Christbaum auf dem Marienplatz kommt aus dem Allgäu

München - Oh, was musste sich der Bürgermeister von Ruhpolding vergangenes Jahr nicht alles anhören. Was für ein dürres Stangerl er da angekarrt habe, was für eine zerrupfte Kraxn, eher einen Mistbaum als einen Christbaum. Dabei hatte er ja eigentlich nur ein Geschenk überbracht.
In Weiler im Allgäu würde man sich eine ähnliche Standpauke gerne ersparen. Die 6000-Seelen-Gemeinde stellt heuer den Weihnachtsbaum für den Marienplatz – und war aufgrund der Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr natürlich besonders sorgfältig bei der Auswahl.
Stundenlang seien die Mitarbeiter des Bauhofs unterwegs gewesen, um einen geeigneten Baum auszuspähen, sagt Tourismus-Chef Sebastian Koch. „Die hatten schon Genickstarre vom vielen Baumangucken.“ Die Auswahl des richtigen Christbaums ist jedes Jahr ein Politikum. Ernsthafte diplomatische Verwicklungen habe es zwar noch nicht gegeben, heißt es aus dem Rathaus. Aber natürlich wird regelmäßig geschimpft. Denn irgendwas am Baum auszusetzen haben die Münchner meistens doch.
Dabei gibt es bei der Stadt eigentlich eine eigene Baumfindekommission. Die soll sicherstellen, dass am Marienplatz nicht irgendein struppiges Gewächs aufgestellt wird, sondern ein möglichst üppiges Nadelholz. Normalerweise gehören dieser Kommission zwei Beamte an. Heuer allerdings sind gleich drei Gesandte ausgerückt. Nicht jedoch, weil die Baumkür vergangenes Jahr so schiefgegangen ist, sondern weil einer der beiden Baumgutachter gerade einen Nachfolger heranzieht.
In Weiler fiel die Wahl letztlich auf eine stattliche Weißtanne. Die war auch der Favorit der örtlichen Bauhofs-Leute.
Lesen Sie auch: Farbbeutel und Tritte bei Demo in der Innenstadt
Die Größe bleibt noch geheim
Bereits am 9. November wird die Tanne auf dem Marienplatz erwartet. Wie hoch sie ist, will man in der Entsendergemeinde indes noch nicht verraten, die Größe soll Teil eines Gewinnspiels werden. Das Gewinnspiel gehört zu einer Werbekampagne. Wie viele andere Gemeinden so hofft nämlich auch Weiler, sich mit dem Christbaum bei den Münchnern nachhaltig als Tourismusziel ins Gedächtnis bringen zu können.
Dass der Dank für die Baumspende mitunter etwas ruppig ausfällt, verhindert deshalb nicht, dass sich immer neue Spender melden. Es existiert sogar eine Warteliste, die derzeit weit ins nächste Jahrzehnt hineinreicht.
Letztlich geht es beim Baum also vor allem um Aufmerksamkeit. „Wir haben deshalb auch geschaut“, scherzt Weilers Tourismus-Chef Koch, „ob wir nicht noch einen hässlicheren finden als den von 2015.“ Die Schlagzeilen wären dem Baum sicher gewesen. Aber Weiler ist die erste Stiftergemeinde aus dem Allgäu. Da wollte man sich keine Blöße geben.
Dass damit alles gut ist, ist aber noch nicht gesagt. Vor ein paar Jahren zum Beispiel gab es mal Reibereien mit dem Markt Berchtesgaden. Dessen Baumspende war für den Transport so schlecht verpackt, dass auf der Autobahn ein Ast nach dem anderen amputiert werden musste.
Am Ende kam in München nur noch ein trauriges Steckerl an. So durfte das Gastgeschenk natürlich nicht auf den Marienplatz. Aus dem städtischen Forst wurde schnell Ersatz besorgt – und Berchtesgaden durfte dafür auch noch zahlen.