Bürgergespräch auf dem Nockherberg in München: Diesmal ein leichtes Spiel für Olaf Scholz
München - Es ist warm im Festsaal vom Paulaner am Nockherberg, wohin Bundeskanzler Olaf Scholz und Bayerns SPD-Chef Florian von Brunn am Donnerstagnachmittag zum Bürgergespräch geladen haben.
Doch die Stimmung ist bei weitem nicht so erhitzt wie eine knappe Woche vorher auf dem Marienplatz, wo die Reden der Sozialdemokraten immer wieder durch Trillerpfeifen und Zwischenrufe gestört worden waren.
Olaf Scholz kommt wieder nach München: Dieter Reiter erlaubt sich einen Spaß
Der Kanzler wird von den Anwesenden mit Applaus empfangen, und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) foppt ihn zur Begrüßung ein bisschen: Man müsse einmal prüfen, ob Scholz nicht bald zweitwohnungssteuerpflichtig sei, wo er doch so oft nach München kommen. Gefragt werden Scholz und von Brunn vor allem nach sozialen Belangen – ganz vorne dabei: bezahlbares Wohnen. Der von der CSU geführten Staatsregierung versprochene Turbo habe "nicht gezündet", sagte von Brunn.
Während die staatliche bayerische Wohnungsbaugesellschaft in fünf Jahren gerade einmal 89 Wohnungen geschaffen habe, stelle die rot-grün regierte Stadt München jedes Jahr 1000 bis 1200 bezahlbare Wohnungen zur Verfügung, lobt er. Mit einer "ehrlichen Milliarde", die er Städten und Kommunen vor allem für sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen wolle, würde er das ändern, sagt von Brunn, der Spitzenkandidat der Genossen bei der Landtagswahl ist.
Olaf Scholz: Für die explodierenden Mieten ist die FDP verantwortlich
Kanzler Scholz machte es sich hingegen leicht: Das Thema Wohnungsbau falle in SPD-Zuständigkeit, für das Problem der explodierenden Mieten sei jedoch die FDP zuständig. 19 Milliarden vom Bund zur Förderung des Mietwohnungsbaus seien ein starker Impuls. Und im Übrigen seien 1970 in Westdeutschland 700.000 Wohnungen gebaut worden – bei einem Zinssatz von neun Prozent.
Zum Thema Reichensteuer antwortet der Kanzler, die SPD habe schon immer gesagt, dass Spitzenverdiener, ein bisschen mehr leisten sollten. "Damit sind wir im Koalitionsvertrag aber nicht so gut durchgekommen."
Bürgergespräch auf dem Nockherberg: Kritische Nachfragen gibt es keine
Scholz hat auf dem Nockherberg leichtes Spiel, weil Nachbohren nicht möglich und das Publikum ihm jedenfalls nicht abgeneigt ist. Es besteht zu großen Teilen aus Vertretern von Verbänden, Vereinen, Gewerkschaften – und aus Sozialdemokraten.
Einzig Angela Inselkammer, Präsidentin des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands versucht es, den Kanzler auf die Beibehaltung des ermäßigten Sieben-Prozent-Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie festzunageln. Es gelingt ihr nicht. Bundesrat und Bundestag müssten im November oder Dezember erst einmal sehen, wofür Geld da ist, sagt Scholz, als ob die Haushaltsplanung Sache von Parlament und Länderkammer wäre.
Vor dem Bürgergespräch stand ein Termin mit Markus Söder auf der Tagesordnung
Zum Ukraine-Thema operiert Scholz geschickt zwischen dem Begehren einer Handvoll Ukraine-Unterstützer, die von Deutschlands Kanzler Taurus-Raketen für Kiew fordern, und der allgemeinen Angst vor einem zu großen Engagement der Bundesrepublik.

Deutschland werde die Ukraine so lange unterstützen, wie es nötig sei, wiederholt Scholz seine Formel. Immerhin leiste Deutschland nach den USA die größte Unterstützung für das angegriffene Land, auch in militärischer Hinsicht. "Wenn wir Pech haben", so der Kanzler, müsse man diese Unterstützung auch in den nächsten Jahren aufrecht erhalten. Aber seine Regierung werde in dieser Frage weiter machen wie bisher: "Wohl überlegt, sorgfältig durchdacht, abgestimmt, ohne Alleingänge durch Deutschland".
Vor dem Bürgergespräch war Scholz übrigens schon mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) unterwegs gewesen: In Geretsried besichtigte das Trio ein kommerzielles Geothermiekraftwerk mit neuartiger Technologie.