Bürgermeisterin Christine Strobl: So war Weihnachten zu meiner Kindheit

München - Der heimliche Blick durchs Schlüsselloch machte Christine stutzig: Das sind doch Mama und Papa! Was machen die im verschlossenen Wohnzimmer? Wieso hängen sie Kugeln und Sterne auf? Wie festgefroren stand das Mädchen vor der Tür – bis ihre Mutter herauskam und dann selbst erstmal sprachlos war. Doch da sprudelte es aus der kleinen Christine auch schon heraus: „Das Christkind ist bestimmt müde, deshalb habt ihr ihm beim Christbaumschmücken geholfen.“
Die Eltern nickten stumm. Die Vierjährige war sichtlich glücklich und zufrieden – und glaubte fortan noch einige Jahre länger ans Christkind.
„Ich habe immer mehr Indizien dafür entdeckt, dass meine Eltern erstaunlich viele Dinge gemacht haben, die eigentlich vom Christkind kommen sollten“, erzählt Christine Strobl, inzwischen Münchner Bürgermeisterin. „Im Grunde wollte ich alles aber gar nicht so genau wissen.“ So ist das eben mit dem Zauber der Weihnacht.
"Weihnachten ist bei uns immer das Fest der Familie"
Erinnerungen kommen auf, als Christine Strobl in ihrem Büro im Rathaus Kinderfotos aus einer (von ihren Kindern beklebten) Schachtel herausfischt. „Weihnachten ist und war bei uns immer das Fest der Familie, zu der auch ganz wenige, sehr enge Freunde gehören“, sagt Münchens dritte Bürgermeisterin. „An Weihnachten kommt man mit den liebsten Menschen zusammen.“
Zu denen gehört seit eh und je Christine Strobls Freundin Karin: wie sie ein echtes Münchner Kindl, wie sie geboren in der Isarvorstadt. Christines Familie wohnte im Erdgeschoss, Karins im vierten Stock. Kaum ein Tag verging, an dem die Mädchen sich nicht gegenseitig besuchten. Beide haben keine Geschwister, und so wurde die drei Jahre ältere Karin für Christine quasi zur großen Schwester.
„Am zweiten Weihnachtsfeiertag haben sich unsere Familien reihum eingeladen“, erzählt Christine Strobl und zeigt ein Foto von sich im karierten Trägerröckchen neben Karin und dem Christbaum. „Sie hatte schon immer lange Haare, ich wollte meine schon immer eher kürzer.“
Aus der Kinderfreundschaft wurde eine Freundschaft fürs Leben
Fest steht: Aus der Kinderfreundschaft wurde eine Freundschaft fürs Leben. Ihre Wege trennten sich, doch die enge Verbindung blieb. Beide heirateten, bekamen jeweils zuerst einen Buben, dann ein Mädchen. „Eine erstaunliche Parallele“, sagt Strobl lachend: „Wie wir die hinbekommen haben, wissen wir auch nicht.“ Traditionsgemäß treffen sich die zwei Freundinnen auch heuer wieder am 26. Dezember im Kreis ihrer Familien. Einmal mehr zieht Christine Strobl ein Foto aus ihrer Schachtel. Darauf zu sehen: Der zweite Weihnachtsfeiertag 2014.
Lesen Sie hier: Weihnachten mit Bürgermeister Josef Schmid
„Das war tatsächlich schon unser 50. gemeinsames Weihnachten! Dass eine Freundschaft so lange Bestand hat, ist schon schön und wohl eher außergewöhnlich“, sagt Strobl: „Wir sehen uns oft wochenlang nicht, doch Karin ist einer der wenigen Menschen, die ich notfalls auch nachts um drei anrufen könnte – und anders herum ist’s ebenso.“
Am 24. Dezember kam die Familie bislang immer bei den Strobls zusammen. Doch heuer sind sie mal bei Christines Mutter zu Gast. „Auch Traditionen kann man ja ändern“, sagt Christine Strobl und fügt schmunzelnd hinzu: „Verändern in Maßen.“ So kommen dieses Jahr auch nicht „Würschtl mit Kraut“ auf den Tisch, wie es seit ihrer Kindheit alljährlich der Brauch war. „Wir haben uns für Raclette entschieden. Das macht auch nicht viel Arbeit und in der Familienrunde Spaß.“ Beim Schmücken des Christbaums helfen heuer Christines Kinder Michael (21) und Maria (17) ihrer Oma.
Geschenke sind immer ein bisschen stressig
Wie sieht es mit Geschenken aus? Die Stirn der Bürgermeisterin legt sich in leichte Falten. „Wie fast jedes Jahr wird es wahrscheinlich doch wieder ein bisschen stressig. Ich weiß zwar längst ganz genau, was ich wem schenken will, doch ich bin eine Spätbesorgerin.“
Bei Sohn Michael fällt das Geschenkeaussuchen diesmal leicht: Der 21-Jährige ist im Frühjahr ausgezogen und hat sich von der Mama eine kleine Finanzspritze für seine erste eigene kleine Wohnung gewünscht. Dass er am Heiligen Abend mit seiner Familie feiert, steht für Michi außer Frage. Traditionen werden im Hause Strobl eben gepflegt.
Auf einem leicht vergilbten Foto entdeckt die Bürgermeisterin plötzlich zwei kleine Stoffschildkröten. Die Freude ist sichtlich groß. Auf dem Bild haben die beiden flauschiges Plüschfell, doch heute sehen sie anders aus, wie Christine Strobl erzählt: „Sie wurden eben sehr geliebt und haben inzwischen einige lichte Stellen. Die Schildkröten sind jetzt in einer Vitrine im Wohnzimmer.“
Ein weitaus schlechteres Schicksal hat ihr unvergessenes „allertollstes Weihnachtsgeschenk“ erlitten: ihr Pony auf Rädern. Das bekam Christine Strobl einst als kleines Mädchen geschenkt. „Das Pony war mein Herzenswunsch. Leider ist es nach etlichen Jahren im Dauereinsatz völlig aus dem Leim gegangen.“ Gab’s das geliebte Pony vom Christkind oder von den Eltern? Christine Strobl lacht. „Das war vor der Zeit, als ich neugierig durchs Schlüsselloch geschaut habe. Keine Frage: Mein Pony brachte das Christkind.“