Coronavirus: Wie München seine Alten schützt
Händeschütteln? Verboten! Besuche? In Corona-Zeiten nur noch von Angehörigen. Wer in diesen Tagen eines der Häuser der Münchenstift GmbH betritt, wird erst einmal befragt. Nur Berechtigte dürfen hinein – nachdem sie sich namentlich in eine Liste am Empfang eingetragen und ihre Hände gründlich desinfizieren haben.
Coronavirus: Münchenstift setzt auf Abschottung
Die städtischen Häuser, in denen etwa 3.000 ältere Münchner leben und 1.900 Menschen arbeiten, setzen in Corona-Zeiten auf Abschottung – und strengste Hygienemaßnahmen. "In neun unserer Häuser leben 2.100 Pflegebedürftige. Sie sind 83 Jahre und älter. Viele haben Vorerkrankungen", sagt München-Stift-Chef Siegfried Benker. "Sie sind die Hochrisikogruppe. Wir setzen alles daran, das Ansteckungsrisiko zu minimieren."
So bleiben in den Münchenstift-Häusern auch die Cafés, die sonst gern von Besuchern aus dem Viertel besucht werden, für Auswärtige geschlossen.
Die Volkshochschule, die dort zum Teil Kurse veranstaltet, muss ausweichen. Angebote von "Externen", die sonst mit Tanzveranstaltungen, Dia-Vorträgen oder Musik für Abwechslung sorgen, sind gestrichen. Auch die 800 ehrenamtlichen Helfer müssen derzeit draußen bleiben. Die strenge Regelung zum Schutz der Bewohner gilt seit voriger Woche. Durch die Maßnahmen konnten Ansteckungen bislang verhindert werden. Von den erfassten 89 Infektionen in der Stadt (Stand Mittwoch, 12.30 Uhr) ist kein München-Stift-Bewohner oder Mitarbeiter betroffen.
Corona-Risiko: "Wir dürfen die Alten jetzt nicht alleinlassen."
Als besonders gefährdet, nach einer Infektion mit Corona schwer zu erkranken oder sogar zu sterben, gelten ältere Menschen mit Vorerkrankungen. Mehr als 266.000 Münchner sind älter als 65 Jahre. Thomas Beyer, Landeschef der Arbeiterwohlfahrt (AWO), kritisiert, dass insbesondere die Gruppe der allein lebenden Seniorinnen und Senioren stark vernachlässigt würde. "Mein Eindruck ist, dass unter ihnen die Unsicherheit noch viel größer ist. Es gibt viele, die sich jetzt sehr allein fühlen. Die Älteren sind auch diejenigen, die unter dem gesellschaftlichen Druck am meisten leiden."
Der AWO-Chef fordert: "Wir dürfen die Alten jetzt nicht alleinlassen." Da große Menschenmengen gemieden werden sollen, müssten Einkaufshilfen für Senioren organisiert werden. "Auch Besuchsdienste müssen initiiert werden, um den Kontakt zu alleinlebenden älteren Menschen zu halten beziehungsweise zu schaffen." Beyer fordert, dass die Koordination bayernweit vom Sozialministerium initiiert wird. "Sich nur auf eine funktionierende Nachbarschaftshilfe zu verlassen, ist zu wenig."
Wichtige Anlaufstelle: Alten- und Service-Zentren
Nach AZ-Informationen will das Sozialministerium bald einen Runden Tisch mit Vertretern der Freien Wohlfahrtspflege und der kommunalen Spitzenverbände organisieren. Eine wichtige Anlaufadresse für Senioren sind die Alten- und Service-Zentren (ASZ). Sie sind aktuell weiter geöffnet. Einen Besucherschwund aus Corona-Angst stellen ASZ-Leiter bislang nicht fest.

Angela Settel vom ASZ Untergiesing: "Es kommen alle. Das soziale Leben ist wahnsinnig wichtig und schützt vor Vereinsamung." Lediglich größere Veranstaltungen ab 20 Teilnehmern wurden in den ASZ-Häusern gestrichen. In allen weisen Schilder darauf hin, sich nicht die Hände zu schütteln, in Gemeinschaftsräumen und Toiletten hängen Desinfektionsspender.
"Wenn sie geschlossen würden, bekämen viele, die dort vergünstigtes Essen bekommen, nichts Vernünftiges mehr zu Essen. Dazu kommt, dass sehr viele relativ einsam sind. Diese Senioren würden dann allein in ihren Wohnungen sitzen", sagt Seniorenbeirätin und Ärztin Ingrid Seyfarth-Metzger.
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