Bestattungsboutique in München: Mit dem iPad zur Urne
München - Ein freundliches Schaufenster, nur ein paar Schritte vom städtischen Bestattungsamt entfernt. Hinter dem Glas stehen zwei weiße Designerstühle, zu sehen sind elegante Duftkerzen, Trockenblumengestecke, Bücher. Man käme nicht auf die Idee, was für ein Laden hier in der Damenstiftstraße 18 vor zweieinhalb Wochen eröffnet hat - stünde nicht dieser durchaus pfiffige Spruch im Fenster: "Bestatten, Mymoria".
Bestattungsboutique in München: Offen, hell, gemütlich
Münchens altgediente Bestattungsunternehmen bekommen junge Konkurrenz. Von zwei Jungunternehmern, die 2015 schon das digitale Bestattungshaus Mymoria.de gegründet haben. "Wir hatten damals einen Todesfall im Freundeskreis", erzählt Gründer Björn Wolff (41). "Bei der Organisation ist uns aufgefallen, wie wenig transparent alles ist, was mit Beerdigungen zu tun hat.

Dass Kosten schwer zu überblicken sind, dass man online nichts findet." "Die Bestattungsindustrie", sagt sein Mit-Geschäftsführer Felix Maßheimer (40), "schien uns in der Zeit stehengeblieben." Trauerhilfehäuser seien in der Regel schon rein optisch auch keine Wohlfühlorte. Wolff: "Da gehen Sie nur rein, wenn Sie müssen, nicht, wenn Sie können. Das wollten wir verändern."
Digitale Beratung per Laptop oder Tablet
Entsprechend freundlich haben sie ihre "Bestattungsboutique" gestaltet - offen, mit gemütlichen Sitzecken, einer Bücherwand mit Kinderbüchern zum Thema Trauer. Statt Wänden stehen Birkenstämme als lichte Raumteiler im Geschäft. Was völlig fehlt, sind Särge. Gerade mal drei Urnen finden sich im Raum, formschön, biologisch abbaubar. Denn all das lässt sich ja online anschauen und aussuchen. Entweder schon daheim, auf dem Laptop oder iPad - oder auch hier mit Beratung im Geschäft auf dem großen Bildschirm.

In wenigen Minuten kann man auf dem Screen eine Bestattung am Wunschort planen (Erde, Feuer, See oder Baum?), mit oder ohne großen Abschied, mit oder ohne Trauerredner, Blumenkränzen oder anderen Besonderheiten. Und schon während man plant und ankreuzt, wird auf dem Bildschirm exakt ausgerechnet, wie teuer es am Ende wird.
Zweiter Laden des ehemaligen Onlinebestatters
Vier Jahre hat Mymoria ausschließlich online gearbeitet. Man habe seither "einige Tausend Bestattungen durchgeführt", sagt Wolff. Seit diesem Sommer gibt es einen ersten Laden in Köln - und nun eben auch diesen in München.

Haben sie Trendveränderungen gemerkt seither? Vor fünf Jahren, sagt Wolff, seien die Hälfte der Beerdigungen Erdbestattungen gewesen. "Jetzt wünschen sich 80 Prozent eine Feuerbestattung, weil die Menschen mobiler sind und selten da leben, wo das Familiengrab liegt." Immer mehr Wünsche gebe es überhaupt nach ganz anderen Alternativen. "Seebeisetzungen in der Ostsee, zum Beispiel, oder ein Urnengrab in einem spanischen Orangenhain." Möglich machen könne man das alles.