Bei der Stadt verdienen Frauen mehr als Männer
Bei der Stadt – so haben Berechnungen ergeben – bekommen weibliche Arbeitnehmer im Schnitt 1653 Euro im Jahr mehr als männliche. Die AZ erklärt die Gründe
München - Frauen werden im Job oft benachteiligt. Das Problem ist bekannt – auch in München. Alljährlich wird auch hier beim „Equal Pay Day“ für mehr Lohngerechtigkeit demonstriert. Und wer ist einer der größten Arbeitgeber in München? Die Stadt selbst. Rund 30.000 Menschen arbeiten in der Verwaltung, weitere rund 2000 in den sechs Eigenbetrieben. Wie sieht’s eigentlich bei den Stadt-Beschäftigten in puncto Lohngleichheit aus? Das soll jetzt im Rahmen einer externen Untersuchung überprüft werden. So hat es die rot-grüne Stadtratsmehrheit beschlossen.
Dabei hatte sich das Personalreferat eigentlich gegen eine solche Studie ausgesprochen. Warum? Die Behörde führt zur Begründung auch eine Berechnung der Stadtkämmerei an, die sich die Entgeltstrukturen in München mal angeschaut hat. Dabei kam sie zu einem überraschenden Ergebnis: Der Rechnung zufolge verdienen Frauen bei der Verwaltung sogar mehr als Männer. Weibliche Beschäftigte bekämen umgerechnet auf eine Vollzeitstelle durchschnittlich 50.296 Euro im Jahr – und damit 1653 Euro mehr als ihre männlichen Kollegen. Die müssen sich nämlich im Schnitt mit 48.643 Euro begnügen.
Wie kann das sein? Ist München eine Insel der glückseligen Frauen? Zur Erklärung wird in der Stellungnahme angeführt: Die klassischen Arbeiterjobs, die es auch bei der Stadt gibt, sind eine (weniger gut bezahlte) Männer-Domäne – Straßenreiniger zum Beispiel oder Müllmänner. Zudem seien Frauen in den oberen Entgeltgruppen „nicht wesentlich unterrepräsentiert“. Laut Gleichstellungsstelle liegt der Anteil von weiblichen Beschäftigten in Führungspositionen bei der Stadt bei 44 Prozent.
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„Mich hat das Ergebnis der vorläufigen Analyse nicht überrascht“, sagt Personalreferent Thomas Böhle. „Das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes behandelt Frauen und Männer gleich.“
Auch nach Auffassung des Kommunalen Arbeitgeberverbands Bayern sei das Entgeltsystem im öffentlichen Dienst diskriminierungsfrei, erklärt sein Referat in einer schriftlichen Beschlussvorlage zum Thema „Entgeltdiskriminierung“. Es gebe keine Eingruppierungs- und Vergütungsvorschriften, die unmittelbar auf das Geschlecht der Beschäftigten bezogen seien.
Das Fazit der Behörde: „Aufgrund dieser Erkenntnisse sehen wir derzeit keine Veranlassung, tiefer in die Materie einzusteigen.“ Zudem sei die Berechnung des bereinigten Verdienstunterschieds äußerst aufwändig. Damit aber konnte sich das Personalreferat nicht durchsetzen. Rot-Grün gab gegen die Stimmen der anderen Parteien den Auftrag, genauer hinzuschauen.
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Die Gleichstellungsbeauftragte Michaela Pichlbauer erklärt, warum die bisherigen Zahlenspiele der Stadt, die Frauen sogar im Vorteil sehen, nicht reichen: „So kann man nicht rechnen. Das ist zu harmlos gedacht.“ Um die tatsächliche Lohnlücke zu ermitteln, seien komplizierte Rechnungen nötig. „Wenn man Zahlen verwendet, muss man genau schauen, ob diese vergleichbar sind. Sonst produziert man nur Mischobst.“ Das Entscheidene sei, dass es nun einen Stadtratsbeschluss gebe, sich die tatsächlichen Verhältnisse genauer anzusehen.
Dann wird sich zeigen, ob die Männer in München tatsächlich im Nachteil sind. Das Statistische Bundesamt geht übrigens davon aus, dass es im öffentlichen Bereich einen unbereinigten Verdienstunterschied von sieben Prozent gibt – zu Ungunsten der Frauen.
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- Thomas Böhle