Bar oder mit Karte zahlen? Münchens Gastronomen uneins
München - Gibt es ein Richtig oder Falsch in Sachen Kartenzahlung? Wenn man sich unter Münchner Wirten umhört, offenbar nicht. Für die einen ist die digitale Bezahlung ein wichtiger Schritt in Richtung Prozess-Optimierung. Andere wiederum erzählen, dass sie ihre Abläufe extrem verlangsamt.
Fabian Seidlmeier vom Rumpler im Glockenbachviertel gehört zur zweiten Gruppe. In der Augustiner Gaststätte ist Kartenzahlung ausdrücklich nicht erwünscht. "Wir wollen vermeiden, dass jeder Einzelne am Tisch mit Karte zahlt", erklärt der Mitarbeiter und weiter: "Wir arbeiten schnell. Barzahlung vereinfacht die Abläufe enorm. Wenn wir schnell abkassieren, können wir auch schnell weiter bedienen."
Im Rumpler geht Kartenzahlung nur im Notfall
Dieses Tempo könnte die Wirtschaft nur halten, wenn sie Bezahlgeräte für alle Bedienungen anschaffen würde, und das wäre einfach zu teuer. Immerhin ein solches Gerät hat sich der Rumpler inzwischen besorgt, aber Seidlmeier betont: "Das ist nur für den Notfall. Wenn ein Gast wirklich gar kein Bargeld hat und es sich um einen größeren Betrag handelt, dann kann er ausnahmsweise mit Karte zahlen."
Daniela Ziegler von der Kreisstelle München des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga sagt, dass es bei ihren Münchner Mitgliedern zur Zeit in etwa ein 50:50-Verhältnis zwischen Bar- und Kartenzahlung gibt. In Restaurants wird zunehmend mit Karte gezahlt. In Biergärten legen die meisten noch Bargeld hin, in Hotels hingegen fast nur noch die Karte. Ausländische Touristen bezahlen fast ausschließlich bargeldlos. Das spart immerhin lästiges Geldwechseln.
Café-Chefin: "Kein Fan von Kartenzahlung"
Ins Café "Sehr wohl" im Westend kommen vorwiegend Münchner. Viele zahlen natürlich auch bargeldlos. Aber die Chefin Xenya Jäger sagt ganz klar: "Ich bin kein Fan von Kartenzahlung. Erstens wegen der Gebühren, die ich dafür bezahlen muss, und zweitens werden die Umsätze immer nur wöchentlich ausgezahlt."
Gerade für kleinere Betriebe kann es manchmal problematisch werden, wenn man auf die Zahlungen warten muss.
Trotzdem bietet Jäger die digitale Bezahlung ab einem Betrag von zehn Euro an, coronabedingt auch schon mal ab fünf Euro. Ein weiterer Haken bei der Kartenzahlung ist für Jäger die Sache mit dem Trinkgeld. Eigentlich bekommen die Bedienungen dieses steuerfrei auf die Hand. Bei der digitalen Zahlung ist aber ziemlich kompliziert, es mit dem Umsatz auseinanderzudröseln. Aber wie man hört, hat da jeder Wirt seine eigene Regelung.
Bezahlen im Café Trachtenvogl nur noch digital
Christian Ohlmann betreibt das Café Trachtenvogl am Gärtnerplatz und hat eine ganz andere Perspektive. Bei ihm kann man seit dem ersten Lockdown nur noch digital bezahlen. Die Idee, die Prozesse im Betrieb zu rationalisieren, war schon vorher da. "Wir hatten auch schon die Buchhaltung digitalisiert, und da stand dann auch das Bargeld zur Disposition. Wir haben gemerkt, dass das eine ganz schöne Bremse war", erzählt Ohlmann. Das Wechselgeld musste ständig gezählt, immer ausreichend im Geldbeutel vorhanden sein und wenn mal 50 Cent gefehlt haben, war das ein Riesen-Stress.

So musste er nicht lange überlegen, das Bargeld einfach abzuschaffen: "Anders als am Anfang erwartet, hat nur ein Prozent der Gäste wirklich ein Problem damit, weil sie gerade nur Bargeld dabei haben." Er rechnet der AZ vor, wie viel Aufwand ihm die ausschließliche Kartenzahlung in seinem Betrieb erspart: "Das unterschätzt man von außen, aber ich spare mir dadurch im Jahr eine Person und zwei Arbeitsmonate."
"Das hat nichts mit den Leuten zu tun"
Natürlich muss auch er die Gebühr zahlen, aber das gleicht sich durch die gesparte Zeit wieder aus. Außerdem wird der Steuerberater günstiger, da alle Einnahmen nicht mehr auf zwei separate Orte, sondern nur einmal gebucht werden.
Auch das Problem mit dem Trinkgeld hat man im Trachtenvogl gelöst. "Man muss geschickt zwischen Trinkgeld und Umsatz trennen, aber mit Hilfe von bestimmten digitalen Tools ist das möglich", versichert Ohlmann.
Matt Devereux betreibt die Bar Kooks in der Geyerstraße. Er sieht das Thema eher aus der gesellschaftlichen Perspektive. Der Wirt findet Kartenzahlung in der Gastronomie furchtbar und möchte das in seinem Lokal auf keinen Fall haben. Viele seiner Kollegen in der direkten Nachbarschaft im Glockenbachviertel ticken ähnlich. "Das bedeutet das Ende von so vielem. Die einzigen, die das wollen, sind die Bank und die Regierung. Alles muss perfekt und digital sein. Das hat nichts mit den Leuten zu tun", wettert der Wirt, "es ist doch schön, einer Bedienung einfach so mal ein paar Euro in die Hand zu geben!" Wo er recht hat, hat er recht: Rein mündliches Trinkgeld hat wirklich gar nichts Charmantes.
Es wäre eher befremdlich, wenn der Satz "Jetzt buchst da amoi fünf Euro extra, Zenzi" zum Standard in der Münchner Wirtshauskultur wird.