"Ein bisserl was anders machen": Dieses Bürohaus hat eine besondere Fassade

Viel Müll lässt sich wiederverwerten. Das kann man bald im hippen Werksviertel am Ostbahnhof beobachten. Dort bekommt das Bürohaus "Monaco" eine besondere Fassade.
Irene Kleber |
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Von der Dachterrasse des "Monaco" mit seinen Fassadenschindeln aus Abriss-Plastik wird man auch das Riesenrad im Werksviertel sehen.
Von der Dachterrasse des "Monaco" mit seinen Fassadenschindeln aus Abriss-Plastik wird man auch das Riesenrad im Werksviertel sehen. © MVRDV

München - Wenn ein Gebäude abgerissen wird, sieht man vor allem Beton und Mauerwerk zusammenkrachen. Wie viel Plastik herausgerissen wird, fällt kaum auf. Dabei stecken Unmengen von Kunststoffen in jedem Abrisshaus: PVC-Fensterrahmen, Dämmungen, Rohrleitungen – bis hin zum Abrieb von Farben und Lacken an Fassaden.

Dass so viel Abriss-Plastik "sinnlos in der Müllverbrennung verbrannt" wird, gibt Andreas Wißmeier schon länger zu denken. Und so hat sich der Geschäftsführer der Rock Capital Group mit dem Architekten Sven Thorissen vom Rotterdamer Büro MVRDV entschieden, beim neusten Bauprojekt in München ein ziemlich cooles Novum zu wagen: Das Bürohaus "Monaco", das ab kommendem Sommer im Werksviertel entsteht, bekommt zu zwei Dritteln eine farbige Fassade aus 60.000 recycelten Abriss-Plastikschindeln. Grünlich, grau, auch rötlich werden die schimmern – ein spannender Hingucker.

Auch der zweite Teil der Fassade ist recycelt: Die Klinkersteine werden aus Abriss-Hallen zusammengesammelt.
Auch der zweite Teil der Fassade ist recycelt: Die Klinkersteine werden aus Abriss-Hallen zusammengesammelt. © MVRDV

"Immer nur Glas und Stahl ist doch langweilig"

Auch der Rest der Monaco-Fassade wird aus recycelten Stoffen bestehen: aus rötlichen und braunen Klinkersteinen von Industriehallen aus den 1920er und 1930er Jahren, die bald abgerissen werden. "Immer nur Glas und Stahl ist doch langweilig", sagt Andreas Wißmeier, "wir wollen ein bisserl was anders machen, als die anderen. Zum einen mit Wiederverwertung arbeiten. Zum anderen optisch auf die Historie des Ortes eingehen – und die Industriegeschichte des Werksviertels mit der späteren bunten Welt der Partygänger und Streetartkünstler verbinden".

"Wir wollen ein bisserl was anders machen als andere": Andreas Wißmeier, Geschäftsführer des Projektentwicklers Rock Capital Group.
"Wir wollen ein bisserl was anders machen als andere": Andreas Wißmeier, Geschäftsführer des Projektentwicklers Rock Capital Group. © Rock Capital Group

Von der höchsten Dachterrasse sieht man aufs Riesenrad

Das kleine trapezförmige Monaco-Grundstück (1250 Quadratmeter) an der Helmut-Dietl-Straße 7 klemmt jetzt noch leer zwischen den beiden Bürohochhäusern Atlas (mit der orangen Kugel auf dem Dach) und Highrise One. Mitte 2025 soll es losgehen mit der Baustelle, 2027 soll das Monaco fertig sein.

Nur sieben Stockwerke wird das Gebäude zwischen den beiden Nachbartürmen nach dem Entwurf des Architekten haben. Mit rund 4000 Quadratmeter Bürofläche,  (Dach)terrassen auf allen Stockwerken und Platz für etwa 230 Mitarbeiter. Aus der höchsten Dachterrasse wird man sogar aufs Riesenrad des Werksviertel schauen können.

Ein Hingucker aus jeder Richtung: So wird das kleine Bürohaus "Monaco" im Werksviertel mit seiner Recycle-Fassade aussehen. Es soll bis 2027 an der Helmut-Dietl-Straße fertig werden, zwischen den Hochhäusern Atlas und Highrise One.
Ein Hingucker aus jeder Richtung: So wird das kleine Bürohaus "Monaco" im Werksviertel mit seiner Recycle-Fassade aussehen. Es soll bis 2027 an der Helmut-Dietl-Straße fertig werden, zwischen den Hochhäusern Atlas und Highrise One. © MVRDV

Aus Fensterrahmen, Fallrohren und Regenrinnen werden schicke Schindeln

Woraus genau aber sind die recycelten Plastik-Schindeln? Und wo kommen sie her? Liefern wird sie die niederländische Firma Pretty Plastic – sie presst sie aus geschredderten Abriss-PVC-Fensterrahmen und Dachrinnen.

Welche Farbe jeweils herauskommt, hängt vom verwendeten Material ab. Bekannt geworden waren die Firmengründer, die auch Architekten sind, als sie vor einigen Jahren den Musikpavillon einer Schule mit 9000 bunten Schindeln verkleideten, die sie aus Plastik-Fensterrahmen, Fallrohren und Regenrinnen gefertigt hatten. Zuvor hatten die Einwohner in der Region das Material gesammelt. "Eine tolle Idee", findet Wißmeier, "ich finde, dass man solche Erfindungen unterstützen muss."

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"Wir probieren es aus, dann wissen wir es"

Billiger als etwa eine Holzfassade werden die recycelten Plastikschindeln und historischen Hallenklinker freilich nicht. Eher 15 bis 20 Prozent teurer, schätzt man bei Rock Capital. Wie langlebig und farbecht die Schindeln sein werden, ist auch unklar, Langzeitergebnisse gibt es ja noch nicht. Man werde sich überraschen lassen, sagt Architekt Sven Thorissen, "jede Fassade verändert sich, auch Holz vergraut über die Jahre. Wir probieren es aus, dann wissen wir es."

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3 Kommentare
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  • am 03.11.2024 08:46 Uhr / Bewertung:

    Fassaden aus Sondermüll. Also wenn das nicht mega nachhaltig ist, was dann?

  • AufmerksamerBürger am 30.10.2024 11:02 Uhr / Bewertung:

    Was ist mit Wärmedämmzng und Energieeffizienz?
    Bei den üblichen Stahl-Glaspalastbauten muss man sich schon wirklich fragen, im Winter wie irr Heizen wegen des Wärmeverlustes und im Sommer den aufgeheizten Brutofen runterkühlen.

  • Newi83 am 30.10.2024 21:29 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von AufmerksamerBürger

    Wurde sicher völlig vernachlässigt. Gut das Sie daran gedacht haben.

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