Chaos nach Wolkenbruch: Als München plötzlich im Regen versank
München - Es sind dramatische Szenen, über die die AZ am 26. August 1974 aus Obermenzing und Laim berichtet. Wolkenburchartige Regenfälle haben am Samstagabend für ein Chaos im Münchner Westen gesorgt. "Autos werden von der von allen Seiten hereinbrechenden Flut regelrecht überspült", berichtet AZ-Reporter Günter Chall.
Autofahrer hätten durch 1,50 Meter hohe Wassermassen um ihr Leben schwimmen müssen. Tiefergelegte Ladengeschäfte wurden überflutet, Waren in Millionenwert vernichtet. "Allein 200 Keller und Kellerwohnungen standen unter Wasser."
Historisches Unwetter in München: Abflusskanäle könnten die Wassermassen nicht mehr aufnehmen
Die Münchner Feuerwehr meldet, dass in drei Stunden 16 Liter Wasser pro Quadratmeter heruntergekommen seien. Die Abflusskanäle der Stadt konnten diese Wassermassen nicht aufnehmen.
Die AZ zitiert Martha D. aus Obermenzing. "Bereits vor sieben Jahren wurde unser Geschäft nach einem Wolkenbruch überschwemmt." Sie habe sie damals bereits bei der Stadt beschwert.
"Uns wurde versprochen, dass die Abflussrohre erweitert werden oder zusätzliche geschaffen werden sollten. Bisher geschah nichts, obwohl unser Geschäft auf städtischem Grund steht und wir es von der Stadt gepachtet haben."
Münchner Unterführungen: "Wasserfallen für Autofahrer"
Der Autoverkehr bricht weitflächig zusammen. Ein Polizist sagt: "Die Autos fuhren nicht mehr, sie schwammen." Am Bahnhof Laim richtet die Feuerwehr mit Bergungsfahrzeugen einen "Pendelverkehr" durch die überflutete S-Bahn-Unterführung ein, um ankommende S-Bahn-Reisende zu befördern.

Schnelle Konsequenzen übrigens gibt es nicht. Einen Tag später meldet die AZ: "Münchens Unterführungen bleiben gefährlich." Die Unterführungen der Stadt seien auch in Zukunft "Wasserfallen für Autofahrer".
Sprecher der Stadt hat damals wenig Mitleid
Das Baureferat wird zitiert, dass "bei solchen Wolkenbrüchen immer wieder Unterführungen unter Wasser stehen werden, das lässt sich wohl nie ganz abstellen". Wenn die Stadt alle Unterführungen "Sintflut-sicher" ausbauen wolle, würde das hunderte Millionen Euro kosten – Geld, das man nicht habe.
Hilfe verspricht man für Ladenbesitzer in der Verdistraße. Dort sollen "hochwassersichere Türen", angebracht werden. Keine Hilfe bietet die Stadt hingegen den Autofahrern, deren Wagen abgesoffen sind. Ein Sprecher der Stadt lapidar zur AZ: "Die sind selbst schuld gewesen. Die haben gedacht, sie schaffen es und sind dann steckengeblieben. Das ist dann halt ihr Pech."