Die Zwerge der Landtagswahl in Bayern: Ein Überblick über die kleinen Parteien

München – Die üblichen Verdächtigen sind bekannt, doch wenn die Wähler am 8. Oktober ihren Stimmzettel anschauen, dann stehen neben CSU, SPD oder Grünen noch zahlreiche andere unbekanntere Parteien zur Wahl. Insgesamt 15 können in den Bayerischen Landtag gewählt werden. Manch einer verliert da vielleicht den Überblick.
Was hat es zum Beispiel mit der V-Partei3 auf sich oder was wollen die Humanisten? Kleinstparteien wie diese existieren teilweise schon seit Jahrzehnten und doch scheitern sie fast alle an der Fünf-Prozent-Hürde. Für viele gilt eine Stimme an sie gar als verschenkt.
Die kleinen Parteien gehen mit "Idealismus" in die Landtagswahl in Bayern
Sie haben niedrige Mitgliederzahlen, magere Wahlergebnisse und einen geringen politischen Einfluss. Bereits in Umfragen im Vorfeld verstecken sich die Kleinstparteien hinter der Rubrik "Sonstige". Dennoch haben all diese "Exoten" der Parteienlandschaft auch ein Anliegen. Sie existieren zudem im gesamten politischen Spektrum und sind trotz allem ein fester Bestandteil jeder Wahl.
Auch zur diesjährigen Landtagswahl im Freistaat sind sie nicht wegzudenken. Ob Tierschützer, Veganer oder bayerische Separatisten – eine bunte Mischung steht zur Auswahl. Oft sieht man sie auch auf Plakaten, die derzeit an den Straßen hängen. Aufschriften wie "Los von Berlin" oder "Wei'ß wurscht is!" gehen teilweise in eine kuriose Richtung.
Die meisten "Exoten" seien intrinsisch motiviert, "es liegt häufig an dem Idealismus einer relativ kleinen Gruppe, die wirklich von dem überzeugt ist, was sie tut", erklärt Ulrich Sieberer, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Bamberg. "Der Wahlkampf ist wichtiger als das Wahlergebnis." Dabei gehe es vielen nicht einmal um einen Sitz im Parlament.
Das sind die kleinen Parteien bei der Landtagswahl in Bayern
Vielmehr nutzen sie die Gelegenheit, auf ein Thema aufmerksam zu machen. Doch was sind das für Themen und was wollen die kleinen Parteien für Bayern? Die AZ stellt sie vor - die Zwerge der Landtagswahl.
ÖDP

Die Ökologisch-Demokratische Partei ist trotz niedriger Wahlergebnisse in den letzten Jahren ein einflussreicher Protagonist der bayerischen Landespolitik – auch außerparlamentarisch. Das 2018 von der Partei initiierte Volksbegehren "Rettet die Bienen" war das größte und erfolgreichste in der Geschichte des Freistaates.
Schlussendlich beeinflusste der Erfolg die Naturschutz-Politik Bayerns maßgeblich. Knapp 20 Jahre zuvor sorgte die Partei für die Abschaffung des bayerischen Senats. Ansonsten lautet die oberste Devise "Gemeinwohl statt Wachstum um jeden Preis" – so wie es auch in der bayerischen Verfassung festgelegt ist. Diese Wachstumskritik ist auch das Alleinstellungsmerkmal der ÖDP.
Partei der Humanisten

Das von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eingeführte Kreuz in öffentlichen Einrichtungen soll es aus Sicht der "Partei der Humanisten" nicht länger geben. Denn sie befürwortet eine vollständige Trennung von Religion und Staat. Und auch in anderen Themenbereichen atmet sie den liberalen Geist: körperliche Selbstbestimmung, Fortschritt durch Wissenschaft und mehr Digitalisierung.
Im Vorfeld der Landtagswahlen kritisierte die Partei das bayerische Wahlrecht: Ihrer Ansicht nach ist es strikter als in anderen Bundesländern und behindert so die Erfolgschancen neuer Parteien. Deshalb fordert sie, das Parlament ausschließlich nach dem Zweitstimmenergebnis zu besetzen.
Die Basis

Die "Basis-demokratische Partei Deutschland" (dieBasis) betont in ihrem Wahlprogramm Freiheit, Bürgerrechte sowie die Stärkung direktdemokratischer Verfahren. In Fragen der Gesundheit hebt sie etwa die Selbstbestimmung hervor, weshalb sie Pflichtimpfungen ablehnt. Die Partei sowie ihr bayerischer Landesverband wurden 2020 im Zuge der Corona-Proteste gegründet.
Obwohl personelle Überschneidungen zwischen der Querdenker-Bewegung und der Basis-Partei bestehen, beteuert die Partei ihre Unabhängigkeit. Mit Hilfe "moderner Kommunikationsmittel" sowie "vermehrter Entscheidungsbefugnisse auf lokaler Ebene" will sie Politik nach dem Prinzip Schwarmintelligenz gestalten.
Die V-Partei3

