CSU: Miese Stimmung nach der Watschn-Wahl
München - Am Tag nach dem Debakel bei der CSU-internen Wahl des neuen Wiesn-Stadtrats ist die Stimmung in der Rathausfraktion am Boden. Was für eine Schlappe: 13 von 23 Fraktionsmitgliedern hatten am Montag in geheimer Wahl nicht für Stadtrat Richard Quaas (64) gestimmt – den erklärten Wunschkandidaten von Bürgermeister Josef Schmid und Fraktionschef Hans Podiuk. Sondern stattdessen Otto Seidl (69) in das begehrte Amt gehievt, dessen Bewerbung im Vorfeld als aussichtslos belächelt worden war (AZ berichtete). Am Ende drohte Quaas mit dem Austritt aus der Fraktion – und bekam als Wiedergutmachungs-Zuckerl zwei andere Posten: den des Wirtschafts-Koreferenten und des Verkehrs-Sprechers.
Nur, damit ist längst nicht alles wieder gut – und Bürgermeister Josef Schmid scheint zunehmend unter Druck zu geraten. Es werden Stimmen laut, die Watschn-Wahl sei nicht nur eine gegen Quaas persönlich gewesen. Sondern vielmehr eine, die sich direkt gegen die Fraktionsführung richtet – und gegen den liberalen Großstadtkurs, den Bürgermeister Schmid seiner Partei verordnet hat. „Natürlich war das auch ein Denkzettel für die Führung“, sagt ein CSU-Funktionär. „Es gibt halt auch im Rathaus Leute, die den Kurs nicht mittragen wollen, das war eine willkommene Gelegenheit für eine Meuterei.“
Richard Quaas, der vom konservativen Flügel in der Partei schon lange als „ein Linker“ beschimpft wird, glaubt – zumindest in Teilen – an eine Denkzettel-Wahl.
„Ich bin nicht wegen der Wiesn abgewatscht worden“
„Ich bin nicht wegen der Wiesn abgewatscht worden, sondern aus anderen, auch politischen Gründen. Das hängt auch mit meinem Engagement für die Flüchtlinge zusammen – und mit meinem Eintreten für die Politik von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel“, sagt er zur AZ. „Das hat mit links, wie mir vorgeworfen wird, gar nichts zu tun. Sondern mit Humanität, mit einem christlichen Selbstverständnis und mit sozial – was meine Partei im Namen führt, was aber von Teilen der heutigen Generation oft gerne vergessen wird.“
An der Münchner CSU-Basis rumort es schon lange. Erzkonservative in der Partei sammeln längst Truppen, um Stimmung gegen Schmid zu machen – etwa wegen seines Engagements für Homosexuelle. Aus Bezirksverbands-Kreisen ist zu hören, dass Schmid nicht nur mit Abweichlern von der Basis zu kämpfen hat, sondern auch mit Druck „von oben“. Demnach soll sich einer aus der Bezirksspitze selbst in die Wiesn-Stadtrat-Wahl eingemischt haben: Bildungs-Staatssekretär Georg Eisenreich – wie Schmid einer der Stellvertreter von Bezirkschef Ludwig Spaenle. „Der hat einige Stadträte durchtelefoniert und angewiesen, dass sie Richard Quaas nicht mitwählen sollen“, sagt ein Funktionär.
Regional oder bio: Wie soll das Wiesn-Hendl sein?
Schmid selbst verwehrt sich gegen derlei Spekulationen. „Das ist absoluter Unsinn. Es gibt keine Differenzen über meinen Kurs in der Münchner Parteispitze. Es war eine demokratische Wahl, dass da mal ein anderes Ergebnis herauskommt, als erhofft, das ist normal.“ Dass die Mehrheit in der Fraktion dem Vorschlag der Fraktionsführung nicht gefolgt sei, habe vor allem „persönliche Gründe“ gehabt. Quaas ist mitunter eine unbequeme Stimme in den eigenen Reihen und hat sich damit nicht nur Freunde gemacht. „Eine solche Wahl ist nicht dazu geeignet, persönliche Animositäten auszutragen“, ärgert sich Schmid.
Jetzt will die CSU-Fraktion aus den Vorgängen Schlüsse ziehen: „Dass die Fraktion einem Personalvorschlag der Führung nicht zustimmt, sollte nicht zu oft vorkommen. Wir werden künftig die sachlichen Gründe besser kommunizieren müssen“, sagt Schmid. „Das haben wir jetzt gelernt.“ Für die Causa Quaas hilft das nicht mehr. In der heutigen Vollversammlung wird Seidl offiziell vom Stadtrat bestätigt.