Stadt vergibt keine Aufträge an Gehalts-Chauvis
Die Stadt macht nur noch mit Firmen Geschäfte, die Frauen genauso gut bezahlen wie Männer
München - Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit. Ist es aber nicht. Zwischen Männern und Frauen gibt’s in Deutschland noch einen deutlichen Lohnabstand – zu Ungunsten der Frauen. Der Münchner Stadtrat hat gegen diese Ungleichbehandlung ein Zeichen gesetzt: Künftig sollen bloß noch Firmen einen Auftrag von der Stadt erhalten, die zusichern, dass sie Frauen beim Entgelt nicht diskriminieren. Wie funktioniert das, und was bringt das? Die AZ gibt einen Überblick.
DIE AUSGANGSLAGE
Jüngste Untersuchungen haben gezeigt: In Deutschland gibt es immer noch ein Lohngefälle von mehr als einem Fünftel. Werden die Brutto-Durchschnittsverdienste von Männern und Frauen miteinander verglichen, so liegt der Unterschied zwischen 21 und 23 Prozent – je nach Studie.
Teilzeit-Jobs, Minijobs und der gesamte öffentliche Dienst sind dabei übrigens nicht berücksichtigt.
Auch bei einer differenzierteren Gegenüberstellung, bleibt noch eine Lohnlücke: Bei vergleichbarer Tätigkeit und Qualifikation verdienen Frauen immer noch zwischen acht und zwölf Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Damit liegt Deutschland im europaweiten Vergleich an siebtletzter Stelle.
In manchen Wirtschaftsbereichen liegt die „Gender Pay Gap“, also die Lohnlücke, bei bis zu 34 Prozent.
DIE VERTRAGSVERGABE
Was kann eine Stadt dagegen tun? Das haben sich auch die Stadtrats-Grünen gefragt und ihre Ideen in einen Antrag gepackt. Darin forderten sie: Der Stadtrat möge Vergaben und Ausschreibungen daran binden, dass der Vertragspartner Frauen bei der Bezahlung nicht diskriminiert. Natürlich gibt es mehrere Gesetze und Normen, die eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts verbieten – allein schon Artikel 3 des Grundgesetzes. Nur: Viele Firmen halten sich eben nicht dran. Dass die Stadt das nicht tolerabel findet, will sie nun von vornherein klar machen. Firmen müssen fortan bestätigen, dass sie weibliche Mitarbeiter während der Auftragserfüllung nicht beim Entgelt benachteiligen. So hat es der Stadtrat beschlossen. Gelten soll das für Vergaben ab einem Auftragswert von 1000 Euro. Derzeit arbeitet die Stadtverwaltung noch an der Formulierung. Das Ganze soll auf jeden Fall noch heuer als Textbaustein in die zusätzlichen Vertragsbedingungen eingebaut werden.
DIE PROBLEMATIK
Was bringt so eine Klausel überhaupt? Diese Frage ist legitim. Denn wirklich überprüfen kann die Stadt nicht, ob sich die Firmen tatsächlich an die Abmachung halten.
„Wir können dem nicht explizit nachgehen“, sagt Matthias Kristlbauer vom Presseamt. Es gehe aber auch darum, ein Signal zu setzen.
Bisher müssen die Auftragnehmer der Stadt auch zusichern, dass sie keine Schwarzarbeiter beschäftigen. Trotzdem entdeckt der Zoll auch auf städtischen Baustellen Verstöße. Was nun aber die Diskriminierung von Frauen angeht, gibt es erst gar keine vergleichbare Kontrollbehörde.
Die Grünen-Stadträtin Lydia Dietrich, von der die Initiative stammte, weiß um all das. Sie ist trotzdem überzeugt davon, dass die neue Vertrags-Klausel Sinn macht. Nicht nur weil sie ein Appell sei.
Dietrich hat auch ganz konkret die Hoffnung, dass öffentlich wird, wenn ein Unternehmen sich nicht an das Diskriminierungsverbot hält: „Und vielleicht überlegen sich die Firmen ja auch, ob sie etwas unterschreiben, was sie dann nicht einhalten.“
Möglicherweise, so meint Dietrich, gebe das Ganze auch den Anstoß für interne Überprüfungen bei den Firmen: „Nur wenn etwas immer wieder thematisiert wird, kann man ein Bewusstsein dafür schaffen.“
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