Bellevue di Monaco will Asylsuchende im Berufsleben integrieren
München - Für die meisten bedeutet Arbeit mehr, als eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Für Geflüchtete zum Beispiel eine wichtige Möglichkeit, sich zu integrieren. Doch in der Praxis ist das vielen nicht möglich. Deshalb startet das Team vom Münchner Kulturzentrum Bellevue di Monaco mit Arbeitgebern und Geflüchteten die Kampagne "Lass mas halt arbeiten!", um auf das Problem aufmerksam zu machen.
"Arbeit ist ein Thema, bei dem man leicht zeigen kann, wie man Menschen integrieren könnte, wie leicht man ihnen eine Beteiligung oder ein Mitwirken an der Gesellschaft geben könnte", sagt Moritz Schleissing von Bellevue di Monaco. Deshalb ist das Thema dieses Jahr der inhaltliche Schwerpunkt für das Münchner Wohn- und Kulturzentrum. Bellevue di Monaco könne nicht verstehen, wieso vielen Geflüchteten verweigert wird, zu arbeiten, so Schleissing.
Jobs wären da - aber Asylsuchende dürfen nicht arbeiten
Viele von ihnen hätten in ihren Herkunftsländern einen Beruf erlernt. Anstatt in diesem zu arbeiten, würden sie aber "dazu verdammt, untätig herumzusitzen". Die Folgen sind Isolation und Frustration der Geflüchteten und ein volkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe – denn viele Ausbildungs- und Arbeitsplätze bleiben unbesetzt.
Viele Arbeitgeber würden Schutzsuchenden nur zu gern eine Ausbildung anbieten. Siegfried Benker, Geschäftsführer von Münchenstift, hat mit Geflüchteten in seinem Unternehmen "wirklich positive Erfahrungen" gemacht. Seit 2016 übernimmt die gemeinnützige Gesellschaft der Stadt Schutzsuchende für die Ausbildung. Man habe zunächst eine einjährige Ausbildung zum Pflegefachhelfer angeboten. Die Bilanz: Von 20 Geflüchteten haben 18 die Ausbildung geschafft, circa zwei Drittel sind noch im Unternehmen tätig. Sechs der Pflegefachhelfer hätten im Anschluss eine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft angefangen.
Um die Geflüchteten besser "beim Ankommen" unterstützen zu können, hat Münchenstift 2018 in Zusammenarbeit mit der Stadt München eine zweijährige Ausbildung aufgebaut. Gerade befinden sich laut Benker 41 Geflüchtete bei dem Pflegeunternehmen in der Ausbildung. Eine Sozialpädagogin im Unternehmen hilft den Geflüchteten unter anderem bei den Themen Aufenthalt und Wohnraum.
Benker: "Pflege ist ohne Zuwanderung nicht denkbar"
Doch Benker berichtet auch von Geflüchteten, die in seinem Unternehmen eine Ausbildung beginnen wollten, aber nicht durften. Nach monatelangem Warten kam die Arbeitserlaubnis doch nicht. Begründet wurde das unter anderem mit dem Herkunftsland oder dem Status des Asylverfahrens.
Der AZ sagt Benker, seine oberste Forderung an die Politik sei, dass Personen, die in der Pflege arbeiten wollten, auch eine Möglichkeit erhielten, sich eine Zukunft aufzubauen. "Die Politik muss umdenken", sagt der Geschäftsführer von Münchenstift. "Pflege ist ohne Zuwanderung nicht denkbar."
Doch wer darf arbeiten, wer nicht? Menschen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten kommen, haben oft eine geringe Bleibeperspektive. "Diesen wird kollektiv verboten, zu arbeiten", sagt Schleissing von Bellevue di Monaco. Erhält ein Bewerber anstatt einer Aufenthaltserlaubnis nur eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung, entscheidet laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Ausländerbehörde im Einzelfall, ob eine Arbeitsgenehmigung erteilt wird oder nicht.
Das fordert das Bellevue von Aiwanger und Herrmann
Ghana, der Senegal und der Kosovo werden zum Beispiel als sichere Herkunftsländer eingestuft. Schleissing berichtet von einem jungen Mann aus Senegal, der seit sechs Jahren in Deutschland lebt. Die Behörden hatten ihm mitgeteilt, wenn er Deutsch lerne, dürfe er eine Ausbildung beginnen. Nachdem er aber nach kurzer Zeit sein Zertifikat geschafft und auch einen Arbeitgeber gefunden hatte, verweigerte man ihm, die Arbeit zu beginnen.
Das Bellevue hat Forderungen an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) und Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ausgearbeitet: Die Staatsregierung soll Integration vor Abschiebung setzen und Geflüchteten Zugang zu Ausbildung, Arbeit und Sprachkursen geben. Zudem soll sich die Wohnsituation ändern: dezentrale Unterbringung statt Ankerzentren.
Geflüchtete mit guter Bleibeperspektive, etwa aus Syrien, betreffen Arbeits- und Ausbildungsverbote in der Regel nicht: Laut dem BAMF dürfen Asylbewerber, die einen positiven Bescheid erhalten, uneingeschränkt beschäftigt werden oder sich selbstständig machen. Dennoch sei es für Geflüchtete und Arbeitgeber schwer, den "behördlichen Dschungel" zu durchblicken, so Schleissing.
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