Dieser Spielplatz in München zeigt, wie alle Spielplätze aussehen sollten

Kinder im Rollstuhl und die, die toben können, sollen zusammen Spaß haben. Das fordern die Grünen. Es gibt in ganz Deutschland Beispiele dafür, dass das klappt.
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Lothar Köppel (l.) plant inklusive Spielplätze. Die Grünen-Stadträte Sebastian Weisenburger und Sofie Langmeier wollen mehr davon in München.
Lothar Köppel (l.) plant inklusive Spielplätze. Die Grünen-Stadträte Sebastian Weisenburger und Sofie Langmeier wollen mehr davon in München. © Daniel Loeper

Giesing - Lothar Köppel ist ein Pionier. Und einer, der sich mit Normen besonders gut auskennt. Denn eine hat er selbst mit erfunden: DIN18034. Das ist die Norm für barrierefreie Spielplätze. Braucht man so was? Ist doch nur für eine Nische, oder? "Das Inklusive müsste eigentlich das Normale sein", sagt Köppel.

Eigentlich ist er Landschaftsarchitekt. Anfang der 80er hat er in Giesing an der Bayerischen Landesschule für Körperbehinderte den ersten behindertengerechten Spielplatz gebaut. "Die Normen, die es heute gibt, orientieren sich an dem Spielplatz", sagt Köppel.

Alle Spieplätze in München sollen für alle sein 

Inzwischen hat er in ganz Deutschland um die 100 inklusive Spielplatze geplant. An diesem Donnerstagvormittag ist Köppel zu dem Spielplatz zurückgekehrt, der hinter der Schule für Körperbehinderte liegt.

Eingeladen haben ihn Sofie Langmeier und Sebastian Weisenburger von der Grünen-Stadtratsfraktion. Denn sie wollen, dass irgendwann alle Spielplätze in München so aussehen, dass dort auch Kinder im Rollstuhl oder mit einer anderen Einschränkung spielen können. Immer, wenn ein Spielplatz neugebaut oder saniert wird, soll er inklusiv werden, beantragen die Grünen. Und Köppel weiß, wie das geht.

Der Sandkasten ist erhöht - wie ein Hochbeet. Auf einer Seite kann ein Rollstuhlfahrer ihn so anfahren, als würde er an einem Tisch sitzen. Gegenüber kann man sich anlehnen. Auch am Boden liegt Sand. Das Klettergerüst hat Sprossen und eine lange Rampe zum Hochfahren, sodass jedes Kind zur Rutsche gelangt. Es gibt Wasserpumpen, Schaukeln, ein Karussell, auf das Rollstühle passen.

Damit die Spielgeräte sowohl von Kindern ohne als auch mit Behinderung genutzt werden können, müssen sie inklusiv geplant werden. Dieser Sandkasten ist wie ein Hochbeet, an das auch Rollstuhlfahrer kommen.
Damit die Spielgeräte sowohl von Kindern ohne als auch mit Behinderung genutzt werden können, müssen sie inklusiv geplant werden. Dieser Sandkasten ist wie ein Hochbeet, an das auch Rollstuhlfahrer kommen. © Daniel Loeper

Ein inklusiver Spielplatz bedeutet nicht, dass jedes Kind auch jedes Spielgerät nutzen kann, erklärt Stadträtin Langmeier. Es heißt, dass es dort grundsätzlich für jedes Kind Spielgeräte gibt. Wer toben kann, soll ein Trampolin oder ein Klettergerüst finden. Wer eher Ruhe braucht und sich nicht so schnell bewegen kann, kann zum Beispiel im Sandkasten spielen - oder auf den Hängematten entspannen. Auf einem inklusiven Spielplatz soll es Elemente geben, die allen Kindern Spaß machen, egal ob sie eine Behinderung haben oder nicht.

Mehr als nur ein paar Spielgeräte auf einer Wiese 

Für Langmeier ist wichtig, dass Spielplätze mit einem Konzept geplant und dass nicht einfach nur ein paar Geräte auf eine Wiese gestellt werden. Auch Schatten durch Sonnensegel und Pflanzen soll es geben.

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Aktion Mensch schätzt: "Fast 80 Prozent der Spielplätze in Deutschland sind nicht so gestaltet, dass Kinder mit Behinderung sie nutzen könnten. Auch die restlichen 20 Prozent sind in der Regel nicht komplett barrierefrei, sondern verfügen über einzelne inklusive Elemente, beispielsweise ein barrierefreies Spielgerät."

In dem Rahmen bewege sich München auch, schätzt Langmeier. Ein barrierefreies Karussell gebe es oft, beim Rest könne München durchaus aufholen.

Lieber ein großer als zwei kleine Spielplätze

Auch ein Pilotprojekt wollen die Grünen anstoßen. Wenn Wohnsiedlungen neu gebaut werden, müssen Architekten einen Spielplatz einplanen. Und wenn in dieser Siedlung auch eine Kita entsteht, muss die ebenfalls Freiflächen haben. Anstatt dass zwei kleine Spielplätze entstehen, soll es möglich werden, dass ein großer für alle gebaut wird, erklärt Grünen-Chef Weisenburger. Allerdings ist das Ganze rechtlich wohl komplex, sodass die Grünen es erst einmal ausprobieren wollen.

In München hat Köppel fünf oder sechs Spielplätze geplant - so genau weiß er das gar nicht mehr. Auf den in Giesing an der Kreuzstraße 2 ist er jedenfalls besonders stolz. Schließlich gab es damals in den 80ern noch gar keine inklusiven Spielgeräte. Rentiert sich das? Sei er damals immer wieder gefragt worden. Heute weiß er: Ein barrierefreier Spielplatz kostet nicht mehr - macht aber allen mehr Spaß.

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  • AK1 am 05.07.2024 19:47 Uhr / Bewertung:

    Ich hoffe, die wissen selber, was sie wollen. Einerseits erkennen sie an, dass die Kinder unterschiedlich sind und ganz verschiedene Interessen haben. Andererseits soll dann wieder alles barrierefrei sein. Was soll das bei sehr unterschiedlichen Behinderungen überhaupt heißen? Ob der erhöhte Sandkasten bei allen Eltern auf Begeisterung stößt, sei mal dahingestellt. Da könnte ja ein Kind runterfallen...
    Und Inklusion ist ja so ein tolles Wort... Ist es dann auch inklusiv, wenn die Kinder in ganz unterschiedlichen Bereichen des Spielplatzes (entsprechend ihren Fähigkeiten) sind und sich gar nicht zu Gesicht bekommen?

  • Stadtbummler am 05.07.2024 14:00 Uhr / Bewertung:

    Schöne Betonwüste, wird sicher schön warm ....

  • CO2 Voodoo am 06.07.2024 08:33 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Stadtbummler

    Die Grünen apokalyptischen Prophezeiungen mit warm sind vorbei, jetzt setzen die bildungsfernen auf Wasser. Vielleicht kommt danach Wind. Wir wissen es nicht.

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