Dieser Flüchtling ist integriert und sitzt doch in Abschiebehaft

Ein Flüchtling aus Afghanistan hat sich in Deutschland eingelebt, Freunde und sogar einen Job gefunden – doch das ist für die Behörden noch kein Grund für eine Aufenthaltserlaubnis.
Sabur Frotan sollte jetzt in der Küche vom Fleming’s Hotel am Hauptbahnhof stehen, Gemüse schnibbeln, Salat waschen und Geschirr spülen. Im nächsten Jahr wollte er hier eine Ausbildung zum Koch beginnen. Doch Sabur Frotan (29) sitzt seit 14. Oktober in der Justizvollzugsanstalt Mühldorf in Abschiebehaft.
Im Dezember 2011 kam Frotan nach dem Selbstmord seiner Frau aus einer umkämpften Region im Süden Afghanistans nach Deutschland und wurde seitdem geduldet. Sein Asylantrag wurde im Januar 2012 abgelehnt, weil er noch Familie in Afghanistan hat. Doch mittlerweile sind seine Eltern in den Iran geflohen und sein 18 Jahre alter Bruder ist in Deutschland. Er ist krank und auf die Hilfe von Sabur Frotan angewiesen. Doch der sitzt im Gefängnis.
Frotan sitzt im Gefängnis: "Er hat jede Lebensfreude verloren"
Im Fleming’s erzählen die Kollegen, dass Sabur Frotan gerne mit ihnen kicken und im Fitnessstudio war. Küchenchef Konrad Spiller sagt: „Gute Azubis zu bekommen ist schwer und Sabur hat sich pfiffig angestellt und eine außergewöhnliche Leistungsbereitschaft gezeigt. Wir waren in Verhandlungen mit der Fremdfirma, über die er bei uns arbeitet, damit er eine Ausbildung bei uns machen kann.“ Er hat ihn im Gefängnis besucht und war erschrocken von der Veränderung des jungen Mannes. „Er hat tiefe Augenringe und jede Lebensfreude verloren.“ Im Landratsamt heißt es, dass sich allein aus Frotans Integrationsleistung und seinem Beschäftigungsverhältnis kein Aufenthaltsrecht in Deutschland ableiten lässt.
Frotans Anwältin Juliane Scheer erzählt: „Wir haben im Februar 2016 einen Asylfolgeantrag gestellt, weil seine Familie nicht mehr in Afghanistan bleiben konnte. Bisher hat dieser Antrag noch nicht einmal ein Aktenzeichen. Erst wenn er bearbeitet wird, kommt Sabur Frotan aus der Haft.“ Die Behörden werfen Sabur Frotan vor, er habe es versäumt, seine Duldung zu verlängern. Tatsächlich hat Frotan das zwei Tage zu spät gemacht. Weil er in München arbeitet, hatte er keine Zeit aufs Amt nach Garmisch-Partenkirchen zu gehen, das für ihn zuständig ist. Zudem hatte er sich erst bei der Ausländerbehörde umgemeldet, nachdem er nach München gezogen war. Anwältin Juliane Scheer sagt dazu: „Die Ausländerbehörden stehen unter dem Druck abzuschieben. Hier sollen blind Abschiebequoten erfüllt werden.“ Das Landratsamt kontert: „Vorgaben wie Abschiebequoten gibt es nicht. Abschiebungen sind möglich, wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür im Einzelfall erfüllt sind.“
Juliane Scheer findet es unverantwortlich, Frotan abzuschieben: „In einem Schreiben wurde ihm mitgeteilt, er könne sich ein kümmerliches Auskommen am Rande des Existenzminimums durch schwere körperliche Arbeit erwirtschaften. Dort steht nicht, dass über die Hälfte der Erwerbsfähigen in Afghanistan arbeitslos sind.“ In München wird Sabur Frotan gebraucht - in der Küche und als beliebter Kollege und helfender Bruder.