Ermordete Katrin Michalk: So trauern ihre Eltern
In der AZ erinnert sich die Mutter der ermordeten Katrin Michalk an ihre geliebte Tochter. Der 19-jährige Täter hat nicht nur das Leben seines Opfers zerstört, sondern auch das der Familie.
Dresden/München - Liebevoll, beinahe zärtlich nimmt sie den hölzernen Bilderrahmen mit dem Foto ihrer Tochter Katrin in die Hände. Simone Michalk setzt sich auf das Bett der 31-Jährigen. Ihre Hände zittern, unter Tränen sagt sie: „Wir haben keine Kraft mehr, wir sind bald am Ende.“
Der Mord an Katrin hat der Sozialpädagogin und ihrem Mann Wilfried (61) jegliche Lebensfreude geraubt: „Er hat unsere Familie zerstört. Katrin kommt nicht mehr zurück.“ Genugtuung, dass der Täter gefasst ist, empfinden sie nicht.
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Marco F. (19) sitzt in Straubing im Bezirkskrankenhaus in der geschlossenen Abteilung. Die Staatsanwaltschaft will ihn wegen heimtückischen Mordes anklagen. Ob der Schüler lebenslänglich im Gefängnis sitzt oder den Rest seiner Tage in der Psychiatrie verbringen wird, muss ein Richter entscheiden.
„Ich habe in meinem Beruf mit Familien zu tun, in denen Gewalt herrscht“, sagt Simone Michalk (54). „Ich hätte nie gedacht, dass es uns einmal treffen würde.“ Mit stockender Stimme berichtet sie vom letzten Besuch ihrer Tochter. Am zweiten Weihnachtsfeiertag kamen Katrin und ihr Freund Alexander aus München ins sächsische Großdubrau bei Bautzen. Simone Michalk geht in Katrins früheres Kinderzimmer. Hier hatten die 31-Jährige und ihr Freund bei ihrem letzten Besuch geschlafen.
Simone Michalk setzt sich aufs Bett und zeigt auf ihrer Kamera einen Schnappschuss. Aufgenommen am 26. Dezember, zehn Tage vor Katrins Tod. Auf dem Foto sitzt sie entspannt auf dem Wohnzimmersofa ihrer Eltern. Es ist die Momentaufnahme einer glücklichen, harmonischen Familie.
Am 30. Dezember sind Katrin und Alex zurück nach München gefahren. Mit Freunden feiern sie Silvester. Nach den Feiertagen geht die 31-Jährige wieder in die Arbeit. Am 4. Januar, ihrem Todestag, verlässt sie abends das Büro. Sie trainiert im Fitness-Studio und fährt dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause. In der Halskestraße lauert der Mörder. Marco F. kennt sein Opfer nicht, hat Katrin nie zuvor gesehen. Er metzelt die Frau mit 18 Stichen nieder.
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„Katrin beherrschte Kickboxen“, erzählt ihr Vater. „Sie konnte sich wehren.“ Seine Tochter hat vermutlich nicht einmal gehört, wie sich ihr Mörder an sie heranschlich. Sie hatte Kopfhörer in den Ohren stecken, hörte Musik.
Die Michalks waren so stolz auf ihre Tochter. „Sie hat Betriebswirtschaft studiert. Sie war sogar an einer Hochschule in Leeuwarden in den Niederlanden. Wir haben uns gefreut, dass beruflich alles geklappt hat. Doch jetzt ist alles nur noch dunkel“, sagt der 61-Jährige. Seine Stimme stockt. Wilfried Michalk kann noch immer nicht begreifen, warum seine Tochter sterben musste. Bei der Vernehmung durch die Polizei behauptete Marco F., er habe die Wohnung der 31-Jährigen gewollt.
Das Apartment wird nun tatsächlich frei. Katrins Freund will ausziehen. „Alexander hält es nicht mehr aus“, sagen die Michalks. „Nun müssen wir gemeinsam die Wohnung ausräumen.“
Was ihnen bleibt, ist die Erinnerung. Die Eltern deuten auf einen schwarzen Hut. „Den hat Katrin im Fasching immer aufgesetzt und Faxen gemacht“, erzählen sie. Ihre Tochter war ein lebenslustiger Mensch, eine Frohnatur. Sie zeigen das Modell der kleinen Ortskirche von Großdubrau. Das hat Katrin Michalk selbst gebastelt, originalgetreu.
Trost gibt den Eltern der Zusammenhalt im Ort, die Anteilnahme der Menschen aus der Nachbarschaft. Gemeinsam versuchen sie, die schlimme Zeit durchzustehen.
Die Erinnerung an Katrin gibt ihnen Kraft. Und wenn sie die Trauer schier zu Boden drückt, dann nehmen sie eines der Fotoalben, sehen sich die Bilder ihrer Tochter an und denken daran, wie sehr sie sie geliebt haben.