"Danke, liebe AZ-Leser": Deswegen fährt Moritz (7) jetzt zur Weltmeisterschaft
München – Mit vier Jahren, als Kindergartenkind, hat Moritz Benischke plötzlich Schach spielen wollen. Mit fünf trat er dem Schachverein "MSA Zugzwang 82" bei.
Jetzt ist das Münchner Kindl aus Ramersdorf sieben, hat die erste Klasse hinter sich – und vor vier Wochen bei einem Pokalturnier die Schachgegner seiner Altersklasse so herausragend geschlagen, dass er qualifiziert ist: für die Jugend-Schachweltmeisterschaft im italienischen Montesilvano, die im November zwei Wochen lang ausgetragen wird.

Das uralte Spiel der Könige
Schach – "das uralte Spiel der Könige", so nennt das der Münchner Schachgroßmeister Stefan Kindermann. Er hat vor fast 20 Jahren die "Münchener Schachakademie" gegründet und danach die "Münchener Schachstiftung", die Kinder und Jugendliche fördert – weil das strategische Brettspiel Kinder schlau und stark macht.
Nicht nur für die Schule, sondern auch fürs Leben, wie viele Studien laut dem Schachprofi belegen. "Moritz hat diese ganz besondere Leidenschaft für Schach, er brennt dafür", sagt Kindermann über den Ramersdorfer Buben, "das ist eine entscheidende Voraussetzung, um ein großer Champion zu werden."

14 Pokale und 26 Medaillen in zwei Jahren
In seinem Zimmer daheim in Ramersdorf kann man ablesen, was Schach dem kleinen Buben bedeutet. 14 Pokale, die der Siebenjährige in den letzten zwei Jahren in Turnieren erspielt hat, sind auf einem Regalbrett aufgereiht. Darunter hat Moritz 26 Bronze-, Silber- und Goldmedaillen an Haken gehängt.
"Das T-Shirt hier bedeutet mir am allermeisten", erzählt er, und schaut sehr stolz aus dabei: "Deutsche Vereins-Mannschaftsmeisterschaften 2023" steht vorne drauf – und hinten ist auch sein Name aufgedruckt, zusammen mit allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

"Jetzt! Nicht erst, wenn ich größer bin."
Wie er so schnell so weit gekommen ist? "Ich wollte das einfach", sagt Moritz, "Schach lernen. Und zwar jetzt gleich im Kindergarten, nicht erst, wenn ich größer bin." Nach seiner ersten Profi-Schachstunde sei ihr Sohn "wie ausgewechselt" zurückgekommen, erzählt seine Mutter Sarah Benischke (44): "Er war nur noch freudestrahlend und glücklich."
Von da an musste das kleine, klappbare Übungsschachbrett, das sie gekauft hat, praktisch überall hin mit, zum Wandern, ins Schwimmbad, in den Urlaub. Zweimal die Woche hat Moritz Trainingsstunden. Zwei, dreimal im Monat fährt Sarah Benischke am Wochenende mit ihrem Sohn auf Schachturniere von München über Konstanz bis nach Magdeburg.
Auch in den Ferien will der Bub am liebsten Kurse in der Schachakademie machen, und zu Hause löst er knifflige Schachprobleme in seinem Übungsheft. "Jeden Tag zehn Aufgaben schaffe ich leicht", sagt er, das sei ja auch "spannender als Schule".
In ihrem erwachsenen Freundeskreis, erzählt seine Mutter, habe sie inzwischen keine Gegner mehr für Moritz, "weil er immer gewinnt."
Reif für die Jugendweltmeisterschaft
Reif ist er also, für die Weltmeisterschaft, bei der junge Top-Schachspielerinnen und Schachspieler aus voraussichtlich zwölf Ländern gegeneinander antreten werden. Nur gab es da bis zuletzt ein Problem. Moritz hatte sich zwar wegen seines großen Talents qualifiziert – aber nicht über den Standardweg, der über die Bayerische und Deutsche Schachmeisterschaft seiner Altersklasse geführt hätte.
Als diese Turniere heuer liefen, lag der kleine Bub mit Grippe im Bett. Ein großes Pech, denn die Siegerinnen und Sieger dürfen über ein Sponsoring kostenlos zur WM reisen.

"Es ist sehr viel Geld. Das schaffe ich nicht allein."
Moritz kann nur als sogenannter "Selbstzahler" mitfahren: 3300 Euro kostet die Teilnahme in Italien für die 13 WM-Tage inklusive Antrittsgebühren, Trainer und Zuganreise und Übernachtung für Moritz und seine Mutter, die den Siebenjährigen begleiten muss.
Diese Summe konnte die alleinerziehende Mediengestalterin nicht stemmen. "Es ist sehr viel Geld, ich schaffe das nicht allein", sagte sie, sie wolle ihrem Sohn aber trotzdem die Chance geben, bei der WM zu zeigen, was er kann.

Rund 1000 Euro fehlten noch für die Reise zur WM
Aus diesem Grund lief für Moritz' WM-Fahrt eine Art Crowdfunding, also eine Geldsammelaktion. Bei der "Münchener Schachstiftung" war ein Spendenkonto eingerichtet worden. Seine Grundschule hat schon signalisiert, den Buben für die WM-Wochen im November freizustellen. Und in seinem Verein drückte man Moritz fest die Daumen für die Sammelaktion: "Die Jugendweltmeisterschaft in Italien ist eine einmalige Gelegenheit für Moritz", sagt sein Trainer. "Wir als Verein MSA Zugzwang sind stolz, wenn er dabei sein kann."
Die Schachstiftung, der Verein, eine Firma und Bekannte und Freunde haben schon größere Summen in den Reisetopf geworfen. "Aber rund 1000 Euro fehlen immer noch, damit es reicht", sagt Moritz' Mutter noch vor zwei Tagen gegenüber der Abendzeitung und hoffte noch auf weitere Mitstreiter für ihren Buben. Darüber muss sie sich jetzt keine Sorge mehr machen. Der Aufruf in der Printausgabe der AZ war erfolgreich. Es kam sogar so viel Geld in den Spendentopf, dass nun der Trainer mitfahren kann.
"Wir sind so glücklich! Danke, liebe AZ-Leserinnen und Leser, jetzt können wir tatsächlich zur WM fahren." Was Moritz' Mutter besonders freut: Es seien vor allem Münchner Frauen, die die Aktion unterstützt haben. "Ich bin so gerührt und dankbar, das macht mich völlig sprachlos", sagt die gegenüber der AZ.
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