Baugenossenschaften in München: Eine wohnungspolitische Katastrophe

Für die Baugenossenschaften wird es ernst. Tausenden Wohnungen droht der Verkauf oder die Privatisierung. Die Stadtratsfraktionen schalten sich deshalb nun ein. 
von  Myriam Siegert
503 Wohnungen der EBG München-West droht der Verkauf.
503 Wohnungen der EBG München-West droht der Verkauf. © Myriam Siegert

München - Die Lage für die Genossenschaften in München ist ernst – nicht nur für jene, die bauen wollen, sondern auch für bestehende. Die EBG München-West des Eisenbahnpersonals eG ist nur ein Fall von vielen. Tausende Wohnungen von Baugenossenschaften in München werden in den nächsten Jahren von Verkauf und Privatisierung bedroht sein, weil das Bundeseisenbahnvermögen (BEV) zum Höchstpreis verkaufen wird.

Bezahlbarer Wohnraum verschwindet, mit ihm auch seine Bewohner. Der Fall der EBG in Neuhausen schreckt jetzt auch die Stadtratsfraktionen und den OB auf.

SPD appelliert an Bundesverkehrsminister

Es sei "Irrsinn", wenn der Bund für Milliarden bezahlbaren Wohnraum plane und "gleichzeitig das Bundesverkehrsministerium bezahlbaren Wohnraum im großen Stil vernichten möchte", sagt Gülseren Demirel von den Grünen. Auch CSU-Stadtrat Richard Quaas meint: "Sollte die Bahn diese Wohnungen tatsächlich auf den Markt werfen, wäre das in München eine wohnungspolitische Katastrophe."

Die SPD appelliert an den Bundesverkehrsminister: Er sei es, der nicht tatenlos zuzusehen dürfe, wenn bezahlbarer Wohnraum vernichtet wird, so Vize-Fraktionschef Christian Müller.

Grüne fordern: OB soll sich einschalten

Appelle allein helfen den betroffenen Mietern freilich nicht, Lösungsvorschläge müssen her. Quaas schlägt vor, der OB solle sich beim Bundesfinanzminister und im Städtetag für eine Verlängerung der Verträge oder einen Verkauf an die Genossenschaften einsetzen, zu Preisen, die günstige Mieten garantieren. Auch die Grünen fordern ein Einschreiten des OB. Er solle mit der Bundesregierung zeitnah eine Lösung finden.

Die SPD sieht mehrere Möglichkeiten, den günstigen Wohnraum zu sichern: Entweder die Erbpacht wird zu den alten Konditionen verlängert oder der Bund ändert seine Haushaltsordnung so, dass das Bundeseisenbahnvermögen nicht zum Höchstpreis verkaufen muss. Variante Drei: Der Freistaat könnte die Wohnungen kaufen.

Stadt müsse Boden kaufen, um Verdrängung zu verhindern

Eine Erbpacht-Verlängerung würde für die EBG zwar einen Aufschub bedeuten, "aber wir wälzen das Problem auf die nächste Generation ab", sagt Vorstand Roland Beck. Bisher sei auch nur von einer Verlängerung zu weit höheren Konditionen als den derzeitigen die Rede gewesen.

Verlängerung oder Gesetzesänderung – falls Verhandlungen mit dem Bund kein Ergebnis brächten, "muss die Stadt den Grund und Boden selbst kaufen", sagt BA-Chefin Anna Hanusch (Grüne). Nur so könne eine Verdrängung der Menschen aus dem Viertel verhindert werden.

Am Ende des Tages meldet sich Dieter Reiter selbst zu Wort: Dass ausgerechnet der Bund erwäge, die Wohnungen der Genossenschaft zum Höchstpreis zu verkaufen, sei für ihn "nicht hinnehmbar". Er lädt Vertreter des Ministeriums, des BEV und der Genossenschaft ins Rathaus ein, "um gemeinsam eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu erarbeiten".

Lesen Sie hier: Vorwürfe an Söder - GBW-Verkauf war kein Zwang

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