Jusos gegen Alkoholverbot in München: "Wollen den Menschen helfen und sie nicht verdrängen"
München - Diesen Mittwoch treffen sich die Münchner Jusos zu einer Konferenz. Die AZ hat sich die Anträge, die die Jungsozialisten dort besprechen vorab angeschaut. Im Interview erklärt Juso-Chef Benedict Lang, was er gegen Alkoholverbote hat, warum er es richtig findet, Drogen legal auf ihre Sicherheit hin zu testen und weshalb die Jusos ein Kifferzelt auf der Wiesn fordern.
AZ: Herr Lang, seit 2019 gilt am Hauptbahnhof ein Alkoholverbot. Die Polizei ist zufrieden, weil die Zahl der Straftaten zurückgegangen ist. Sie sind gegen das Verbot. Warum?
Benedict Lang: Erstens: Weil aus unserer Sicht nicht klar ist, ob die Straftaten wirklich nicht mehr stattfinden oder bloß nicht am Hauptbahnhof. Und zweitens: Weil ich glaube, dass es nicht das einzige Ziel von sozialdemokratischer Politik sein darf, nur die Straftaten im Blick zu haben. Man muss auch fragen, was mit den Leuten passiert ist, die dort früher Bier getrunken haben. Wo sind die jetzt? Wie geht's ihnen?

Alkoholverbot in München: Dissens innerhalb der SPD
Der Stadtrat hat das Alkoholverbot kürzlich verlängert – mit Stimmen der SPD. Sind Ihnen Ihre Kollegen zu zögerlich?
Wir hatten schon damals, als das Verbot eingeführt wurde, einen Dissens. Nun soll es eine Studie geben, die evaluiert, welche Effekte das Verbot hatte. Die Studie konnte aufgrund von Corona nicht durchgeführt werden und deshalb hat der Stadtrat das Verbot stillschweigend verlängert. Wenn die Studie vorliegt, will der Stadtrat das Verbot noch mal neu diskutieren.
Klingt so, als wollte man das Thema eher auf die lange Bank schieben.
Für mich ist auch ohne Studie relativ eindeutig, dass es Verdrängungseffekte gibt. Die Menschen sind ja nicht einfach weg. Ich weiß nicht, vor wem man Angst hat.
Wie stellen Sie sich den Umgang mit den Menschen vor Ort vor, wenn es kein Verbot mehr gibt?
Wir wollen, dass den Menschen Angebote gemacht werden. Wir wollen, dass die Trinkerstube D3 an der Dachauer Straße ausgebaut wird. Wir wollen, dass es solche Einrichtungen nicht nur für Alkohol gibt, sondern auch für andere Drogen: sprich Drogenkonsumräume. Natürlich hat auch Streetwork eine Bedeutung für uns. Wir wollen den Menschen helfen und sie nicht verdrängen.
Drug-Checking für München gefordert
Sie wollen auch Drug-Checking ermöglichen. Was heißt das?
Es geht zunächst darum, zu akzeptieren, dass Menschen Drogen konsumieren – unabhängig davon, ob es legal ist oder nicht. Dass Drogen verboten sind, führt aber dazu, dass Menschen dem völlig ausgeliefert sind, was sie konsumieren. Beim Drug-Checking kann man Drogen anonym prüfen lassen, ob sie gestreckt sind oder schädliche Stoffe enthalten.
Könnte das nicht junge Menschen dazu ermuntern, Drogen auszuprobieren – weil sie sich sicher fühlen?
Nur weil man eine Drug-Checking-Stelle schafft, werden Jugendliche dort nicht hinpilgern. Das wäre ein Angebot, das vor allem die Menschen erreicht, die darauf angewiesen sind. Allerdings glaube ich, dass so oder so viele junge Menschen mit Drogen experimentieren. Da ist es doch besser, wenn sie das mit sicheren Drogen machen als mit gestrecktem Zeug, das wesentlich schwerere gesundheitliche Folgen hat. Drogen zu kriminalisieren, hat noch nie dazu geführt, dass Leute keine Drogen mehr nehmen.
Kiffen auf der Wiesn: Gibt's bald einen Cannabis-Biergarten?
Die Jusos scheinen ja einen recht laxen Umgang mit Drogen zu haben. Sie fordern auch ein Cannabis-Zelt auf der Wiesn…
Das ist ein mit einem Augenzwinkern formulierter Antrag. Er steht nicht ganz oben auf unserer Prioritätenliste. Dahinter steckt der Gedanke, dass wir grundsätzlich für die Legalisierung von Cannabis sind. Deshalb finden wir, dass auch auf einem Volksfest Leute Cannabis konsumieren können sollen.
In einem extra Zelt?
Da gibt es rechtliche Hürden, weil es ja ein Rauchverbot in Innenräumen gibt. Wir finden aber: Eines der größten Drogen-Festivals findet in München statt – nämlich die Wiesn. Und wenn selbst der Bundeskanzler für die Legalisierung von Cannabis ist, muss dort auch der Cannabis-Konsum möglich sein.
Aber dann lieber im Cannabis-Biergarten?
Zum Beispiel.
- Themen:
- Alkoholverbot
- Marihuana
- München
- Oktoberfest
- Polizei
- SPD