Corona-Simulation der Hochschule München: Wo ist die Ansteckungsgefahr am größten?

Ein Forscherteam aus München untersucht, wie Menschen sich in der Öffentlichkeit mit Corona anstecken. Die Supermarktkasse steht dabei nicht gut da.
Paul Nöllke |
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Die Ansteckungsgefahr im Seehaus kann man am Dienstagnachmittag vermutlich getrost vernachlässigen. Zum einen ist nur draußen offen, zum anderen sind auch nur wirklich Hartgesottene da. Foto: Sigi Müller
Die Ansteckungsgefahr im Seehaus kann man am Dienstagnachmittag vermutlich getrost vernachlässigen. Zum einen ist nur draußen offen, zum anderen sind auch nur wirklich Hartgesottene da. Foto: Sigi Müller

München - Kleine grüne Menschen kommen nur sehr langsam voran. Kleine rote Menschen hingegen laufen deutlich schneller durch die Schleuse, aber stecken sich wohl leichter mit Corona an.

Wo ist die Ansteckungsgefahr hoch?

Die Simulation der Hochschule München zeigt, wie sich Menschen in der Öffentlichkeit bewegen, einmal während sie den Mindestabstand einhalten (grün) oder, wenn sie "ganz natürlich" laufen und sich nahekommen (rot).

"Wir simulieren solche Szenarien, um zu zeigen, wie sich Menschen im öffentlichen Raum bewegen und was das für die Virusübertragung heißt", erklärt Gerta Köster, Professorin der Fakultät für Informatik und Mathematik an der Hochschule München. Normalerweise forscht Köster in der Sicherheitstechnik.

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Dann geht es darum, wie schnell Orte evakuiert werden. Seit ein paar Monaten jedoch arbeiten sie und zwei Doktorandinnen mit Hochdruck an einem anderen Thema: Sie simulieren, wo die Ansteckungsgefahr im öffentlichen Raum für Covid-19 hoch oder weniger hoch ist.

"Wir wollen zeigen, wie Computer und Informatik in dieser Pandemie helfen können"

So würden es Menschen normalerweise machen: Vor der Engstelle wird’s enger. Dann ist aber auch das Ansteckungsrisiko höher.
So würden es Menschen normalerweise machen: Vor der Engstelle wird’s enger. Dann ist aber auch das Ansteckungsrisiko höher. © Hochschule München

"Wir stehen noch am Anfang", erklärt Köster. Sie hofft, dass wenn die Studie Ende des Jahres abgeschlossen ist, ersichtlicher wird, wo sich Menschen anstecken, welche Situationen und Orte gefährlich sind und welche nicht. "Wir wollen auch zeigen, wie Computer und Informatik in dieser Pandemie helfen können."

Corona-Ansteckung: Diese Faktoren zählen für die Forscher

In der Studie werden in Computerszenarien Personen simuliert, die sich in alltäglichen Situationen befinden, zum Beispiel Schlange stehen oder am Bahnsteig auf eine U-Bahn warten.

Halten alle den Abstand ein (grün), wird die Engstelle nur langsam überwunden, zeigt die Computersimulation.
Halten alle den Abstand ein (grün), wird die Engstelle nur langsam überwunden, zeigt die Computersimulation.

Mit Hilfe des Computers wird dann gezeigt, wie die Menschen ein- und ausatmen, wohin sie sich bewegen, wo Abstände eingehalten werden und wo nicht.

Hohes Ansteckungsrisiko: Im Innenraum in einer Schlange anstehen

Doch so einfach es klingt, die Simulationen sind recht komplex. Wie sich Personen bewegen, ob der Wind weht oder die Luft steht, wie Menschen atmen, sind nur einige der Faktoren, die eine Rolle spielen.

"Wir können natürlich nicht alle Faktoren mit einfließen lassen", erklärt die Informatikerin, "wir müssen daher entscheiden, was ist relevant, was nicht."

Dazu stünde man auch im Kontakt mit anderen Wissenschaftlern und Virologen. Es ginge im ersten Schritt darum, "die ungünstigste Situation zu zeigen", damit man sicher wisse, wo es im öffentlichen Raum sicher ist und wo nicht.

Obwohl es noch dauert, bis die Studie abgeschlossen ist, gibt Köster schon mal eine vorsichtige Einschätzung ab: "Es ist nicht überraschend, aber die ersten Simulationen scheinen den Verdacht zu bestärken, dass im Innenraum in einer Schlange anstehen, ein hohes Risiko birgt."

Das liege daran, dass man sich beim Anstehen immer wieder in die Aerosolwolke des Vordermanns begebe. Wenn die Studie in acht Monaten abgeschlossen ist, hoffen Köster und ihr Team mehr solcher Erkenntnisse zu haben und ganz konkret simulieren zu können, wo die Ansteckungsgefahr hoch oder niedrig ist, damit nicht nur die kleinen grünen Menschen in der Simulation, sondern auch die Münchnerinnen und Münchner sich sicher bewegen können.


RKI-Daten: Wo steckt man sich an - daheim, im Büro, in der Kita?

Das Robert Koch-Institut (RKI) wertete Anfang April das Infektionsumfeld der gemeldeten Corona-Fälle aus. Gesundheitsämter fragen bei der Kontaktverfolgung ab, wo Infizierte glauben, sich angesteckt zu haben.

Das RKI bewertet das Infektionsgeschehen weiterhin als diffus, das heißt, viele Infektionen lassen sich nicht genau lokalisieren.

Allerdings stellt das RKI fest, dass sich Corona-Übertragungen in Privathaushalten, im beruflichen Umfeld und in Kitas häufen. Speisestätten spielten im Frühjahr bei Infektionen kaum eine Rolle - allerdings war die Gastronomie ja auch geschlossen.

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16 Kommentare
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  • Nua ned hudln am 26.05.2021 18:42 Uhr / Bewertung:

    Solange die Verkehrsbetriebe eine Studie in Auftrag geben, nach der man sich in Verkehrsbetrieben nicht ansteckt (wo wir wieder beim gesunden Menschenverstand - oder in dem Fall seiner Abwesenheit - sind) braucht es solche Artikel wohl leider noch.

  • TechTech am 26.05.2021 17:41 Uhr / Bewertung:

    "Allerdings stellt das RKI fest, dass sich Corona-Übertragungen in Privathaushalten, im beruflichen Umfeld und in Kitas häufen."

    Herzlichen Glückwunsch, das Ende der Infektionskette wurde identifiziert. Wichtiger wäre es gewesen herauszufinden wo sich die Menschen außerhalb dieser "Bubbles" infizieren und wer es von wo hineingebracht, aber das habt ihr bis heute nicht hinbekommen. Dass die meisten Menschen sich im privaten Haushalt infizieren ist das Resultat davon, dass man die Ketten nicht früh genug brechen konnte und wenn dann die ganze Familie infiziert ist, heißt es: "oh, das muss ein Corona-Herd sein". Ohne Impfungen wären wir im ewigen Teufelskreis. Gott bewahre vor der nächsten Pandemie.

  • Hundekrawatte am 26.05.2021 22:41 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von TechTech

    Ohne „Impfungen“ die gar nicht schützen wären wir schon lange wieder am Tresen.

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