gegen Zweite Stammstrecke in München

Der Spatenstich ist schon längst erfolgt, seit einem halben Jahr wird bereits für die 2. Stammstrecke gebuddelt. Dabei sind am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) noch sechs Verfahren im östlichen Abschnitt gegen das Vier-Milliarden-Projekt anhängig.
Den Anfang machten am Dienstag sieben Anwohner der Inneren Wiener Straße in Haidhausen, nächste Woche geht es mit der Weißenburger Straße weiter. Allen gemein sind die Sorgen um den Baulärm. Außerdem stellen viele die Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit des Projekts in Frage.
Angst um das Haus und die eigene Existenz
So wie die Klägerin Petra N.. Die 50-Jährige hat sich eine kleine Wohnung an der Inneren Wiener Straße gekauft. Sie fürchtet durch den Bau der 2. Stammstrecke um ihre Zukunft.
Nicht nur der zu erwartende Lärm und Schmutz der Bauarbeiten bewegt sie. Die 50-Jährige hat auch Angst vor den möglichen Erschütterungen und Schäden, die der Betrieb der 2. Stammstrecke – geplanter Betriebsstart ist 2026 – später in ihrer Wohnung oder am Haus verursachen könnte.
Auch mit Blick auf die Kinder Haidhausens, die jahrelang mit einer Baustelle leben müssten, lehnt Petra N. das Projekt ab. Auch Michael F. (77) klagt. Und nennt dafür noch einen anderen Grund: "Ich will eine große Fehlinvestition verhindern." Die Ziele der Bahn ließen sich mit Alternativprojekten wie dem Ausbau des Südrings preiswerter erreichen.

Vor der Verhandlung: Michael F. (77) mit seinen Anwälten. Foto: jot
Ein Stopp der 2. Stammstrecke? Unwahrscheinlich
Ein Streitpunkt: Die Bahn erklärt, dass mit der 2. Stammstrecke die S-Bahn attraktiver wird. "München erstickt am Individualverkehr", sagt Anwalt Steffen Kautz. Die 2. Stammstrecke könne da durch Verkürzung der Fahrzeiten, höhere Kapazität und Ausweichmöglichkeiten im Störfall helfen.
Doch die Kläger sehen das anders. Die meisten Störfälle im Betriebsablauf werden im Außenbereich, nicht auf der Stammstrecke selber verursacht. Das Geld sollte deshalb besser für die Sanierung der Strecken außerhalb eingesetzt werden, argumentiert Kläger-Anwalt Eike Schönefelder. Ein zweites Argument: Da der Tunnel in 40 Metern Tiefe verlaufe, wird das Umsteigen langwierig und damit eher unattraktiv.
Eins ist klar: Für den VGH-Senat wird es ein "sehr komplexes Verfahren". Wann ein Urteil verkündet wird? Noch offen. Schaut man auf das Ergebnis der Klagen von Anwohnern der Abschnitte West und Mitte, können die Haidhausener allenfalls auf stärkere Schutzauflagen bei den Bauarbeiten hoffen. Einen Stopp des Projekts hat noch keine Klage erreicht.
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