Der "Lügenpapst" und die Wahrheit

Bestsellerautor Jack Nasher verklagt eine Journalisten. Sie hatte behauptet, er sei kein „ordentlicher“ Psychologe.
München - Der Weg zur Wahrheit ist manchmal verschlungen, selbst in den Räumlichkeiten des Oberlandesgerichts – und sogar dann, wenn eine Klagepartei sich laut Eigenwerbung auskennt mit Psychotricks und Lügen. Der Autor und erfolgreiche Vortragsredner Jack Nasher (36), von den Medien gerne auch „Lügenpapst“ genannt, hat eine Journalisten verklagt.
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Sie hatte behauptet, Nasher könne kein „ordnungsgemäßes“ Psychologiestudium vorweisen. Der Fall landete gestern vor dem Oberlandesgericht. Und es zeigt sich: Wahrheit, Meinung und Tatsachen sind komplizierte Begriffe.
Bei dem Streit geht es um zwei Artikel mit fast identischem Inhalt, veröffentlicht in Zeitschriften für Wirtschaftspsychologie. Die Autorin Bärbel Schwertfeger, selbst Diplom-Psychologin, kritisiert darin das Buch „Entlarvt!“ von Nasher. Das Wort „kritisieren“ darf man im negativen Sinne verstehen, die Autorin lässt kein gutes Haar an Nashers Ratgeber, der im Klappentext verspricht, mit „effektivsten Verhörtechniken der psychologischen Forschung und internationaler Geheimdienste“ Lügen durchschauen zu lernen.
Damit hätte der streitbare Bestseller-Autor wahrscheinlich leben können, doch Schwertfeger wollte in ihrem Artikel den Lügenentlarver quasi selbst als Schwindler entlarven. Nasher, so schreibt die Journalisten, habe nach eigenen Angaben ein Magister-Studium in Philosophie und Psychologie in Trier absolviert. Ein Magisterstudium Psychologie gebe es aber nicht, so Schwertfeger. Nashers Studium entspreche „keinen ordnungsgemäßen Psychologie-Studium“. Deshalb dürfe sich der Vortragsredner nicht als Wirtschaftspsychologe bezeichnen – was er aber tut.
Das wollte Nasher so nicht stehenlassen. „Es gibt viele Artikel über mich, ich muss nicht überall gelobt werden“, sagt er bei der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht. Aber dass man ihm unterstelle, er habe nicht anständig studiert, das möchte er so nicht mehr über sich lesen.
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In der ersten Instanz vor dem Landgericht hatte er gewonnen – das Urteil hat er auf seinem Blog veröffentlicht. Doch Schwertfeger ging in Berufung. Es ist fraglich, ob Nasher auch dieses Urteil, sollte es dann gefallen sein, ins Netz stellt. Denn die Kammer um die Vorsitzende Richterin Eva Spangler sieht in den Äußerungen von Schwertfeger nichts Strafbares.
Warum, das ist kompliziert. Grob gesagt geht es um den Unterschied zwischen Tatsache und Meinung. Tatsachen müssen stimmen, bei der Meinung sind die Grenzen fließender – zumindest juristisch.
Folgt man dem OLG, war das, was Schwerfeger in ihrem Artikel geschrieben hat, eine Meinung, der sich der Leser anschließen kann, aber nicht muss. Also in Ordnung – wenn auch nur knapp, so die Kammer.
Nashers Rechtsanwalt, Enzio Graf Resseguier de Miremont, sieht das anders. Der ganze Artikel sei eine vorsätzliche Schmähung seines Mandanten: „Er kommt rüber als löffelverbiegender Scharlatan.“
Das, so das Gericht, tue aber nichts zur Sache. Selbst wenn der Artikel mit Nasher „nicht gerade zimperlich“ umgehe. Denn die Passagen jenseits des Studienabschlusses habe Nasher ja gar nicht zum Gegenstand seiner Klage gemacht. Wobei es im Artikel durchaus Textteile gegeben hätte, deutet das Gericht an, mit deren Rüge er mehr Aussicht auf juristischen Erfolg gehabt hätte. Dieser Hinweis dürfte Nasher nun aber auch nichts mehr nützen.