Bauarbeiter mit Hilti: So legte er München lahm

Ein Arbeiter bohrt mit der Hilti in eine Gasleitung: Die Donnersbergerbrücke droht in die Luft zu fliegen. Die Stammstrecke wird gesperrt - zehntausende Pendler sitzen fest.
von  Ralph Hub

Ein Bauarbeiter bohrt mit der Hilti in eine Gasleitung: Die Donnersbergerbrücke droht in die Luft zu fliegen. Die Stammstrecke wird gesperrt - zehntausende Pendler sitzen fest.

MÜNCHEN - Ein Bauarbeiter mit einem Bohrmeißel hat am Donnerstagmorgen ein grandioses Verkehrschaos in der gesamten Stadt ausgelöst: Mit seiner Hilti demoliert er eine Gashochdruckleitung in einem Stützpfeiler. Die komplette Donnersbergerbrücke droht in die Luft zu fliegen. Die S-Bahn-Stammstrecke und der Mittlere Ring werden gesperrt.

Zehntausende auf dem Weg zur Arbeit sitzen fest, stehen im Stau. Das schicke blaue Businesshemd eines älteren Herren im Anzug zeigt bereits deutliche Schweißflecken. Die junge Studentin neben ihm trinkt gierig aus der Wasserflasche. Gemeinsam drängen sie sich in der Arnulfstraße in eine Tram der Linie 16 in Richtung City. Wer keinen Platz bekommt, muss laufen. Die S-Bahnen fahren seit 8 Uhr nicht mehr. Die Stammstrecke ist komplett gesperrt. Die Linien enden in Pasing bzw. am Ostbahnhof. Auch die Bayerische Oberlandbahn ist betroffen. Die Züge enden bereits weit vor der Stadt in Deisenhofen.

Wer aufs Auto umsteigt, kommt auch nicht schneller vorwärts. Von Unterhaching bis in die City braucht man an diesem Morgen geschlagene 70 Minuten. Alle Einfallstraßen sind dicht, genauso wie der Mittlere Ring. Die Donnersberger Brücke ist ein Nadelöhr – 150.000 Autos passieren sie täglich. Am Donnerstagmorgen zwischen 8 Uhr und 9.45 Uhr: kein einziges. Bei Sanierungsarbeiten an der Brücke hat ein Arbeiter kurz nach 7.30 Uhr im Randpfeiler auf der Ostseite eine 25 Zentimeter dicke Gasleitung angebohrt. „Wohl aus Unachtsamkeit“, erklärt ein Sprecher der Stadtwerke.

Die Baufirma ist über den Verlauf der Hochdruckleitung informiert, verfügt über genaue Netzpläne, so die Stadtwerke. Trotzdem kommt es zu der verhängnisvollen Panne. Mit enormem Druck schießt Erdgas aus der Leitung: 25 Bar! Der Stützpfeiler füllt sich in kürzester Zeit mit einem Gas-Luftgemisch. „Es bestand höchste Explosionsgefahr“, berichtet ein Feuerwehrmann. Ein Spezialteam der Stadtwerke rückt an. Die Leitung wird abgeriegelt. Trotzdem riecht es überall süßlich streng nach Gas. Polizisten riegeln die Donnersberger Brücke ab.

„Mach die Zigarette aus“, blafft ein Beamter einen Teenager an, der gelangweilt an einer Bushaltestelle steht und qualmt. Nur langsam beginnt sich das Gas zu verflüchtigen. Es ist leichter als Luft, deshalb steigt es auf, verteilt sich im gesamten Viertel. Selbst nach 10 Uhr liegt der Geruch noch immer in der Luft. Auf der Stammstrecke läuft der Betrieb wieder an. „Das war wohl die Generalprobe für die Sperrung der Stammstrecke am Wochenende“, witzelt ein Münchner und schwingt sich aufs Radl, kaum dass die Sperrung der Donnersberger Brücke aufgehoben ist.

Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum S-Bahn-Chaos.

 

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