Der reichen Stadt München gehen die Sozialwohnungen aus
München - Wer in München eine Wohnung kaufen möchte, muss ein wohlgenährtes Sparschwein besitzen: Eine 70-Quadratmeter große Eigentumswohnungen kostet zwischen 580.000 und 1,1 Millionen Euro. Seit 2015 stiegen die Preise im Neubau um mehr als 40 Prozent, keine andere deutsche Stadt ist so teuer. So geht es aus einem aktuellen Bericht zur Wohnsituation in München hervor.
München nutzt Vorkaufsrecht nicht aus
Die Mittel der Stadt, etwas an dieser Entwicklung zu ändern, sind begrenzt. Um Mieter zu schützen, erlässt die Stadt immer häufiger sogenannte "Erhaltungssatzungen" - zuletzt diesen Mittwoch für Haidhausen. In diesen Gebieten müssen Vermieter Modernisierungen genehmigen lassen. Zudem hat die Stadt ein Vorkaufsrecht auf Immobilien. Bis vor fünf Jahren nutzte sie dieses nur etwa einmal im Jahr. Doch seit Kurzem kauft sie immer häufiger selbst Immobilien: 2018 waren es noch acht, im Jahr darauf 16 und 2020 erwarb sie 23 Immobilien. Mehr als 153 Millionen Euro gab München dafür im vergangenen Jahr aus. Die Stadt muss für diese Immobilen ebenso viel zahlen wie jeder andere Käufer.
Die Kassen der Stadt sind leer
Allerdings sind die Kassen der Stadt leer. Für dieses Jahr erwartete die Kämmerei ein Haushaltsdefizit von mehr als einer halben Milliarde Euro. Wie lange kann es sich München also noch leisten, mit Immobilienspekulanten mitzuhalten? "Wir wissen, dass wir einen enorm hohen Preis zahlen", sagt Anne Hübner, die Chefin der SPD im Münchner Stadtrat. "Wir schauen in jedem Einzelfall hin. Aber wenn es irgendwie geht, werden wir kaufen." Denn derzeit sei es das einzige Instrument der Stadt, die Mieter zu schützen, sagt Hübner. Tatsächlich verschärft sich die Wohnsituation: Seit 2015 verteuerte sich die Miete um fast vier Euro pro Quadratmeter. So geht es aus dem Immobilienbericht der Stadt hervor.

Immer mehr Münchner beantragen Sozialwohnungen
Jedes Jahr bewerben sich deshalb mehr Menschen bei der Stadt um eine geförderte Wohnung. 12.500 waren es 2019. Doch nur ein Drittel der besonders dringenden Fälle bekam am Ende den Zuschlag. Hinzu kommt: Heute verfügt die Stadt über deutlich weniger Wohnraum, wo sie günstigere Mieten anbieten könnte. Anfang der 90er Jahre lag der Bestand bei 90.000. 2019 umfasste er 67.000 Wohnungen. Grund sei, so heißt es in dem Bericht, dass mehr Bindungen auslaufen, als neue Wohnungen gebaut werden. Ziel ist deshalb, dass mehr Wohnraum geschaffen wird. Im Mittel kann die Stadt im Jahr für 4.500 Wohneinheiten Baurecht schaffen. Doch die Flächen werden knapp. Große Wohngebiete entstehen auf dem Areal der ehemaligen Bayernkaserne und in Freiham.

Gesetze müssen auf Bundesebene geändert werden
Damit sich etwas an der Immobilien-Situation in München tut, müssten Gesetze auf Bundesebene geändert werden, darauf verweisen Kommunalpolitiker immer wieder. Eine, die sich dafür einsetzt, ist die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Tausend. Sie will ein Gesetz, das es schwieriger machen soll, Miet- in Eigentumswohnungen zu wandeln. Außerdem fordert sie, dass ganze Städte zum Erhaltungssatzungsgebiet erklärt werden können. Momentan müssen Städte das für jedes Viertel einzeln festlegen. "Das ist ein langer, bürokratischer Weg, der bis zu zwei Jahre dauern kann."
CSU will Preise für die Stadt nicht begrenzen
Für am wichtigsten hält Tausend jedoch, dass Kommunen Wohnraum nicht mehr überteuert kaufen müssen. Für Städte wie München sollte der Preis für Grund und Immobilien limitiert sein. "Der Wert sollte sich an dem messen, was die Kommune am Ende dort auch einnimmt", sagt Tausend. Denn wenn die Stadt Wohnungen neu vermietet, liegt die Miete unter dem Mietspiegel. "Doch die Preise zu begrenzen, ist momentan mit der CSU nicht zu machen."