Die Drei steht für: Vegetarier, Veganer und Veränderung. Veggie ist hier auf allen Ebenen Programm. Bei der Landtagswahl will die Partei für eine nachhaltige Landwirtschaft, Gleichberechtigung aller Menschen und Tiere eintreten. Sie wünscht sich eine Umstellung auf eine biovegane Landwirtschaft und einen Ausstieg aus der "Tierprodukt"-Industrie bis 2030.
In öffentlichen Einrichtungen soll es vegane Verpflegung geben und eine entsprechende Aufklärung an Schulen über pflanzlich vollwertiges Kochen. Weiter möchte sie Tierversuche, Tiere im Zirkus und die Jagd abschaffen. Neben Tierschutz möchte die V-Partei3 zugunsten der Umwelt einen kostenlosen Öffentlichen Personennahverkehr etablieren.
Volt

Europa, Europa, Europa. Das ist der Kern der Partei Volt: Sie fordert "ein vereinigtes Europa". Das heißt, alle EU-Institutionen sollen reformiert und demokratisiert werden. Bei Volt handelt es sich um eine paneuropäische Bewegung, die in mehreren EU-Staaten vertreten ist. Seit 2019 ist die Partei - wenig überraschend - auch im Europaparlament.
Bei so viel Europa stellt sich natürlich die Frage: Was will die Partei im Bayerischen Landtag? "Europäisch denken, regional handeln", ist das Motto von Volt Bayern. Für den Freistaat heißt das: EU-Förderprogramme für den ländlichen Raum stärker nutzen und die bestehenden Agrarsubventionen reformieren. Auch intensive Städte- und Regionalpartnerschaften sind von der Partei angedacht.
Tierschutzpartei

Tiere stehen – wie der Name schon sagt – im Fokus der "Partei Mensch Umwelt Tierschutz". Für deren Rechte will sie sich stark machen. Die Tierschutzpartei sieht in Mensch, Tier und Natur eine "untrennbare Einheit". Zentrale Forderungen in Bayern sind etwa die Schaffung eines Tierschutzministeriums, die Einführung eines Tierschutz-Verbandsklagerechts oder das Verbot von Anbindehaltung.
Die Partei macht sich auch für die Bekämpfung der Klimakrise sowie gegen Anfeindungen und Diskriminierung stark. Die Partei wurde 1993 als erste Tierschutzpartei der Welt gegründet. Größter überregionaler Erfolg der Tierschutzpartei war der Einzug in das Europäische Parlament 2014 mit einem Abgeordneten.
Bayernpartei

Das "Bayerische Staatsbewusstsein" steht für die Bayernpartei an oberster Stelle. Primäres Ziel im Wahlprogramm ist schlussendlich die "Loslösung von Berlin" durch eine Volksabstimmung zur Unabhängigkeit Bayerns. Bis dieses Ziel erreicht ist, soll der Freistaat aber erst einmal weitgehend eigenständig agieren.
Es soll etwa ein "Bayerischer Staatsfonds" aufgebaut werden, der den Interessen der bayerischen Bürger dienen soll. So will die Bayernpartei letztlich die Wirtschaft des Freistaats vor "Ausverkauf" und "Know-how-Verlust" durch die Bundespolitik schützen. Von 1946 bis 1966 war die Partei im Landtag vertreten und zwischen 1954 und 1957 sowie zwischen 1962 und 1966 sogar an der Staatsregierung beteiligt.
Die Partei

Die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Eliteförderung und basisdemokratische Initiative, kurz "Die Partei", fällt vor allem durch ihre Scherz-Kampagnen auf. Wahlplakate mit Slogans wie "Sozial ist, wer Bier ranschafft" sind typisch für die Satire-Partei. Gegründet wurde sie 2004 von Redakteuren der Satire-Zeitschrift "Titanic".
Der damalige Chefredakteur Martin Sonneborn ist seit 2004 Parteivorsitzender. Zentrale Forderung ist etwa eine "Bierpreisbremse". Aber auch ernsthaften Anliegen wie dem Abbau sozialer Ungleichheit und mehr direkter Demokratie widmet sich die Partei. Im Europaparlament ist die Partei immerhin mit zwei Abgeordneten vertreten - ähnlich soll es jetzt auch bei der Landtagswahl im Freistaat laufen.
Die Linke

Für die Linke ist Bayern ein schwieriges Pflaster. Während sie im Bundestag und zahlreichen Landesparlamenten vertreten ist, schwirrt man im Freistaat um die Zwei-Prozent-Marke herum. Auch der sehr enthusiastische Wahlkampf, der schon oft für Schlagzeilen sorgte, scheint daran nichts zu ändern.
Zentrale Themen bei der Bayern-Wahl sind etwa Wohnungsnot und Arbeit - ganz nach dem Motto "Gemeinwohl vor Profitmaximierung". Sie tritt zudem in einer gemeinsamen Liste mit der Partei "Mut" und der Hip-Hop-Partei "Die Urbane" an. Spitzenkandidatin Adelheid Rupp hat schon Landtagserfahrung – zehn Jahre war sie Abgeordnete für die SPD und trat erst 2020 in die Linke ein.