"Die Gülen-Bewegung ist eine große Gefahr"

Im Presseclub spricht der türkische Generalkonsul Mesut Koç über Folgen des Putschversuchs und was die Türkei jetzt von Bayern fordert
Linda Jessen, Rahmi Turan |
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Der türkische Generalkonsul Mesut Koç.
Linda Jessen Der türkische Generalkonsul Mesut Koç.

München - Heroische und tragische, inakzeptable Vorgänge habe man bei dem Putschversuch am 15. Juli in der Türkei erlebt, beginnt der Generalkonsul der Türkei am Dienstag seine Stellungnahme bei einer Konferenz im Presseclub. Ein kleine Gruppe Verschwörer sei es gewesen, die an jenem Tag versuchte, die Regierung zu stürzen.

Dafür, dass die Gruppe so klein war, wird die Gefahr, die von ihr ausgeht, allerdings sehr hoch eingestuft. Eindringlich warnt der Konsul im Presseclub vor der Gülen-Bewegung, die nach seiner Ansicht nicht das ist, was sie darstellt zu sein. Die Türkei wolle, dass man in Deutschland versteht, dass diese „brandgefährliche“ Anhängerschaft des ehemaligen Erdogan-Partners Fethullah Gülen in Wahrheit eine antidemokratische politische Agenda habe und den Plan, die türkische Regierung zu stürzen.

Der Konflikt in der Türkei hat längst die deutsche Innenpolitik erreicht – nicht nur von ziviler Seite, wie mit den Demonstrationen der Putsch-Gegner. In Baden-Württemberg hat die Türkei von der Landesregierung bereits Unterstützung erbeten. Der Verfassungsschutz solle eine Liste von rund 30 Einrichtungen der Gülen-Bewegung überwachen und gegebenenfalls ausliefern – dafür gab’s eine klare Absage von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Dennoch bestätigt der Generalkonsul am Dienstag klar: Ja, man werde mit derselben Bitte auch an die bayerische Landesregierung herantreten.

"Schwierige Phase der langjährigen Freundschaft beider Länder"

Etwa 22 der geflüchteten türkischen Staatsanwälte vermutet die türkische Regierung auch in Deutschland. Ihnen wird vorgeworfen mit gefälschten Beweismitteln gegen progressive und säkulare Kräfte in der Türkei vorgegangen zu sein. "Unglücklicherweise waren militärische Generäle unschuldig inhaftiert", sagt Koç. Auf die Frage zu den Massenverhaftungen, die Recep Tayyip Erdogan veranlasst hatte, betonte Koç, dass es sich dabei ausschließlich um Verantwortliche für den Putschversuch handle – und eben deren Unterstützer. Ein praktischerweise recht dehnbarer Begriff: Die Gülen-Bewegung ist nach Ansicht der türkischen Regierung keine legitime Opposition, wegen ihrer angeblichen demokratiefeindlichen Motive.

Von E-Mails an Deutschtürken, in denen sie aufgefordert wurden, Gülen-Anhänger zu denunzieren, will der Generalkonsul nichts wissen – er habe jedenfalls keine solche Mail erhalten. Sehrwohl aber erreichen das Konsulat immer wieder Nachrichten, die genau dieser Forderung nachkommen. "Wir erhalten schon Hinweise – die werden dann sorgfältig überprüft", berichtet er.

Angeblich Kontakte zur Gülen-Bewegung: Türkei nimmt deutsche Staatsbürgerin fest

Dass die deutsch-türkischen Beziehungen von dem Konflikt nachhaltig belastet werden, glaubt Koç indes nicht. Es sei nur "eine schwierige Phase der langjährigen Freundschaft beider Länder". Allein in Südbayern vertritt der Generalkonsul rund 280.000 Türken. Die Türkei ist noch immer Beitrittskandidat für die EU.

Diese Beitrittsverhandlungen stehen derzeit aber heftig in der Kritik, der österreichische Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hatte zuletzt gefordert, sie ganz abzubrechen.

Noch kommen aus Brüssel vorsichtige Reaktionen: Man solle nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sagte die EU-Parlamentarierin Rebecca Harms (Grüne) dem Handelsblatt. Dass die Türkei spätestens mit der angekündigten Wiedereinführung der Todesstrafe Lichtjahre von einem Beitritt entfernt ist, weiß allerdings auch der Generalkonsul.

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