Der "Sommer in der Stadt" wird verlängert
München - Wanderbühne, Sommerbühne im Olympiastadion, Bühne am Gasteig und auch Open-Air-Programme: Das kulturelle Angebot der Stadt schien sehr vielversprechend zu sein.
Vier Wochen läuft der "Sommer in der Stadt" nun schon. Er sollte den Schaustellern die Möglichkeit geben, zumindest ein bisserl die Verluste auszugleichen, die die Wiesn-Absage mit sich gebracht hat (AZ berichtete).
Bei der Stadt war man sich schon bei der Veröffentlichung der Zwischenbilanz sicher: Die dezentrale Mini-Wiesn-Dult war ein Erfolg. "Ich freue mich sehr, dass das unglaublich vielfältige Programm, das es so in München noch nie gab, so gut ankommt", sagte Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU).

Deshalb hat der Stadtrat den Schaustellern auch die Möglichkeit gegeben, ihre Standl länger stehenzulassen: bis zum 4. Oktober. Eigentlich wäre zum Ferienende an diesem Wochenende Schluss gewesen.
Aber wohl nicht alle Standl- und Fahrgeschäftebetreiber werden in die Verlängerung gehen. Denn wie die AZ-Umfrage an drei "Sommer in der Stadt"-Standorten zeigt, sind nicht alle vollends zufrieden mit ihrem Geschäft.
In der AZ kommen sieben Standlbetreiber und Mitarbeiter zu Wort und ziehen ihre Sommerbilanz.
"Sommer in der Stadt" am Königsplatz
Willi Kinzler (58), Inhaber der Achterbahn Pirateninsel:

"Ich finde, die Leute, die hierher kommen, nehmen das Angebot an. Sie finden es toll, sind begeistert und unheimlich freundlich. Das Feedback ist echt positiv und ich bin heilfroh, dass wir das hier machen können. Das Programm Sommer in der Stadt hier am Königsplatz, ist sicherlich kein Ersatz für ein Volksfest in dem Sinne, sondern ein Programm der Stadt und hat einen gewissen Anspruch für die ganze Familie. Am Anfang war ich eher skeptisch, aber mittlerweile bin ich echt dankbar für das Angebot. Abgesehen vom Wetter sind naturgemäß die Wochentage relativ ruhig und die Wochenenden etwas besser besucht. Ich finde, die Stadt könnte nichts besser machen. Was sie hier innerhalb von zwei Monaten geleistet hat, das ist sensationell. Da gibt's nix zu meckern."
"Wir hatten echt Glück"
Yves Winter (18), Churrosverkäufer:

"Gut, das Wetter spielt halt auch eine große Rolle - und in dieser Hinsicht hatten wir echt Glück! Auch mit den vielen Besuchern hatten wir anfangs nicht gerechnet. Deshalb sind wir dankbar, dass die Stadt sich etwas einfallen hat lassen. Gerade wenn man Spider- Murphy-Gang-Fan ist, ist das auch noch mal was Besonderes: Die haben zum Auftakt im Juli hier gespielt. Wir können uns nicht beschweren, denn alles ist besser, als zu Haus herumzusitzen und keine Arbeit zu haben. Allerdings finde ich, es hätte mehr Sinn gemacht, wenn man Flyer zur Aktion verteilt hätte. Es gäbe bestimmt mehr Leute, die gerne mal wieder auf ein Volksfest gehen würden und von der Aktion hier am Königsplatz nichts gewusst haben. Aber dennoch können wir uns nicht beschweren."
"Sommer in der Stadt" am Wittelsbacherplatz
Sarina Zinnecker (22), Verkäuferin am Süßigkeitenstand:

"An sich finde ich die Idee der Stadt nicht schlecht, aber die Umsetzung war nicht so toll. Den Platz durften wir uns auch nicht aussuchen. Es gibt Orte, an denen das Geschäft eben läuft, und Orte, an denen es eher weniger läuft. Obwohl der Wittelsbacherplatz nur wenige Meter vom Odeonsplatz entfernt liegt, haben wir hier eher wenig Besucheransturm und müssen schauen, wie wir über die Runden kommen."
"Wir stehen das durch, hilft nix!"
Peter Seeböck (61), Trachtenverkäufer:

"Generell ist es so, dass der Sommer in der Stadt eine gute Idee ist, natürlich nicht vergleichbar mit der Wiesn oder der Auer Dult - aber es ist schon mal ein Ansatz, wieder arbeiten zu dürfen. Leider ist der Wittelsbacherplatz aber ein Platz von denen, die hinten runter fallen. Es ist wohl so, dass die Brienner Straße eher ein anderes Publikum anlockt. Auch im Vergleich zu anderen Plätzen ist hier relativ wenig an Attraktionen geboten. Der Königsplatz bietet mit dem Riesenrad und dem Karussell ein besseres Angebot - und er wurde von Anfang an besser beworben. Deshalb lockt es die Leute eher dorthin. Dazu kommt noch, dass momentan weder Feste noch Hochzeiten stattfinden, was sich auch auf den Bedarf an Trachten auswirkt. Aber langjährige Stammkunden unterstützen uns dennoch, da merkt man schon sehr wohl einen gewissen Zusammenhalt. Die aktuelle Situation ist nun mal so, wie sie ist, und wir stehen das durch."
"Aus meiner Sicht ist es ein Reinfall!"
Paul Tille, (55), betreibt einen Schokofrüchte-Stand:

"Als ‚Schokopauli' bin ich jedes Jahr auf der Wiesn und hatte mich anfangs auch über das Angebot der Stadt gefreut, aber aus meiner Sicht ist der Wittelsbacherplatz ein Reinfall. Im Vergleich zum Königsplatz, Olympiapark oder Orleansplatz war das hier für meine Kollegen und mich eher zum Draufzahlen. Gründe dafür sind die wenige Laufkundschaft, Lärmbeschwerden von Anwohnern und Geschäften oder fehlende Fahrgeschäfte für Kinder. Es war gut gemeint von der Stadt, aber das hätte man sehen müssen, dass der Ort dafür nicht so gut geeignet ist. Wir haben auch versucht, dass die Stadt uns einen anderen Platz zur Verfügung stellt, daran sind wir aber kläglich gescheitert. Wir haben alles probiert, dass wir hier wegkommen! So haben wir vorgeschlagen, ein kleines Fest auf der Theresienwiese zu veranstalten, aber das wurde verworfen."
"Sommer in der Stadt" am Orleansplatz
Achim Zehle (50), Fischverkäufer:

"Normalerweise sind wir jährlich auf dem Oktoberfest. Dort verkaufen wir aber keinen Fisch, sondern Bratwürste. Ich finde es super von der Stadt, dass sie uns mit dem Angebot Sommer in der Stadt ein bisserl entgegengekommen ist, von den Besuchern wird das auch sehr gut angenommen. Man sieht, dass viele Leute wieder vor die Tür gehen, vorbeikommen und etwas essen oder sich mal eben eine Fischsemmel in der Mittagspause holen. Das sorgt für mehr Lebensfreude und kommt auch uns zugute. Eigentlich wäre am kommenden Sonntag Schluss gewesen, aber wir haben eine Verlängerung von der Stadt bekommen, dass wir bis 4. Oktober unseren Stand betreiben dürfen. Und wir haben uns entschieden, das zu machen."
"Ein bisschen mehr Werbung wäre toll"
Janine Agtsch (28), Verkäuferin für Gemüsehobel:

"Ich finde, dass die Aktion Sommer in der Stadt von den Leuten gut angenommen wird, und gerade an den Wochenenden ist auch gelegentlich etwas mehr los. Eigentlich haben wir unseren Stand auf der Auer Dult, aber die findet ja dieses Jahr nicht wie gewohnt statt. Dass die Stadt uns hier am Orleansplatz einen Platz zur Verfügung stellt, finde ich gut, denn sonst hätten wir gar keine Möglichkeit, unseren Stand aufzubauen. Ein bisschen mehr Werbung wäre aber nicht schlecht gewesen. Die Leute sollen ja schließlich auch wissen, dass wir hier sind. Der örtliche Veranstalter hier bemüht sich aber sehr um mehr öffentliche Wahrnehmung. Wir dürfen ja noch bis zum 4. Oktober hierbleiben und ich hoffe, dass noch ein paar Leute kommen, wenn das Wetter mitspielt."
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