Busfahrer beleidigt Behinderte: Die Entschuldigung

München - Es hat lange gedauert. Fast elf Monate wartete Rollstuhlfahrerin Bernadette G. (37) auf eine Entschuldigung. Jetzt endlich ist sie da. Wie berichtet, soll ein Busfahrer des MVG-Partnerunternehmens Autobus Oberbayern die Münchner Autorin mit den Worten: „Ihr gehört erschossen!“, beleidigt haben.
Nun hat sich Autobus Oberbayern direkt mit Bernadette G. in Verbindung gesetzt und Stellung genommen – reichlich spät, denn mehrere Medien hatten bereits unmittelbar nach dem Vorfall über den schweren Vorwurf berichtet. Und auch nach der zweiseitigen Stellungnahme per Mail, die Autobus Oberbayern ihr nun per Mail geschickt hat, bleibt für Bernadette G. ein fahler Beigeschmack. Sie empfindet die Entschuldigung als halbherzig. „Aus dem Schreiben kann man auch herauslesen, dass sie nicht recht wissen, ob sie mir wirklich glauben sollen. Das heißt aber, dass an meiner Glaubwürdigkeit gezweifelt wird. Das macht mich fassungslos. Warum sollte ich denn lügen?“, fragt sie empört.
Der Vorfall: Wie berichtet, war die spastische gelähmte Frau am 15. Mai vergangenen Jahres mit dem Bus der Linie 141 von Milbertshofen zur Endhaltestelle Dülferstraße gefahren. Der Bus hatte Verspätung, der Fahrer (heute 53) schien gestresst zu sein. Beim Ein- und Aussteigen musste er für Bernadette G. die Rampe absenken und wieder hochfahren, was immer einige Minuten dauert. An der Endhaltestelle sollen dann die unfassbaren Worte gefallen sein.
Die Rollstuhlfahrerin erstattete bei der Polizei Anzeige wegen Beleidigung, der Fahrer bestritt den Vorwurf gegenüber der Polizei und seinem Arbeitgeber, aber er zahlte später 1200 Euro Strafe (40 Tagessätze à 30 Euro), nachdem er von einer Richterin des Amtsgerichtes einen Strafbefehl bekommen hatte. Darin heißt es, er habe Bernadette G. mit den Worten „Ihr gehört erschossen“ beleidigt, um seine Missachtung ihr gegenüber und anderen Rollstuhlfahrern auszudrücken.
Die Münchnerin wartete seitdem auf eine Entschuldigung, doch nichts passierte. Erst vor wenigen Tagen reagierte Autobus Oberbayern. „Wir wurden kürzlich von der MVG auf einen Beitrag Ihres Mannes auf der MVG Facebook-Seite aufmerksam gemacht“, heißt es in der Mail.
„In keinem Fall deren Privatangelegenheit“
In dem Schreiben, das von Autobus-Geschäftsführer Nico Schoenecker unterzeichnet ist, steht: „Wir haben den Mitarbeiter damals unverzüglich zur Rede gestellt. Dieser hat den Vorwurf uns gegenüber abgestritten. Da uns zum damaligen Zeitpunkt weder weiterführende Erkenntnisse zu dem Vorfall, noch eine direkte Beschwerde vorlagen, konnten wir der Sache leider nicht weiter nachgehen.“ Der Geschäftsführer stellt in der Mail „in aller Deutlichkeit“ klar: „Autobus Oberbayern duldet oder toleriert in keiner Weise Diskriminierung oder Beleidigungen! Autobus Oberbayern spricht sich entschieden gegen Intoleranz jeglicher Art aus und distanziert sich von Aussagen und Verhaltensweisen, die darauf abzielen, Menschen zu diffamieren.“
Dann folgt die aus Bernadette G.s Sicht halbherzige Entschuldigung: „Sollte sich der Sachverhalt wie von Ihnen geschildert zugetragen haben, entschuldigen wir uns in aller Form und bitten Sie um Verzeihung.“ Weiter heißt es: „In jedem Fall bedauern wir die Ihnen durch diesen Sachverhalt entstandenen Unannehmlichkeiten. Ebenso deutlich möchten wir darauf hinweisen, dass wir – anders als in besagter Berichterstattung behauptet – (das bezieht sich auf den AZ-Artikel vom 1. April, Anm. der Red.) ein mögliches Fehlverhalten unserer Mitarbeiter im Dienst in keinem Fall als deren Privatangelegenheit ansehen.“
Der Geschäftsführer bittet schließlich noch um Verständnis, dass Autobus Oberbayern eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern habe „und wir die Sach- und Faktenlage genau prüfen müssen, bevor wir entsprechend handeln (...) In diesem Fall wird es zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen für unseren Mitarbeiter kommen.“ Aus Datenschutzgründen dürfe man aber keine weiteren Angaben machen. Für Bernadette G. ist „die Sache“ abgeschlossen. Bus fahren wird sie weiterhin: „Ich bin darauf angewiesen.“ Nina Job