DJ klagt: Aber kein Schadensersatz für fehlerhafte Starthilfe
München - Fehlerhafte Starthilfe? Das Amtsgericht München hat die Klage eines Dießener Discjockeys gegen einen Münchner Nothelfer auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens in Höhe von 2.941,53 Euro sowie Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden abgelehnt.
Nach Starthilfe: Über 3.500 Euro Schaden
Ein Versicherungsgutachter bezifferte den entstandenen Schaden auf 3.500,42 Euro brutto und schloss weitere Schäden nicht aus.
Der Kläger musste am 23. Juli 2016 gegen 16.30 Uhr feststellen, dass die Fahrzeugbatterie seines Hyundai entladen war. Der Kläger - er war als DJ bei einer Hochzeitsfeier engagiert - bat daraufhin Hochzeitsgäste um Starthilfe.
Gefälligkeit wird Hochzeitsgast zum Verhängnis
Der Beklagte erklärte sich schließlich bereit, sein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, wies aber darauf hin, dass er sich mit Starthilfe nicht auskenne.
Der Kläger behauptet, er habe seine Überbrückungskabel korrekt an die Batterie seines Wagens angeschlossen und den Beklagten angewiesen, das rote Kabel an den Pluspol seiner Batterie anzuklemmen, das sei der mit dem Pluszeichen. Dann möge er das mit der schwarzen Klemme an dem Minuspol anbringen, das sei der mit dem Minuszeichen. Der Beklagte habe genickt und die Klemmen ohne Zögern befestigt.
Da kein Stromfluss festzustellen war, habe er sich vergewissert, ob die Verbindung der Klemmen beim Auto des Beklagten noch vorhanden gewesen seien. Dabei habe er dort nach etwa 15 Sekunden eine Rauchentwicklung an einem der Batteriepole bemerkt und den Beklagten aufgefordert, die Klemmen sofort zu entfernen.
Kläger: "Kein menschlich-persönlicher Vorwurf"
Der vom Kläger gerufene Pannendienst habe festgestellt, dass eine Verpolung einen Kurzschluss an seinem Fahrzeug verursacht habe. Die Intervallschaltung des Scheibenwischers, die Klimaanlage und der DVD-Abspieler seien deswegen defekt.
Er sei dem Beklagten für seine Hilfeleistung dankbar, die Klage gründe in der grundlosen Ablehnung seiner Ansprüche durch dessen Haftpflichtversicherer. Ein menschlich-persönlicher Vorwurf sei damit nicht verbunden. Er sei nicht vermögend und habe einen für ihn erheblichen Schaden erlitten.
Der Beklagte erklärte in der Verhandlung: "Ich wurde (…) angesprochen, ob ich ein Auto habe. Ich meinte ja. Er wollte gleich wissen, welches Baujahr, und dann hat er gemeint, er braucht Starthilfe. Ich hab' erstens gemeint, ich stehe weit weg, also ich stand nicht unmittelbar vor der Wirtschaft. Fahren wollte ich selber nicht mehr, weil ich schon das vierte Bier glaube ich hatte. Und daraufhin hat der Herr (…) gesagt, ich soll bitte mal meine Frau fragen, ob sie das Auto herfahren kann. Als ich (…) gefragt habe, ob er nicht einen Gast fragen will, der vor der Wirtschaft parkt, meinte er nein - das Auto sei zu neu. Meine (…) Frau (…) hat das Auto dann vorgefahren."
"Laiengünstige Auslegung und objektiver Empfängerhorizont"
Der Beklagte meint, dass es sich hier um eine Gefälligkeit des täglichen Lebens gehandelt habe, so dass ein Schadensersatzanspruch ausscheide.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München verneinte in ihrem Urteil zunächst vertragliche Ansprüche: "Sollte sich der Vorfall so wie vom Kläger geschildert zugetragen haben, wäre ein Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit bereits aus dem Umstand abzuleiten, dass der Beklagte den Kläger unstreitig ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er sich mit Starthilfe nicht auskenne."
"Bei Starthilfe handelt es sich um einen risikobehafteten Vorgang"
Dies könne aber im Wege einer laiengünstigen Auslegung und nach dem objektiven Empfängerhorizont nur so verstanden werden, dass der Beklagte für etwaige Fehler, die im Rahmen der Starthilfe geschehen könnten, nicht einstehen wollte.
"Die Starthilfe sollte dementsprechend auf eigenes Risiko des Klägers erfolgen. (…) Die vom Beklagten behaupteter Maßen übernommene Geschäftsbesorgung war zudem mit einem verhältnismäßig hohen Schadensrisiko verbunden, stand im ausschließlichen Interesse des Klägers, und brachte dem Beklagten keinen Vorteil."
Bei einer Starthilfe handle es sich "um einen risikobehafteten Vorgang", bei dem in einzelnen Schritten nacheinander die einzelnen Pole in einer bestimmten Reihenfolge angeschlossen werden müssten. "Wenn es dabei zu einer Verwechslung gekommen sein würde, wie der Kläger behauptet, würde kein Verschulden des Beklagten vorliegen, das das gewöhnliche Maß erheblich übersteigen und schlechthin unentschuldbar wäre."
"Nur leichte Fahrlässigkeit des Beklagten"
Zu berücksichtigen sei auch der unstreitige Vortrag des Beklagten, er habe bereits Alkohol konsumiert und dies dem Kläger auch mitgeteilt. Dass sich der Kläger dennoch, wie er behauptet, der Hilfe des Beklagten bedient habe, würde ein deutlich überwiegendes Mitverschulden des Klägers begründen.
Denn auf dessen Drängen hin habe sich der Beklagte zur Starthilfe bereit erklärt. Demnach sei "nur von leichter Fahrlässigkeit des Beklagten auszugehen".
Das Urteil des Amtsgerichts München vom 30. Juli 2020 (Aktenzeichen 182 C 5212/20) ist nach der Rücknahme der Berufung nun rechtskräftig.
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