„Ein schrecklicher Kurzschluss“ - Freund gesteht Tat

Gleich am ersten Prozesstag hat der ehemalige Lebensgefährte von Aline K. den Mord an der 30-Jährigen gestanden. Sein Anwalt spricht von einer "schrecklichen Kurzschlusshandlung".
Von John Schneider |
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Der Angeklagte Michael P. am Dienstagmorgen im Verhandlungssaal des Münchner Landsgerichts.
dpa Der Angeklagte Michael P. am Dienstagmorgen im Verhandlungssaal des Münchner Landsgerichts.

Mordprozess am Landgericht: Michael P. (30) gesteht, seine Freundin Aline K. erwürgt zu haben. Motiv: Die Frau hatte ein Verhältnis mit einem Kollegen begonnen

München - Der stämmige Mann nestelt an seinen Manschetten herum, krempelt sich dann die Ärmel hoch und präsentiert dem Vorsitzenden Richter Michael Höhne die Schnitte im linken Unterarm. Immer wieder hat sich Michael P. (30) in der U-Haft selber verletzt. Der Security-Mann leidet nach eigenen Angaben an Depressionen und psychotischen Schüben, hat mehrere Selbstmordversuche hinter sich. Und nach Ansicht von Staatsanwalt Laurent Lafleur einen Mord auf dem Gewissen.

Michael P. erwürgte sein Opfer nach einem Streit aus Eifersucht

Michael P. hat am 8. Oktober des vergangenen Jahres seine 30-jährige Lebensgefährtin Aline K. erwürgt. Die Ankläger sehen Eifersucht als Motiv der Tat. Der Wachmann hatte herausgefunden, dass die 30-Jährige ein Verhältnis mit ihrem Arbeitskollegen hatte. Auf Nachfrage antwortet Michael P., dass sie immer wieder von diesem Kollegen sprach oder am Handy mit ihm kommunizierte. Einmal habe er beobachtet wie sei bei einer Grillparty „halb über ihm gelegen“ hatte.

Sie wiegelte immer wieder ab. Und er habe ihr geglaubt. Nicht so am 8. Oktober 2015. Mitten in der Nacht weckte Michael P. seine Freundin und konfrontierte sie mit den Vorwürfen, dass sie ein Verhältnis mit dem Kollegen unterhielt.

Aline K. hatte bereits zuvor mehrfach den Gedanken gehabt, die zwölfjährige Beziehung zu beenden. Michael P. habe für diesen Fall mit Selbstmord gedroht.

Der Angeklagte, der die Tat einräumt, erklärt über seine Anwalt Uwe Paschertz, Aline K. habe ihn in der Tatnacht mit der Bemerkung „das Projekt ist gescheitert“ erniedrigt, zum Objekt degradiert. Das habe eine „schreckliche Kurzschlusshandlung“ zur Folge gehabt.

Paschertz erklärt für seinen Mandanten, dass der 30-Jährige „für diese schreckliche Geschichte Verantwortung“ übernehmen wolle. Auch um den Angehörigen – Vater und Mutter von Aline K. treten in dem Prozess als Nebenkläger auf – den Umgang mit dem Tod ihrer Tochter vielleicht etwas leichter zu machen.

Aber: Paschertz tritt in der Erklärung auch dem Mordvorwurf entgegen. Michael P. sei von der Tat wieder zurückgetreten. Nachdem er sein Opfer gewürgt hatte, sei er zunächst in ein schwarzes Loch gefallen. Als er daraus wieder erwachte, habe er Geräusche wahrgenommen, erst den Hund, dann Lebenszeichen von Aline K., die er daraufhin versuchte, wiederzubeleben.

Doch seine Versuche seien gescheitert. Nach der Tat legte er seine tote Freundin im Kofferraum seines Autos ab, fuhr dann zuerst zu einem Freund. Die Tote ließ er im Auto.

Die Leiche der Frau wurde erst Anfang November 2015 in einem Kellerschacht im Westen von München gefunden. In der Lochhausener Gegend hatte der Angeklagte seine Kindheit verbracht, auf dem überwucherten Grundstück als Kind heimlich geraucht. „Da ist mir eingefallen, dass da eventuell noch dieses Loch sein könnte.“

Lesen Sie hier: Leichenfund im Keller - Es ist Aline K.!

Er habe sich dann selbst vom Handy der Toten eine Nachricht geschrieben, in der es hieß, sie liebe ihn noch, könne aber nicht bei ihm bleiben. So habe er die Tat vertuschen wollen. „Ich bin nach Hause und bin dann mit dem Hund raus.“

Laut Anklage hatte er Aline zuvor massiv überwacht und ihr Handy ausspioniert. Er sei krankhaft eifersüchtig gewesen und habe ihr kein eigenständiges Leben zugestanden. „Aline K. sollte für ihn, den Angeklagten, da sein, oder eben für niemanden“, erklärt Lafleur.

Er habe immer Angst gehabt, sie zu verlieren, sagt der Angeklagte selbst. Noch kurz vor Weihnachten 2014 – weniger als ein Jahr vor dem verhängnisvollen Tag im Oktober 2015 – hätten die beiden über Hochzeit und Kinder gesprochen. Doch Aline K. sei oft „eiskalt“ gewesen. Sie sei ohne ihn ausgegangen und habe gesagt, „sie brauche mehr als nur einen Sozialkontakt“.

„Dann kam sie um halb fünf heulend und besoffen nach Hause und hat gesagt, sie weiß nicht, ob sie mich noch liebt“, schildert er eine Situation. Das klingt dann doch stark nach Rechtfertigung. „Sie sollten mal aus der Position rauskommen, dass Sie hier das Opfer sind“, sagt der Vorsitzende Richter Michael Höhne.

Der Angeklagte: „Ich leide darunter, dass sie nicht mehr da ist“

Michael P. wolle sich bei Alines Eltern entschuldigen und er leide selber darunter, dass sie nicht mehr da sei, erklärt sein Verteidiger. „Er sagt heute noch: seine geliebte Aline.“

Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn eine schwierige Kindheit geschildert, die von der Scheidung seiner Eltern und einem schlechten Verhältnis zu den jüngeren Brüdern geprägt gewesen sei. Schon als Teenager bekam er massive psychische Probleme mit Halluzinationen und Selbstmordgedanken. „Ich bin halt nichts Besonderes, und andere können alles besser als ich.“ Er sei schon seit Jahren depressiv, verletze sich selbst und habe zwei Suizidversuche in der Jugend hinter sich.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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